24-Stunden-Shopping um die Ecke

Es ist mitten in der Nacht. Das Baby hat Hunger, aber es ist keine Milch mehr da. Was nun? Das ist nicht gerade der beste Zeitpunkt, um die Nachbarn zu fragen. Aber wo kann man um diese Zeit noch etwas kaufen?

In einer ähnlichen Situation wünschte sich der Gründer von AI Retailer Systems (AIRS), Alejandro Garcia, einen 24/7-Laden in seiner Nachbarschaft. Da die Arbeitsgesetze in der Schweiz und in Europa es fast unmöglich machen, Geschäfte zu betreiben, die rund um die Uhr geöffnet sind, war die Lösung ein autonomer Laden. Wir sprachen mit Alejandro über die notwendigen Technologien und warum autonome Läden auf Basis von Computer Vision mit Online-Shops konkurrieren können.

Wie funktioniert ein autonomer Shop?
Der Einkaufsprozess gliedert sich in drei Schritte:

  1. Einchecken: Die Person, die den Laden betritt, muss eine Zahlungsmethode validieren, damit wir wissen, wohin die Zahlungstransaktion gesendet werden soll.
  2. Einkaufen: Sobald die Person das Geschäft betritt, wird ihr ein virtueller Einkaufswagen zugewiesen und die Aktivität des Käufers im Geschäft überwacht, sodass wir die aus den Regalen entnommenen Artikel korrekt erkennen und sie dem Einkaufswagen zuweisen.
  3. Checkout: Sobald die Person das Geschäft verlässt, werden die Artikel in ihrem Einkaufswagen automatisch mit dem beim Check-in angegebenen Zahlungsmittel verrechnet.

Welche Technologien setzen Sie ein, damit das funktioniert?
Für den Check-in und für die Zahlungsabwicklung wollen wir die am Markt etablierten Lösungen unterstützen.
Wir bauen eine proprietäre Technologie auf, die das Herzstück des autonomen Shops bildet. Grundsätzlich muss unsere Technologie genau bestimmen, wer was genommen hat. Für den "Wer"-Teil müssen wir nur wissen, wo die Transaktion abgerechnet werden soll, da eine vollständige Identifizierung der einkaufenden Person für unser System nicht erforderlich ist. Lösungen, die auf Sensoren beruhen, die direkt an den Regalen installiert werden, sind kostspielig und erfordern oft eine komplette Umrüstung des Ladens, was die Bereitstellungs- und Wartungskosten in die Höhe treibt.
Daher glauben wir bei AIRS, dass Computer Vision die wirtschaftlichste und flexibelste Lösung darstellt. Videokameras, die typischerweise an der Decke installiert werden, und andere Sensoren helfen uns, die Aktivitäten der Kunden und die aus den Regalen genommenen Produkte zu erkennen. Die Videoströme werden an der Quelle vorverarbeitet, um die lokalen Gesetze zum Datenschutz und zur Privatsphäre einzuhalten (z. B. das Schweizer Datenschutzgesetz und die General Data Protection Regulation, GDPR in Europa).

Was passiert, wenn jemand einen Artikel in die Hand nimmt und ihn später gegen ein anderes Produkt austauscht und dabei den ersten Artikel im falschen Regal ablegt?
Unser System erkennt jede Regalaktivität und fügt ein Produkt zum virtuellen Einkaufswagen hinzu oder entfernt es, wenn der Käufer es aus dem Regal nimmt oder wieder hineinlegt. Selbst wenn der Shopper einen zurückgegebenen Artikel falsch ablegt, weiss das System, was es aus dem virtuellen Warenkorb entfernen muss.

Welche Arten von Geschäften eignen sich am besten für autonomes Einkaufen und warum sollte ein Einzelhändler solche Läden betreiben wollen?
Derzeit zielen wir auf kleine Convenience-Shops ab. Die Vorteile der computergesteuerten kassenlosen Läden sind zahlreich:

  • Bequemes 'Grab & Go'-Shopping: Einzelhändler können wirtschaftlich kleinere Läden betreiben, die näher an den Kunden sind und rund um die Uhr geöffnet sind. Wir glauben, dass dieses Format den Umsatz um mindestens 30% steigern kann. Die Kunden müssen sich nicht in die Warteschlange stellen oder die Artikel selbst mit ungewohnten Geräten oder Smartphone-Apps scannen. Das sorgt auch für einen sichereren und hygienischeren Einkauf.
  • Personalkosten: Bei kleinen Geschäften ist eine Reduktion von bis zu 80% möglich. Die Zeit des Personals vor Ort kann für wertvollere Aufgaben genutzt werden, z. B. für die Beratung der Kunden, das Auffüllen der Bestände und die Gewährleistung der Ordnung im Laden. Das Personal kann mehrere nahe gelegene Geschäfte in einem Gebiet betreuen.
  • Verlässlichkeit: Eine ungenaue Abrechnung und Ladendiebstahl sind praktisch unmöglich, da die Kasse auf Regalebene liegt. Im Vergleich zu Self-Scanning-Lösungen ist dies ein grosser Vorteil im Hinblick auf die Reduzierung von Bestandsverlusten.

Im Endeffekt digitalisiert eine kassenlose Computer-Vision-Lösung den Point of Sales (PoS) und macht ihn damit für Einzelhändler attraktiver. Das liegt daran, dass wir Zusatzfunktionen wie In-Store-Analysen und automatisierte Bestandsverwaltung unterstützen können, mit ähnlichen Vorteilen wie bei Online-Shops. Dies wiederum hilft Einzelhändlern, ihre Abläufe zu optimieren und den Umsatz zu steigern.


Gibt es bereits autonome Läden, die in Betrieb sind?

Wir haben Ende 2018 mit unserem Prototyp am ETH Rocket Hub teilgenommen. Seitdem betreiben wir eine Demo-Version am Hauptsitz von einem unserer Partner. Letztes Jahr haben wir unsere Lösung auf der Euroshop, der weltweit grössten Einzelhandelsmesse, vorgestellt, wo Einzelhändler unser "Grab & Go"-Erlebnis selbst ausprobieren konnten. Jetzt ist unsere Lösung in einer ALDI-Filiale in Zürich in einer Proof-of-Concept-Phase im Einsatz. Darüber hinaus haben wir mehrere laufende Projekte, um im Laufe des Jahres 2021 Indoor- und Outdoor-Geschäfte zu eröffnen.
Wir sind immer daran interessiert, Einzelhändler kennenzulernen, die daran interessiert sind, ihre Filiale vollständig autonom oder in einem hybriden Format zu betreiben, um die Öffnungszeiten zu verlängern. Ebenso suchen wir den Kontakt zu Investoren, die sich an unserer aktuellen Finanzierungsrunde beteiligen möchten.

AIRS

AI Retailer Systems Technologie installiert in einem Supermarkt (Quelle: AI Retailer Systems)

Alejandro Garcia
Alejandro Garcia
Team
Das Team von AI Retailer Systems

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