Proteinanalysen für personalisierte Medizin
Neues Wissen zu Proteinen ermöglicht Forschenden die Entwicklung innovativer und klinisch nutzbarer Techniken zum Beispiel für Parkinsonpatienten.
Therapien, die sämtlichen Patienten, die an derselben Krankheit leiden, gleich gut dienen, gibt es bis heute nicht. Viele konventionelle Therapien sind oft nur bei einem Teil der Betroffenen wirksam. Und manche Patienten sprechen zwar zuerst auf ein Medikament an, erleiden später aber unerklärbare Rückfälle. Die «One size fits all»-Pille bleibt bis heute eine Illusion.
So etwa bei der Parkinson-Krankheit: Das Medikament Levodopa, das Ärzte dagegen einsetzen, schlägt bei einigen Patienten gut an und unterdrückt das Zittern. Bei anderen hingegen verstärkt es den Abbau kognitiver Funktionen des Gehirns und verschlimmert damit den Zustand der Betroffenen. Mit gängigen Diagnosemethoden können Mediziner jedoch nicht im Voraus erkennen, ob und wie Patienten auf verabreichte Medikamente reagieren oder ob sie eine alternative Therapie brauchen.
Biomarker für Parkinson
Hier will die Proteinforscherin Paola Picotti im Rahmen der ETH-Bereichsinitiative «Personalized Health and Related Technologies» (PHRT) ansetzen. Die Professorin für molekulare Systembiologie plant ein Projekt zur Entwicklung von Biomarkern für die Früherkennung und Klassifizierung von Subtypen der Parkinson-Krankheit. Die zugrunde liegende Technologie stammt aus der Proteomik (siehe Kasten).
Proteomik - Wissen über die Gesamtheit der Proteine
Während das Genom das gesamte Erbgut (sämtliche Gene) eines Lebewesens oder Virus beschreibt, steht das Proteom für sämtliche Proteine in einem Lebewesen zu einem bestimmten Zeitpunkt unter definierten Bedingungen. Zum Beispiel alle Proteine eines Patienten zum Zeitpunkt eines Gesundheitschecks. Proteine sind Bausteine des Lebens: Die aus Aminosäuren bestehenden Eiweissmoleküle haben vielfältige Aufgaben. Sie wehren als Antikörper Krankheiten ab und ermöglichen als Enzyme den Metabolismus. Die Proteomik bezeichnet die Erforschung des Proteoms mit biochemischen Methoden.
Das Proteom ist, anders als das Genom (die Gesamtheit aller Gene), dynamisch. Es ändert sich aufgrund von Reizen aus der Umwelt, Krankheiten oder Wirkstoffen laufend. «An spezifischen Proteinen lässt sich häufig ablesen, ob ein Organismus gesund oder krank ist», sagt Picotti. Die Grundlagen für ihr neues Projekt schuf die Forscherin vor wenigen Jahren. Sie entwickelte eine Proteinmesstechnik, um in beliebigen biologischen Proben neben allen «normalen» Proteinen auch jene zu analysieren, deren Struktur sich verändert hat. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um Parkinson frühzeitig diagnostizieren zu können.
Bisher gingen die Forschenden davon aus, dass sich bei an Parkinson Erkrankten sogenannte Amyloid-Plaques bilden, welche die Nervenzellen schädigen. Amyloide entstehen aus Proteinen, deren Struktur sich verändert. Die entarteten Proteine stecken weitere an und verklumpen zu unauflöslichen Amyloiden. Picotti konnte in ihrer Vorstudie in Proben von Parkinson-Patienten solche entarteten Proteine messen. Allerdings war ihre Testgruppe damals zu klein, um statistisch relevant zu sein.
Auf der Suche nach Biomarkern für die Früherkennung und Diagnose von Parkinson wird Picotti nun Proteine in Proben einer grossen Kohorte holländischer Patienten und Patientinnen analysieren und vergleichen. Diese wurden im Abstand von zehn Jahren zweimal untersucht, wobei die erste Untersuchung zu einem frühen Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs stattfand. «Wir möchten herausfinden, ob wir Proteinstrukturen und Symptome, wie kognitive Defizite, miteinander korrelieren können», erklärt Picotti. Zur Kontrolle werden auch gesunde Probanden untersucht.
Die ETH-Professorin erhofft sich davon auch Hinweise für eine künftige Parkinson-Therapie. Üblicherweise werden Medikamente im Reagenzglas entwickelt. Oft sind sie dort zwar erfolgreich, nicht aber bei der Behandlung von Patienten und Patientinnen. Mit ihrer Technik kann Picotti in menschlichem Gewebe herausfinden, ob und wie ein Wirkstoff(kandidat) mit Proteinen wechselwirkt. Dadurch lassen sich geeignete Medikamente von ungeeigneten unterscheiden und individuell passende Lösungen finden.
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