Wie Bäume helfen könnten, das Klima zu retten*

Die weltweite Aufforstung von Wäldern wäre auf einer Fläche von 0,9 Milliarden Hektar möglich und könnte so zwei Drittel der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen aufnehmen. Dies wäre ein wirksames Mittel, um Kohlenstoff in der Atmosphäre zu reduzieren.* Zu diesem Schluss kommt eine aktuell in Science publizierten Studie der ETH Zürich.

Wald
Die Aufforstung von Wäldern wäre eine effektive Massnahme, um Kohlenstoff in der Atmosphäre zu reduzieren.* (Bild: Vershinin-M / iStock)

Das Crowther Lab an der ETH Zürich forscht an naturbasierten Lösungen für den Klimawandel. In der neuen Studie zeigten die Forschenden erstmals auf, wo auf der Welt neue Bäume wachsen könnten und wie viel Kohlenstoff sie speichern würden. Jean-François Bastin, Studienleiter und Postdoc am Crowther Lab erklärt: «Ein Aspekt war für uns bei den Berechnungen besonders wichtig: Wir haben Städte und landwirtschaftliche Flächen von der gesamten Fläche, die das Potenzial zur Wiederaufforstung hat, ausgeschlossen, denn diese Gebiete braucht der Mensch anderweitig.»

Ein Gebiet von der Grösse der USA aufforsten

Die Forschenden berechneten, dass unter den aktuellen klimatischen Bedingungen die Erde mit rund 4,4 Milliarden Hektar Wald bedeckt sein könnte. Das sind 1,6 Milliarden mehr als die derzeit vorhandenen 2,8 Milliarden Hektar. Von diesen 1,6 Milliarden Hektar erfüllen 0,9 Milliarden Hektar das Kriterium nicht von Menschen genutzt zu werden. Derzeit stünde also ein Gebiet von der Grösse der USA für die Aufforstung zur Verfügung. Einst herangewachsen könnten diese neuen Wälder 205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern. Das sind etwa zwei Drittel der 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, die seit der industriellen Revolution durch den Menschen verursacht in die Atmosphäre gelangten.

ETH-Professor Tom Crowther, Mitautor der Studie und Gründer des Crowther Lab, meint dazu: «Wir alle wussten, dass die Aufforstung der Wälder einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten könnte, aber bislang war unklar, wie gross der Effekt wäre. Unsere Studie zeigt deutlich, dass Flächen zu bewalden ein wirksames Mittel wäre, um Kohlenstoff in der Atmosphäre zu reduzieren.* Allerdings müssen wir schnell handeln, denn es wird Jahrzehnte dauern, bis die Wälder reifen und ihr Potenzial als natürliche CO2-Speicher ausschöpfen.»

Gesamte verfügbare Fläche, auf der Bäume wachsen könnten
Gesamte verfügbare Fläche, auf der Bäume wachsen könnten (aktueller Waldbestand und für Wiederaufforstung geeignete Fläche). (Bild: Crowther Lab / ETH Zürich)  

Russland wäre am besten geeignet

Die Studie zeigt auch, wo eine Aufforstung am besten möglich wäre. Die meiste Fläche entfällt auf nur sechs Länder: Russland (151 Millionen Hektar), USA (103 Millionen Hektar), Kanada (78,4 Millionen Hektar), Australien (58 Millionen Hektar), Brasilien (49,7 Millionen Hektar) und China (40,2 Millionen Hektar).

Die Studie warnt schliesslich davor, dass viele aktuelle Klimamodelle fälschlicherweise erwarten, dass der Klimawandel die globale Baumbedeckung erhöhe. Zwar werden die Flächen der nördlichen Wälder in Regionen wie Sibirien wahrscheinlich zunehmen. Aber dort beträgt die Baumdichte durchschnittlich nur 30 bis 40 Prozent. Dem gegenüber steht allerdings der Verlust von dichten tropischen Wäldern, die typischerweise eine Baumbedeckung von 90 bis 100 Prozent aufweisen.

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Diese Fläche ist für die Wiederaufforstung von Wäldern verfügbar (ohne bestehende Wälder, Landwirtschaftsflächen, Wüsten und Städte). (Bild: Crowther Lab / ETH Zürich)

*In der ursprünglichen Version der Medienmitteilung wurde die Aufforstung als "effektivste Massnahme gegen den Klimawandel" bezeichnet und der Titel lautete "Wie Bäume das Klima retten könnten". Die Aussage und der Titel wurden am 17.10.2019 präzisiert.

Weiterführende Informationen

Die Studie des Crowther-Labs zum Potenzial von Waldaufforstung zur CO2-Reduktion in der Fachzeitschrift Science (5. Juli 2019) löste vier  wissenschaftliche Kommentare und drei Briefe aus, die zusammen mit zwei Antworten des Crowther-Labs in der Science-Ausgabe vom 18. Oktober 2019 publiziert wurden. Die Autoren der Aufforstungsstudie haben eine Aussage im Abstract ihrer ursprünglichen Publikation korrigiert.

Die Publikationen im Überblick:

Bastin JF et al: externe SeiteThe global tree restoration potential (korrigiert)
Veldman JW et al: externe SeiteComment
Friedlingstein P et al: externe SeiteComment
Lewis SL et al: externe SeiteComment                           
Grainger A et al: externe SeiteComment
Bastin JF et al: externe SeiteResponse to comments
Luedeling E et al: (Letter) externe SeiteForest restoration: Overlooked constraints
Delzeit R et al: (Letter) externe SeiteForest restoration: Expanding agriculture
Sehil D et al: (Letter) externe SeiteForest restoration: Transformative trees

Bastin JF et al: (Letter) externe SeiteForest restoration: Transformative trees — Response

Literaturhinweis

Bastin JF, Finegold Y, Garcia C, Mollicone D, Rezende M, Routh D, Zohner CM, Crowther TW: The global tree restoration potential, Science, 5 July 2019, doi: 10.1126/science.aax0848 [externe Seitehttp://dx.doi.org/10.1126/science.aax0848]

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