Lohnt sich Demand-Side-Management für Schweizer Stromversorger?

Im Entwurf des Bundesrats zum ersten Massnahmenpaket für die Energiestrategie 2050 sind verbindliche Effizienzziele für Stromversorger vorgesehen. Das würde einen Anreiz schaffen, vermehrt Demand-Side-Management Programme umzusetzen, um den Stromverbrauch der Konsumenten zu beeinflussen. Doch sind solche Programme sinnvoll für die Schweiz?

Vergrösserte Ansicht: Stromzähler
(Bild: Montage ETH Zürich / Colourbox)

Sogenanntes Demand-Side-Management (DSM) bezeichnet ursprünglich Planungs-, Einführungs- und Beobachtungsaktivitäten von Stromversorgungsunternehmen, um Konsumenten dazu zu bringen, ihre Stromnachfrage anzupassen – sei das durch zeitliche Verschiebung oder Verringerung des Verbrauchs. Entstanden sind solche DSM-Programme an der Westküste der USA schon in den 1970er Jahren. Von dort breiteten sie sich langsam an die Ostküste und in kontinentalere Regionen der USA sowie nach Kanada aus. Auch heute noch sind DSM-Programme weitverbreitet bei nordamerikanischen Stromversorgen. In den letzten paar Jahren sind solche Programme auch in einzelnen Ländern Europas populär geworden.

DSM besitzt wie schon angesprochen zwei Dimensionen: Die Reduktion der Nachfrage (Energieeffizienz) und die Verschiebung der Nachfrage (Lastmanagement oder Demand Response). Hier betrachten wir vordergründig die erste dieser beiden Dimensionen, die Energieeffizienz.

DSM in der Schweiz

In den letzten Jahren – vor allem seit 2009, nach der Einführung des Stromversorgungsgesetzes (StromVG) – haben auch einige Schweizer Stromversorger weitergehende Massnahmen im Bereich Energieeffizienz umgesetzt. Für Privathaushalte gibt es zum Beispiel Strommessgeräte, Informationskampagnen, Beratungsangebote und Förderbeiträge für effiziente Haushaltgeräte. Diese Massnahmen haben die jeweiligen Stromversorger aber alle entweder freiwillig [1] oder aufgrund eines Leistungsauftrags der lokalen Bevölkerung durchgeführt. Eine nationale Regelung gibt es bis jetzt nicht.

In der Energiestrategie 2050 kommt den Energieversorgern nun aber eine wichtige Rolle zu, denn sie haben direkten Kontakt zu den Endkonsumenten. Das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 enthielt darum nach den Vorschlägen des Bundesrates verpflichtende Effizienzziele für alle Stromlieferanten mit einem Absatz über 30 Gigawattstunden pro Jahr (Entwurf des Energiegesetzes (EnG) Art. 48-52). Um diese verpflichtenden Effizienzziele zu erreichen, wären verschiedene Instrumente denkbar, zum Beispiel auch DSM-Programme. Das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie wird derzeit immer noch im Parlament diskutiert.

Was bringt denn DSM?

Ungeachtet dessen bleibt aber die Frage: reduzieren DSM-Massnahmen überhaupt den Stromverbrauch? Dazu gibt es zahlreiche Studien, die vorwiegend DSM-Programme in den USA untersuchen. Diese zeigen mehrheitlich einen signifikanten und negativen Effekt: Die Einführung solcher Programme reduziert den Stromverbrauch. Soweit so gut. Aber wie sieht es mit Studien für Europa aus? Da herrscht im Moment noch Nachholbedarf, so dass eine Untersuchung in der Schweiz wichtige Einsichten liefern kann. Deshalb haben wir am CEPE eine Umfrage bei 30 grösseren und mittleren Stromversorgern durchgeführt. Diese Unternehmen decken fast die Hälfte des verkauften Stroms an Schweizer Haushalte ab und befinden sich sowohl in der Deutschschweiz als auch in der Westschweiz und im Tessin. Wir untersuchten die Jahre 2006 bis 2012, also auch den Zeitraum vor 2009, als Energieeffizienzmassnahmen bei Schweizer Stromversorgern noch nicht so populär waren.

Die Umfrage zeigt, dass viele Stromversorger zwar auf irgendeine Art im DSM-Bereich aktiv sind, die Intensität aber vergleichsweise gering ist, wenn man die Situation mit den USA vergleicht. Dieser Unterschied könnte an unterschiedlichen regulatorischen Vorgaben liegen (die Frage, welche Regulierung wieso mit einer höheren DSM-Intensität zusammenhängt, ist noch Gegenstand derzeitiger Forschung). Wir fanden aber innerhalb der Schweiz eine relativ grosse Variation, wobei es einige wenige Versorger mit hohen Ausgaben im DSM-Bereich gibt. Zudem stellen wir fest, dass das Thema Energieeffizienz vor allem in der Kommunikation im Vordergrund steht: Viele Schweizer Versorger fahren eher PR-Kampagnen oder stellen Information zum Thema Energieeffizienz bereit, als finanzielle Anreize oder Energie-Audits anzubieten.

Erste Resultate

Aus dem ökonometrischen [2] Teil dieser Analyse können wir folgern, dass die derzeitigen DSM-Aktivitäten in der Schweiz durchaus einen statistisch signifikanten Effekt auf den Stromverbrauch von Haushalten haben. Zudem können wir mit Hilfe der Resultate aus der ökonometrischen Schätzung die Kosten für eine eingesparte Kilowattstunde Strom, die in Abwesenheit des DSM Programms produziert worden wäre, mit jenen für die Herstellung des Stroms vergleichen: Die ersten Abschätzungen zeigen, dass die Kosten für eine eingesparte Kilowattstunde tiefer sind als die Kosten für die Produktion und Verteilung von Elektrizität in der Schweiz – unsere ersten Resultate zeigen also, dass sich DSM für die Stromfirmen lohnen könnte.

Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass DSM-Programme eine wertvolle Option für die Schweiz sein können, um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass dies nur eine erste Abschätzung der Auswirkungen von DSM in der Schweiz ist, die mit weiteren Studien bestätigt werden sollte.

Weiterführende Informationen

Der vorliegende Text basiert auf dem Schlussbericht des externe Seite Projekts «An Evaluation of the Impact of Energy Efficiency Policies on Residential Electricity Demand in Switzerland», welches durch das Forschungsprogramm Energie - Wirtschaft - Gesellschaft (EWG) des Bundesamtes für Energie (BFE) finanziert wurde.

Referenzen

[1] Freiwillig in dem Sinne, dass es für den Stromversorger aus ökonomischer Sicht rentabel ist, Geld in DSM zu investieren. Dabei werden die Kosten für Energieeffizienzmassnahmen gegen die Kosten für neue Kraftwerke und Übertragungsleitungen abgewogen, oder gegen die Kosten die entstehen, wenn der Strom am Markt erstanden werden muss.

[2] Ökonometrie kombiniert ökonomische Theorie sowie mathematische und statistische Methoden, um wirtschaftstheoretische Modelle empirisch zu überprüfen und ökonomische Phänomene quantitativ zu analysieren.

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