Ein Ausblick und ein emotionales «Goodbye»

An Sarah Springmans letztem ETH-Tag würdigte ETH-Präsident Joël Mesot die Rektorin, in der er auch eine Mentorin sieht. Beide reflektierten am Jahrestag bewältigte wie kommende Herausforderungen – genauso wie die Festrednerin Bundesrätin Simonetta Sommaruga.

Sarah Springman an ihrem letzten ETH-Tag als Rektorin.  (Foto: ETH Zürich)
Sarah Springman an ihrem letzten ETH-Tag als Rektorin. (Foto: ETH Zürich)

Dass die Stimmung am 166. Jahrestag der ETH besonders emotional war, lag nicht nur daran, dass er im Gegensatz zum letzten Jahr physisch stattfinden konnte: Es war auch der letzte ETH-Tag, zu dem Sarah Springman als Gastgeberin lud. Sie tritt nach 25 Jahren als ETH-Professorin und sieben Jahren als Rektorin per Ende Januar zurück. Noch hat sie die Lehre an der ETH fest im Blick: «Wir sind zwar noch nicht zurück im «Courant normal», doch die Studierenden sind wieder auf dem Campus», sagte sie. Das sei nur durch die Covid-Zertifikatspflicht möglich. Die Rektorin betonte, dass wir bei globalen Herausforderungen wie der Pandemie alle eine Verantwortung tragen: «Der Homo sapiens scheint der grösste Troublemaker auf diesem Planeten zu sein. Er ist aber auch der einzige Problem solver.» Die Curriculumsentwicklung der ETH sieht sie dabei auf Kurs: So wurde etwa ein Grossprojekt lanciert, das die Computational Competencies in allen Studiengängen integriert.

Sich immer wieder neu erfinden

Eine grosse Chance sieht die Rektorin im neu eröffneten Student Project House auf dem Campus Zentrum – gerade mit Blick auf überfachliche Kompetenzen: «Die Studierenden können hier ihre Ideen umsetzen und erhalten auch die Gelegenheit, dabei zu scheitern. Scheitern lernen und aus dem Scheitern lernen, gehört zu einer der wichtigsten Erfahrungen aufstrebender junger Menschen.»

Ein wichtiges Anliegen war der Rektorin auch die neue Doktoratsverordnung, die 2022 in Kraft tritt und dabei helfen wird, die Betreuung der Doktorierenden zu regeln. «Die ETH Zürich ist in den Jahren, die ich überblicke, enorm gewachsen – auch an Komplexität», sagt Springman. «Die neue Doktoratsverordnung ist beispielhaft, wie sich die ETH Zürich selbst erneuert.» Gerade weil sich die Welt so rasant verändere, so die Rektorin, veralte auch das beste Fachwissen. Für «Life Long Learning» wurde das Weiterbildungsangebot stets ausgebaut und 2018 die School for Continuing Education gegründet, die heute über 60 Diplomstudiengänge anbietet. Ihr Amtsnachfolger Günther Dissertori wird dieses Erbe antreten, das auch weiterhin bestehende Herausforderungen umfasst – etwa ein kontrolliertes Wachstum der ETH oder die Förderung der mentalen Gesundheit der Studierenden und der Diversität  an der ETH Zürich.

Mehr Wissenschaft für die Gesellschaft - und umgekehrt

ETH-Präsident Joël Mesot ehrte die scheidende Rektorin in seiner Rede. Springman habe keine Mühen gescheut, die Studierenden beim Lernen, aber auch in Persönlichkeitsentwicklung bestmöglich zu fördern. Nicht zuletzt rühmte er sie als Mentorin in Sachen Diversität: «Der 45%-Frauenanteil bei den Neuberufungen 2021 ist Ausdruck unserer Fortschritte – aber wir wissen, dass noch ein grosses Wegstück vor uns liegt», so der ETH-Präsident. Bei der Entwicklung der Hochschule sei es ähnlich wie bei gotischen Kathedralen: «Wenn ein Teil renoviert ist, beginnen die Arbeiten an einem anderen Ort.»

Im Kampf gegen drängende globale Probleme hob Mesot die Innovationen der ETH hervor – etwa Spin-offs, die Solartreibstoffe herstellen oder CO2 abscheiden oder ein neues Kommunikationsnetzwerk für den Schweizer Bankenplatz, das auf ETH-Forschung beruht. In Bezug auf die unruhigen Pandemiezeiten betonte Mesot, warum Wissenschaft und Gesellschaft aufeinander angewiesen sind: «Wir brauchen Hochschulen und unsere Forschenden – aber handkehrum braucht auch die Wissenschaft laufend Realitätschecks, wie sie sich aus dem Dialog mit der Gesellschaft ergeben», sagte er. Mesot schloss mit einem Appell an die Politik: «Unser Land ist zu klein, um sich selbst zu genügen. Wir benötigen den Zugang zum globalen Talentpool ebenso wie zu den wissenschaftlichen Netzwerken.»

Bundesrätin als Festrednerin

Am ETH-Tag trat Simonetta Sommaruga, Bundesrätin und Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation als Festrednerin auf. Sie sprach im Nachgang der 26. UN-Klimakonferenz in Glasgow insbesondere über die Rolle der Forschung im Kampf gegen den Klimawandel. «Wir brauchen ihre Ideen, die Start-ups, die aus ihrem Ökosystem entstehen. Wir brauchen die klugen Köpfe, die in unserem Land und weltweit aufzeigen, wie die Dekarbonisierung gelingt», sagte Sommaruga, «Und zwar so gelingt, dass auch die Bevölkerung etwas davon hat, dass wir Arbeitsplätze in der Schweiz sichern, dass wir unsere Innovationen exportieren können. Dass wir gemeinsam nach vorn schauen können und wissen, dass diese Transformation zu schaffen ist.»

Studierende kommen zu Wort

Auch der Präsident des Studierendenverbandes der ETH, Nils Jensen, dankte Sarah Springman. Beim Thema der psychischen Gesundheit von Studierenden habe sie sich besonders eingesetzt. Er mahnte jedoch auch vor dem Leistungsdruck im Studium und dem schnellen Wachstum der ETH. Nach einer Präsentation dreier junger Forschender des Departements Mathematik und einem Video vom Student Project House übergab Jensen die goldenen Eulen für exzellente Lehre sowie den Credit Suisse Award for Best Teaching, der an Meike Akveld, Dozentin am Departement Mathematik, ging.

Eine neue Ehrendoktorin und zwei neue Ehrenrätinnen

Aviv Regev, eine weltweit führende Pionierin im Bereich der Bioinformatik und des Bioengineering, wurde zur ETH-Ehrendoktorin ernannt. Ursprünglich Mathematikerin, untersucht sie in ihrer Forschung die Funktionsweise zellulärer Systeme. Zwei ETH-Alumnae wurde zudem die Ehrenratswürde verliehen: Der Chemieingenieurin und Managerin Suzanne Thoma sowie der ranghöchsten Frau im Schweizer Militär, Divisionär Germaine J. F. Seewer.

Noch ein Dankeswort zum Schluss

Der ETH-Ratspräsident Michael Hengartner hob sowohl die wissenschaftliche wie auch die sportlichen Spitzenleistungen von Sarah Springman hervor. Vor allem aber dankte er die Rektorin für ihren unermüdlichen Einsatz für die ETH und ihre Studierenden, besonders auch für die Frauenförderung. «Sarah Springman war in all ihren Funktionen immer ein hervorragendes Rollenmodel für junge Studentinnen und Forscherinnen.», so der ETH-Ratspräsident.

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