Geplante Ferien sollen bezogen werden
Um zu klären, wie die ETH im Notbetrieb mit den Themen Arbeitszeit, Ferien und Kinderbetreuung umgeht, hat die Personalabteilung spezielle Regeln erarbeitet. Vizepräsident Ulrich Weidmann erläutert die Stossrichtung und warum es die Regeln braucht.
Herr Weidmann, die neue Regelung über Arbeitszeit, Ferien und Kinderbetreuung hat verschiedene Konsequenzen für die Mitarbeitenden. Was waren Ihre grössten Bedenken?
Die grösste Herausforderung war, Regeln zu entwerfen, die der individuellen Situation von 10'000 Mitarbeitenden gerecht werden und gleichzeitig die Bedürfnisse und Möglichkeiten der ETH Zürich berücksichtigen. Viele Mitarbeitende sind mit Home Office und der gleichzeitigen Betreuung von Kindern gefordert. Andere Mitarbeitende können ihre gewohnte Arbeit nicht oder nur zu einem Teil auf diese Weise erledigen, beispielsweise Mitarbeitende in Werkstätten. Schliesslich gibt es Abteilungen und dezentrale Stellen, die auf Hochtouren laufen, so etwa die Informatikdienste.
Wie berücksichtigt die Regelung all diese individuellen Voraussetzungen?
Indem wir einfache Grundsätze formulieren, für die es in besonderen Fällen auch Ausnahmen geben kann. Wir wollen flexibel bleiben und nehmen auf spezielle Situationen Rücksicht. Besonders gefordert sind hier die Vorgesetzten. Wenn sie sehen, dass es bei ihren Mitarbeitenden zu Härtefällen kommt, können sie in Absprache mit der Personalabteilung auch gewisse Ausnahmen von den Regeln vorsehen. Allerdings fordert Corona von allen einen Solidaritätsbeitrag.
Sie haben die Bedürfnisse der ETH Zürich angesprochen. Was meinen Sie damit?
Hier habe ich vor allem an den Ferienbezug gedacht. Viele Mitarbeitende verstehen unter Ferien einen Aufenthalt im Ausland, am Meer oder in Metropolen rund um den Globus. Solche Ferien sind zurzeit nicht möglich, und da liegt die Idee nahe, sie in die zweite Jahreshälfte zu verlegen, in der Hoffnung, dass sich die Situation bis dann entspannt hat. Für die ETH würde das aber bedeuten, dass in dem Moment, in dem wir wieder unter normaleren Bedingungen arbeiten könnten, plötzlich sehr viele Mitarbeitende in den Ferien sind. Dies würde die Normalisierung verzögern, und das können wir uns nicht leisten. Deshalb müssen wir darauf zählen, dass bis Ende August zwei Drittel der Ferientage bezogen sind.
Die Regelung verlangt auch, dass Ferientage aus den Vorjahren bezogen bzw. Überstunden kompensiert werden.
Ja, es gibt eine Reihe von Mitarbeitenden mit Zeit- oder Ferienguthaben aus Vorjahren, was übrigens nicht den rechtlichen Grundlagen entspricht. Die ETH wurde bereits vor der Coronakrise vom Bund mit Nachdruck dazu verpflichtet, diese Guthaben bis Ende 2021 abzubauen. Die momentane Situation muss unbedingt dazu genutzt werden.
Was aber sagen Sie einem Mitarbeitenden oder einer Mitarbeiterin, die auf die geplante grosse Reise verzichten muss?
Ich kann nur an Verständnis und Solidarität der Mitarbeitenden appellieren und gemeinsam hoffen, dass es bald überstanden ist. Es ist wirklich eine Ausnahmesituation, und da gelten andere Massstäbe. Einerseits entschleunigt sich das Leben, andererseits entstehen aber auch zusätzliche Stresssituationen. Ferien in diesen Zeiten können gerade dazu beitragen, diese Belastung zu mindern. Sich Zeit für Dinge zu nehmen, die man schon lange erledigen wollte: sich verstärkt auf die Kinder konzentrieren ohne andere Pflichten; ein dickes Buch lesen; sich eine TV-Serie anschauen; Briefe schreiben oder lange Telefonate mit Freunden führen. Klingt zugegeben idealistisch, aber nur so kommen wir auch persönlich unbeschadet durch die Krise.
Und was meinen Sie mit Solidarität?
Die ETH profitiert von ihrer stabilen Finanzierung. Die Mitarbeitenden haben die Sicherheit, dass ihre Löhne bezahlt werden, die laufenden Arbeitsverträge bestehen bleiben und es die ETH auch nach Corona noch gibt. Allein im Kanton Zürich sind über 300'000 Arbeitnehmende bereits unter Kurzarbeit, zahlreiche Kleinbetriebe werden aufgeben. Für sie sind Ferien in Übersee auf lange Zeit unmöglich; ihre Sorge ist die Existenz. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir an der ETH in einer privilegierten Situation sind und uns entsprechend verhalten.
Alle aktuellen Information rund um das Coronavirus an der ETH Zürich finden Sie unter www.ethz.ch/coronavirus.