KITE Award

KITE Award 2024

Medizintechnik-Blockkurs gewinnt Preis für innovative Lehre

  • 16.05.2024 von Michael Walther

Medizinstudierende der ETH Zürich bauen in einem Intensivkurs in nur einer Woche eine Greifhand für Ellbogen-​Exoskelette. Dieser Kurs ist nun mit dem Kite-​Award 2024, dem ETH-​Preis für besonders innovative Lehre, ausgezeichnet worden.

Die selbst entwickelte und produzierte Exoskelett-​Greifhand packt zu. In diesem Moment erleben die ETH-​Medizinstudierenden am eigenen Körper, wie ihr System funktioniert und dass sie ihr theoretisches Wissen auch in der Praxis anwenden können.

Es ist dies der Höhepunkt des fünftägigen Blockkurses «Medizintechnik 2», den die Studierenden im sechsten Semester ihres Bachelorstudiums besuchen. Sie knien sich mit Leib und Seele rein, um in kleinen Teams von Grund auf ein Greifer für ein Ellbogen-​Exoskelett zu entwickeln und zu bauen.

Die ETH-​Professoren Roger Gassert und Olivier Lambercy und die beiden Doktorandinnen Giada Devittori und Lena Salzmann entwickelten diesen Kurs. Besonders für das intensive Lernerlebnis wurde der Kurs jetzt ausgezeichnet: Die Konferenz des Lehrkörpers der ETH verlieh den Dozierenden den Kite-​Award 2024. Mit dem Preis würdigt die ETH alle zwei Jahre ein besonders innovatives Lehrprojekt.

Der Projektplan ist am ersten Tag fällig

Um die Beteiligung und Motivation der Studierenden hochzuhalten, setzt der Kurs auf ein forsches Tempo, wie das bei sogenannten Design-​Sprints üblich ist. Um 18 Uhr des ersten Kurstags liefern die Teams bereits einen Projektplan ab, am Tag darauf die ersten 3D-​Visualisierungen. In den Teams übernehmen die Studierenden die Rollen von Spezialist:innen für Entwurf und Prototypenbau, Programmierung, Elektronik und Sensoren, Nutzer-​Evaluation und -​Präsentation oder als Gruppenleiter:innen. Am Vormittag des letzten Kurstags präsentieren sie ihre Greifer.

Dazwischen geben die Dozierenden Inputs zu Design und Prototyping, Innovation, Elektronik und Sensorik. Vorträge von Medizinaltechnik-​Firmen und Gespräche mit Menschen mit Behinderungen sind ebenso Teil des Kurses. Dadurch sollen die Studierenden lernen, sich konsequent an den Bedürfnissen der Nutzenden zu orientieren. Mentor:innen sind für Fragen immer vor Ort. Sie unterstützen die Studierenden beim Umgang mit dem Lasercutter, mit 3D-​Druckern, beim Löten und beim Zusammenbau der Mechanik.

Der Kurs endet mit einem Wettkampf, bei welchem die Teams mit ihren Greifern alltägliche Aufgaben erledigen müssen. Das Format ist inspiriert vom Cybathlon, dem internationalen Wettkampf, bei welchem sich Menschen mit Behinderungen mit Assistenzsystemen in verschiedenen Disziplinen messen.

Zusammen mit der Schlusspräsentation der Studierenden fungiert der Wettkampf als Leistungsnachweis. Durch den direkten Vergleich mit den anderen Teams ermöglicht er auch eine Selbsteinschätzung und hat dadurch einen Lerneffekt.

Neben der intensiven Lernerfahrung liegt den Kursmachern am Herzen, bei den künftigen Ärztinnen und Ärzten Interesse für die Ingenieurwissenschaften zu wecken und die Zusammenarbeit mit Ingenieur:innen zu fördern. Die Konferenz des Lehrkörpers lobt das Projekt genau für diese Idee und für seine hohe Intensität.

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Projekte während des ganzen Studiums

Einen anderen Ansatz verfolgen die zwei weiteren Projekte, die es in den Final des Kite-​Awards geschafft haben: Ihnen gemeinsam ist, dass sie das Engagement der Studierenden über längere Zeit konstant hochhalten wollen.

Am Center for Project Based Learning des Departements Informationstechnologie und Elektrotechnik (D-​ITET) können Studierende Praxiserfahrung in Projekten sammeln.

Das Center ist 2020 gegründet worden und umfasst mittlerweile ein Team von 32 Wissenschaftler:innen und administrativen Angestellten. Diese unterstützen die Studierenden neben ihrer Forschungstätigkeit.

Das Center bietet Projektarbeiten für alle Stufen an, beginnend mit kleinen, mehrwöchigen Praxisarbeiten. Später folgen fachübergreifende Flagship-​Projekte, bei denen die Studierenden als Teams zusammenarbeiten. Diese orientieren sich an aktuellen Szenarien aus dem Alltag und Fragestellungen aus der Forschung und Industrie.

Die Studierenden entwickeln Algorithmen, Sensoren oder Mechanik für vierbeinige Roboter, die Sehbehindere führen können oder arbeiten an selbstfahrenden kleinen Rennautos.

Bei den Projekten lernen die Studierenden unter anderem, realistische Aufgabenstellungen zu finden, sich für eine Lösungsvariante zu entscheiden und diese in der Praxis umsetzen. Sie müssen mit knappen Budgets umzugehen, Teams führen und zu kommunizieren.

Dass Projekte aufbauend von der Bachelor-​ bis zur Masterstufe angeboten werden, bewertet die Konferenz des Lehrkörpers positiv.

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Automatisierte Mathematik-​Übungen

Das dritte Finalisten-​Projekt kommt aus der Mathematik: Die beiden Dozierenden Meike Akveld und Andreas Steiger haben automatisierte Mathematik-​Übungssequenzen entwickelt. Denn um die Grundlagen wie etwa das Integrieren zu beherrschen, braucht es vor allem Übung. Zugleich gibt es nur eine beschränkte Anzahl Hilfsassistentinnen, die solche Übungen betreuen können.

Mit den automatisierten Übungssequenzen können Studierende selbstständig, wann immer sie wollen, beliebig viele Aufgaben lösen, und sie erhalten sofort ein differenziertes Feedback.

Möglich wird dies dank einem Computeralgebrasystem Stack, mit welchem mathematische Aufgaben beurteilt und bewertet werden können. Es steht als Plugin auf der Lernplattform Moodle bereit. Akveld und Steiger haben mit diesem System eine umfassende Übungssammlung für ihre Analysis-​Vorlesungen für angehende Ingenieur:innen erarbeitet.

Dass die neue Lehrform selbständiges, aktives Lernen fördere, lobt die Konferenz des Lehrkörpers in ihrer Beurteilung als wegweisend. Zudem lasse sich das Konzept sehr gut skalieren und auf andere Bereiche übertragen, was angesichts des Wachstums der Studierendenzahlen an der ETH zentral sei.

Künftig sollen auch Prüfungen mit dem System durchgeführt werden. Als Pilot kam es bereits erfolgreich zum Einsatz. Der Korrekturaufwand sei deutlich gesunken, während die Aufgabenqualität hoch geblieben sei, schreiben die Macher:innen.

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Learning and Teaching Fair

Die Preisverleihung des KITE-​Awards fand im Rahmen der zweiten «Learning and Teaching Fair» am 15. Mai statt. Bei dem Anlass tauschen sich ETH-​​​Dozierende bei einer grossen Ausstellung in der Haupthalle über innovative Lehrprojekte und -​ideen aus.

Der KITE-​Award zeichnet Lehrprojekte aus, die zugleich innovativ, wirksam und nachhaltig sind, also die Kompetenzen nachhaltig festigen. Sie sollen sich aber auch potenziell auf andere Fächer und Gebiete übertragen lassen. Der KITE Award 2024 fokussierte auf Lehrformate, die Studierende besonders aktiviert und ihr Engagement im Unterricht fördert.

Über den KITE Award

Mit dem Preis möchte die KdL:

  • den Stellenwert der Lehre innerhalb der ETH Zürich sowie die Visibilität nach aussen erhöhen;
  • innovative Lehransätze würdigen, die den Lernerfolg der Studierenden erhöhen, und somit sichtbar machen, dass die Weiterentwicklung der Lehr- und Lernmethoden die Qualität der Lehre massgeblich steigert;
  • die Lehrenden dazu motivieren, an dieser Weiterentwicklung aktiv mitzuwirken;
  • erfolgreichen Lehransätze über Fachgrenzen hinweg bekannt und verfügbar machen
     

Die Kriterien, welche für die Vergabe des KITE Award zur Anwendung kommen, sind - neben dem Fokus auf das studentische Engagement – Innovation, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit.

Innovation: Als innovativ wird Lehre verstanden, die neuen didaktischen Ansätzen und Methoden folgt sowie neue Formen der Vermittlung von Wissen, Interaktionsmöglichkeiten, Selbstlernphasen und Feedbackformen unterstützt und dadurch neue Möglichkeiten für das Lehren und Lernen schafft. Darunter fallen auch Lehrmittel oder digitale Lernumgebungen, die entwickelt und eingesetzt wurden, um wirksames Lernen zu begünstigen.

Wirksamkeit: Wirksam ist ein Unterricht, der Wissen und Kompetenzen (auch auf Distanz) nachhaltig transferiert und festigt. Bei den Studierenden findet eine vertiefte Auseinandersetzung statt, sie werden durch den Unterricht zu neuen Denkansätzen geführt und üben kritisches Reflektieren. Sie sind engagiert und lernen effektiv und nachhaltig. Dabei soll die Wirksamkeit des Unterrichts messbar und nachweisbar sein.

Nachhaltigkeit: Der Aspekt der Nachhaltigkeit beleuchtet die Projekte dahingehend, ob sie sich auf andere Fächer und Studiengebiete übertragen lassen. Entscheidend ist hier auch die Abschätzung, inwieweit das Lehr-Lernszenario eine andauernde Wirkung auf die Lehre an der ETH entfaltet, künftige Curricula beeinflusst und damit nachhaltig zur Weiterentwicklung, Verbesserung oder Digitalisierung der Lehre beitragen kann.

 

 

Die Nomination der Kandidaten (Einzelpersonen oder Teams) erfolgt durch

  • die Departementsleitung (DKs)
  • die Unterrichtskommission, oder
  • die Lehrkommission (departementsübergreifend)

Die Nomination erfolgt in zwei Stufen:

1. Stufe: In einem kurzen Schreiben benennen die Gremien die von ihnen nominierten Projekte und die zugehörigen Personen und geben eine kurze Begründung ihrer Nominationen. Als Eingabetermin gilt der 30. Juni 2023. Bitte senden Sie die Nominierungen (deutsch oder englisch) per Mail an Frau Julia Kehl, Projektleiterin KITE Award, .

2. Stufe: Die nominierten Projektverantwortlichen werden anschliessend durch die KdL aufgefordert, ihr Projekt resp. ihre Lehrveranstaltung mit Bezug auf die untenstehenden Kriterien zu beschreiben. Hierfür wird eine Vorlage zur Einreichung zur Verfügung gestellt. Die vollständige Dokumentation wird bis zum 29. September 2023 fällig.

Die KdL setzt eine Subkommission im Sinne von Art. 14 seiner Geschäftsordnung ein, die als Auswahlkomitee amtiert. Sie setzt sich zusammen aus vier Mitgliedern der KdL, dem Präsidenten der Lehrkommission, dem Inhaber der Professur für Lernwissenschaften der ETH Zürich, je einem Vertreter des VSETH und des AVETH sowie einem externen Mitglied. Eines der KdL-Mitglieder übernimmt den Vorsitz und hat den Stichentscheid bei Stimmengleichheit.

Kontakt

Julia Kehl
Projektleitung KITE Award
  • +41 44 632 21 51
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