Eine inspirierende Partnerschaft
Vor rund sechs Jahren eröffneten die ETH Zürich und IBM Research in Rüschlikon gemeinsam das Binnig and Rohrer Nanotechnology Center. Diese Woche ziehen die Beteiligten an einem Symposium eine Zwischenbilanz über das bisher Erreichte.
ETH-News: Herr Hierold, morgen Dienstag findet an der ETH ein Symposium über das Binnig and Rohrer Nanotechnologie Center (BRNC) statt, das die ETH gemeinsam mit IBM in Rüschlikon betreibt. Was ist der Hintergrund dieses Anlasses?
Christofer Hierold: Vor rund 10 Jahren nahmen wir mit IBM Gespräche auf, gemeinsam eine neue Forschungsplattform im Bereich Halbleiter-Nanotechnologie zu bauen. Daraus entstand das BRNC, das vor gut sechs Jahren in Rüschlikon eröffnet wurde. Das Kernstück des Zentrums ist ein grosser Reinraum, den wir gemeinsam nutzen. Dazu kommen noch Labors und Büros für Forschungsgruppen der ETH Zürich und IBM. Zudem ist auch die Empa ein Partner im BRNC. Nun ist für uns ein idealer Moment, Bilanz zu ziehen und in die Zukunft zu blicken.
Was waren damals die Erwartungen an dieses Zentrum?
Das ETH-Reinraumlabor FIRST stiess damals nach nur fünf Jahren Betrieb bereits an seine Kapazitätsgrenzen. Dank der Partnerschaft mit IBM konnten wir zu günstigen Konditionen ein weiteres grosses Reinraumlabor bauen. Da das Gebäude IBM gehört und sich die ETH Zürich dort für 10 Jahre eingemietet hat, konnten wir das Vorhaben zügig umsetzen. Heute zeigt sich, dass diese Rechnung aufgeht: Beide Partner nutzen das Labor zu gleichen Teilen und sehr intensiv.
Wo steht das Zentrum heute?
Wir haben bei der Vertragsunterzeichnung ein Investitionsbudget für die Ausrüstung des Reinraums von 25 Millionen vereinbart, das hälftig von der ETH und IBM übernommen wurde. In diesen Wochen haben wir nun mit diesem Budget das letzte Equipment bestellt. Der Reinraum ist nun vollständig ausgerüstet.
Wie viele ETH-Professuren sind im Zentrum aktiv?
Insgesamt sind es 34 Gruppen mit rund 170 Forschenden, die Zugang zum Reinraumlabor haben. Einige nutzen die Technologien im BRNC für spezifische Forschungsfragen, andere sind an der Entwicklung modernster Technologien interessiert.
Was sind die wichtigsten Themen, die im BRNC erforscht werden?
Wir untersuchen ein breites Spektrum an Themen: Nanostrukturierte Materialien und Bauelemente für die Quanten-Informationstechnologie, Datenspeicherung und Energiespeicher, photonische und plasmonische Effekte auf nanostrukturierten Oberflächen: nanomechanische Resonatoren und Kohlenstoff als funktionales Material für spezielle Membranen, oder für Nanoröhren für neuartige Sensoren – die Palette ist vielfältig.
Und wie sieht es mit dem Transfer in die Praxis aus?
Das ist natürlich von Gruppe zu Gruppe verschieden. Aus der Forschung am BRNC gingen bereits einige Spin-offs hervor oder sie nutzen die Technologieplattform, beispielsweise die ETH-Spin-offs Battrion, der Energiespeicher entwickelt, und Diramics, der extrem rauscharme Transistoren herstellt, oder der IBM-Start-up SwissLitho, der thermische Verfahren für die Nanolithografieanbietet. Daneben gibt es auch einige Drittfirmen oder andere Institute, die das BRNC nutzen.
Wie ist das BRNC im internationalen Vergleich positioniert?
International gesehen sind wir sehr gut aufgestellt. Wir haben zwar nicht einen CMOS-Gesamtprozess zur Chipherstellung installiert, das wäre für ein Forschungslabor auch nicht sinnvoll, aber wir verfügen über die modernsten Einzelprozesse, wie Nano-3D-Druck oder chemical vapor deposition für 2D-Kristalle. Wir müssen jedoch Acht geben, dass wir unsere Position halten. Andere Hochschulen und Institute, zum Beispiel in China und den USA investieren aktuell in neue Technologieplattformen. Das BRNC wurde zehn Jahre nach FIRST eröffnet und ist jetzt sechs Jahre in Betrieb. Wir sollten uns also dringend daran machen, unseren Bedarf für die Zeit in fünf oder zehn Jahren abzuklären.
Wie sehen Sie denn die Zukunft?
Längerfristig brauchen wir Reinräume und Labore, die mehr können als die heutigen, in denen man zum Beispiel die verschiedensten Materialien kombinieren kann, auch Polymere oder biologische Materialien, die man heute in Reinräumen gar nicht gerne sieht. Einige Prozesse und Analysetools benötigen zudem eine speziell rauscharme Umgebung, also Abschirmung gegen mechanische, akustische und elektromagnetische Störungen, damit man Kontrolle auf atomarem Massstab erreichen kann. Zudem haben wir festgestellt, dass es etwas kurzfristig gedacht ist, wenn man einen Reinraum in einer festen Grösse plant. Man sollte von Anfang an mögliche Erweiterungen mitbedenken.
Zur Person
Christofer Hierold ist Professor für Mikro- und Nanosysteme am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik. In seiner Forschung befasst er sich beispielsweise mit der Evaluation von neuen Materialien für Mikro-Elektromechanische Systeme und Sensoren aus Kohlenstoff-Nanoröhren. Er gehört zum Managementteam des FIRST Lab und vertritt als Koordinator die ETH Zürich im Leitungsteam des BRNC.