Niemals zerbrechen – Uhrenpionier Jack Heuer besucht die ETH Zürich
ETH-Alumnus Jack Heuer gehört zu den Grossen in der Geschichte der Schweizer Uhrenindustrie: Am Dienstag besuchte er die ETH Zürich und teilte seine Erfahrungen mit ETH-Studierenden.
Jack Heuer ist ein eleganter Erzähler. Wenn der 82-Jährige aus seinem Leben als Unternehmer berichtet, dann spiegeln sich in seinen Worten die ganzen Höhen und Tiefen der Schweizer Uhrenindustrie seit 1950. Entsprechend wertvoll ist der Erfahrungsschatz seiner Biografie für Studierende, die eine Industriekarriere anstreben oder selber ein Unternehmen gründen wollen.
Rund fünfzig Studierende aus den ETH-eigenen Förderprogrammen «Excellence Scholarships» und «Pioneer Fellowships» folgten am Dienstag der Einladung des Departements Informationstechnologie und Elektrotechnik (D-ITET) und der ETH Zürich Foundation und besuchten im ETZ-Gebäude das «Kamingespräch» zwischen Jack Heuer und Moderator Rolf Probala.
Für Jack Heuer, einen der ganz Grossen unter den Schweizer Uhrenindustriellen, war es gleichsam eine Rückkehr: Von 1952 bis 1957 studierte er an der ETH Zürich und schloss mit einem Diplom als «Elektroingenieur mit besonderer Ausbildung in Betriebswissenschaften und Fertigungstechnik» ab. Die ETH hatte er gewählt, weil ihm, der in Biel dreisprachig (deutsch, französisch und englisch) aufwuchs, die Studienberatung damals einen neuen Studiengang empfahl, der Mathematik, Betriebsökonomie und Elektroingenieurwesen verknüpfte.
Uhrenindustrie: Vor und nach der Halbleiterwelt
Wie Jack Heuer in seiner Autobiografie «externe Seite The Times of My Life» schreibt, hatte er schon als Student ausgesprochen produktionsbezogene Interessen. Seine Diplomarbeit verfasste er zum Thema, wie man Produktionseinbussen reduziert. «An der ETH lernte ich auch die Bedeutung von leicht lesbaren Zifferblättern verstehen», sagte Jack Heuer am Dienstag. Noch vor dem 30. Lebensjahr übernahm er die Leitung des Familienbetriebs Ed. Heuer & Co. SA, das sein Urgrossvater Edouard Heuer (1840-1892) gegründet hatte. «Ich wollte nicht in der Forschung bleiben, sondern Unternehmer werden wie es in meiner Familie üblich war», erläuterte Jack Heuer den ETH-Studierenden.
Die folgenden zwei Jahrzehnte lang, von 1961 bis 1982, steuerte er die Geschicke der Heuer-Uhren. Dabei erlebte er, wie einschneidend die Einführung der Halbleiter-Technologie ab 1971 für die Uhrenindustrie war. Zuvor hatte sich Heuer seinen Ruf mit Chronographen erworben, also mit analogen Armbanduhren, die eine Stoppuhr hatten und auf mechanischer Automatik beruhten. Heuers Carrera-Uhren waren in den 1960er-Jahren so etwas wie die Ikone der Schweizer Uhren.
Auch in der «Halbleiterwelt» feierte Heuer in den 1970er-Jahren zunächst Erfolge mit LED und LCD Stoppuhren. Die Entwicklung der Quartz- und Digitaluhren hingegen unterschätzte er, wie er vor den Studierenden einräumte. Das hatte Konsequenzen: 1982 geriet Heuer finanziell in Bedrängnis und nach einer unfreundlichen Übernahme wurde Jack Heuer aus seiner eigenen Firma entlassen (vgl. dazu die verfilmte Biografie «Jack Heuer History»).
Mit 50 in die zweite Karriere
Im Alter von 50 Jahren musste er neu anfangen. «Das war nicht einfach. Ich war Vater von drei Kindern.» Aber Jack Heuer zerbrach nicht unter dem Druck, sondern er begann eine zweite Karriere im Elektronikbereich. Er wurde Europa-Vertreter der Firma IDT Integrated Display Technology aus Hongkong. In dieser Funktion fand er mit innovativen, digitalen Thermo- und Barometern rasch zum Erfolg zurück.
Ein Schlüssel zum Erfolg als Unternehmer war für Jack Heuer die Verbindung von Technik, Design und Marketing: «Innovation ist mehr als technischer Fortschritt», sagte er, «bei Uhren spielt das Design eine wichtige Rolle.» Zudem lernte er zu Beginn seiner Laufbahn in Amerika die damals neuen Tricks der Marketingkommunikation und der Medienarbeit: «In den fünfziger Jahren war das in der Schweiz noch unbekannt.»
Letztlich schaffte es Jack Heuer dank seines geschickten Sponsorings unter anderem mit Hollywood-Schauspielern und in der Formel 1, wo Heuer ab 1971 den Ferrari-Rennstall sponserte, dass sein Familienbetrieb zur Weltmarke aufstieg. Dass ihn 2001 der TAG Heuer-Uhrenkonzern zum Ehrenvorsitzenden (engl. «Honorary Chairman») ernannte, ermöglichte es ihm, mit dem heikelsten Augenblick seiner Karriere abzuschliessen.
Schmerzlich sei jene Erfahrung bis heute, antwortete Jack Heuer auf eine entsprechende Frage einer Studentin. Zu weiteren Studierendenfragen sagte Jack Heuer, dass die Zeit der mechanischen Uhren längst noch nicht abgelaufen sei, da Armbanduhren bei Männern auch ein Statussymbol seien, und dass er durchaus Startups unterstütze. Zum Beispiel den ETH-Spin off externe Seite u-blox, einen Anbieter von Halbleiterbausteinen für Elektroniksysteme.
Würde er im Rückblick auf seine Laufbahn heute etwas anders machen? «Ich würde nach dem Studium bei einer Consultingfirma einsteigen und später eine Unternehmung gründen – wenn ich das Geld dazu hätte», schloss Jack Heuer, bevor er ein Labor des D-ITET besuchte und am Apéro teilnahm.
Bilder von Jack Heuers ETH-Besuch