Meister der Nanokristalle

Der Ruzicka-Preis 2013 geht an ETH-Assistenzprofessor Maksym Kovalenko. Der Ukrainer erforscht mit grossem Erfolg neue Nanomaterialien für den Einsatz in Elektronik, Optik und Batterien.

Vergrösserte Ansicht: kovalenko
Hoffnungsvoller Start an der ETH Zürich: Maksym Kovalenko erhält den Ruzicka-Preis 2013. (Bild: Barbara Brauckmann / ETH Zürich)

Maksym Kovalenko steht neben seinem Schreibtisch, mustert einen neugierig, aber zurückhaltend. Wie viele Büros im Fingerdock des HCI ist auch seines schmucklos und ziemlich klein. Eingerichtet sieht es noch nicht aus, dazu hatte der 31-jährige Assistenzprofessor, der seit Juli 2011 an der ETH Zürich forscht, auch schlicht keine Zeit. Kommt dazu, dass er an der Empa ein zweites Büro hat. So pendelt er hin und her zwischen dem Hönggerberg und Dübendorf – und dennoch wirkt er nicht gestresst. Im Gegenteil, Kovalenko scheint ein ruhiger, überlegter beinahe scheuer Mensch zu sein, der nicht zu viele Worte braucht. Ausser, wenn er auf seine Forschung zu sprechen kommt. Aus einem Stapel Sonderdrucke zieht er eine seiner neuen Publikationen hervor, damit er besser erklären kann, woran er arbeitet: an einheitlichen Nanokristallen aus Zinn oder Antimon beispielsweise, die künftig in Batterien verwendet werden könnten (ETH Life berichtete).

Kovalenko ist auch begeistert über die aktuelle Arbeit seiner Gruppe über Natrium speichernde Materialien, welche eine echte günstige Alternative zur heute gebräuchlichen Lithium-Technologie sein könnten. Nanokristalle will er in Grösse und Form optimieren, um die Energiedichte von wiederaufladbaren Lithium-Ionen- und Natrium-Ionen-Batterien deutlich zu verbessern. Weiter möchte er auch die Oberflächenchemie von Nanokristallen besser verstehen und weiterentwickeln, was einem Durchbruch für deren Anwendung in der Elektronik, der Photovoltaik und in Batterien gleichkäme.

In seiner kurzen Forscherkarriere hat Kovalenko bereits viel Wichtiges erreicht, sodass ihm nun heute Abend der Ruzicka-Preis 2013 verliehen wird. Eine Ehrung, die er gerne entgegennimmt, denn es ist neben einem ERC Starting Grant von 2012 in Höhe von 1,8 Mio. Franken die bedeutendste Auszeichnung, die er seit Beginn seiner Karriere als unabhängiger Forscher erhält. «Dieser Preis bedeutet mir wirklich viel, insbesondere wenn ich daran denke, welche Forscherpersönlichkeiten ihn bisher erhalten haben», sagt er mit Blick auf die Liste bisheriger Preisträger. «Diese Ehrung wird nicht nur mich persönlich, sondern auch meine Gruppe weiter ermutigen, neuartige und nützliche anorganische Materialien zu erforschen.»

Mit 29 Jahren zur Assistenzprofessur

Kovalenko hat sich rasch in der Nanokristallforschung etabliert. Insbesondere ist er einer der ersten, der einheitliche Nanokristalle in Batterien verwendete. Die Erforschung von Batteriematerialien war für den Ukrainer Neuland, das er mit seinem Ruf an die ETH Zürich betrat. Das Forschungsgebiet war mit der Position verknüpft, für die er sich am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften beworben hatte. Zuvor erforschte er vor allem die chemischen Vorgänge, die an Oberflächen ablaufen. Er betont jedoch, dass man ihn nicht habe zur Batterieforschung zwingen müssen, das Gebiet habe ihn fasziniert, es sei interessant und wichtig. Seine Erfahrungen in der Nanokristall-Synthese könne er nun dazu verwenden, um die bestehenden Herausforderungen in der Batterieforschung anzugehen. «Obwohl die angewandte Forschung bei Batterien sehr wichtig ist, führen wir auch Projekte durch, die von wissenschaftlicher Neugier getrieben sind», sagt der Forscher. So seien sie beispielsweise daran, neuartige, sich selbst organisierende Kristalle, die sich aus Nanokristallen zu einem Superkristallgitter zusammensetzen, zu erforschen

Kovalenko stammt aus der Ukraine, wo er 1982 zur Welt kam. Dort durchlief er die obligatorische Schulzeit bis und mit Masterstudium in Anorganischer Chemie, das er an der Tschernowitzer Nationaluniversität absolvierte. Für sein Doktorat zog es ihn dann in den Westen. An der Johannes Kepler Universität in Linz (Österreich) promovierte er 2007 in Nanowissenschaften und Nanotechnologie. In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit der Synthese von kolloidalen Nanokristallen für deren Anwendung in Infrarotgeräten. Seine Karriere setzte er an der Universität Chicago fort. Dort war er von 2008 bis 2011 als Postdoc tätig und entwickelte neue Verfahren, mit denen die Oberflächenchemie von kolloidalen Nanostrukturen «zugeschnitten» werden können. Damit legte er den Grundstein für neue Möglichkeiten, Nanomaterialien für Elektronik, Optoelektronik oder Katalysatoren zu verwenden. 2011 folgte er dem Ruf an die ETH Zürich, wo er seither Assistenzprofessor für Anorganische Chemie im Tenure Track-Verfahren ist. Seine Gruppe geniesst an der Empa in Dübendorf Gastrecht in der Abteilung für Dünnfilme und Photovoltaik, sodass Kovalenko rund 50 Prozent seiner Arbeitszeit dort verbringt.

Produktive Jahre

Mittlerweile leitet Kovalenko eine Gruppe von acht Doktorandinnen und Doktoranden sowie fünf Postdocs, die zu einem Grossteil erst im Verlauf diesen Jahres dazu stiessen. Damit sei er nun deutlich stärker in Dingen wie Teamorganisation und -führung eingespannt als noch zu Beginn seiner Tätigkeit an der ETH. Er versuche aber, den persönlichen Kontakt zu jedem einzelnen Gruppenmitglied zu pflegen. «Wir hatten ein sehr produktives Jahr», sagt er mit einem verschmitzten Lächeln, «ich denke aber, dass 2014 noch besser wird.»

Vergrösserte Ansicht: ruzickapreis
Massimo Morbidelli, Roland Siegwart, Maksym Kovalenko und Christophe Copéret (v.l.n.r.) an der Verleihung des Ruzickapreises 2013. (Bild: Barbara Brauckmann / ETH Zürich)

Ruzicka-Preis

Seit 1957 wird der Preis, der nach Nobelpreisträger Leopold Ruzicka benannt ist, an junge Forschende vergeben, die Herausragendes auf dem Gebiet der Chemie veröffentlicht haben. Der Ruzicka-Preis wird durch Gelder aus der schweizerischen chemischen Industrie ermöglicht und ist neben dem Werner-Preis der bedeutendste Schweizer Preis für Nachwuchsförderung in der Chemie. Das jeweilige Kuratorium hat seit der ersten Vergabe im Jahr 1957 etliche Talente entdeckt: Auf der Liste der Preisträger stehen Namen wie Richard Ernst (Magnetische Resonanz, Nobelpreis 1991) und Charles Weissmann (Prionenforschung, Robert-Koch-Medaille 1995).

Ähnliche Themen

Campus

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert