Untersuchung wegen Verdachts auf wissenschaftliches Fehlverhalten abgeschlossen
Anfang 2019 erteilte die Schulleitung einer Untersuchungskommission den Auftrag, Vorwürfe gegen einen Professor wegen angeblichen Fehlverhaltens in der Forschung zu überprüfen. Nun liegen die Ergebnisse und die Entscheidung der SL vor.
Der ETH Zürich ist es wichtig, allen Verdachtsmomenten von Verletzungen der wissenschaftlichen Integrität nachzugehen und konsequent zu handeln. Aus diesem Grund wurde letztes Jahr nach Vorwürfen gegen einen Professor eine Kommission aus Fachexpertinnen und -experten eingesetzt.
In ihrem Abschlussbericht kommt die Untersuchungskommission zu folgenden Ergebnissen:
- Die Kommission hat in einigen Fällen unterlassenes Referenzieren sowie einen Verstoss gegen Art 14 Integritätsrichtlinien (RSETHZ 414) zur Autorenschaft festgestellt.
- In einem Fall wurde auch ein schwerwiegendes wissenschaftliches Fehlverhalten in der Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses festgestellt. Der Professor hatte einer Post-Doktorandin bei ihrem Weggang eine Verzichtserklärung betreffend Autorenschaft in Publikationen vorgelegt.
- Die Kommission hält fest, dass das wissenschaftliche Fehlverhalten keinen unmittelbaren Einfluss auf die Qualität oder Validität der Forschungsergebnisse hatte und sie keinen Vorsatz zu plagiieren erkennen konnte.
- Vorgebrachte Verdachtsmomente hinsichtlich Datenmanipulation wurden nicht bestätigt.
Die Kommission kommt abschliessend zum Ergebnis, dass bei den untersuchten Sachverhalten eine Verletzung der Integritätsrichtlinien der ETH Zürich vorliegt. Zugrunde liegt diesem Fehlverhalten ein Verständnis des Professors über Autorenschaft, Urheberschaft und Betreuung, das nicht den in den Integritätsrichtlinien der ETH Zürich festgehaltenen Prinzipien und Regelungen entspricht.
Die Regelverstösse stuft die Schulleitung basierend auf dem Bericht als schwerwiegend ein. Trotzdem hat sie sich für eine weitere Zusammenarbeit mit dem Professor entschieden. Ausschlaggebend für diesen Entscheid war, dass sich der Professor einsichtig zeigt. Ihm sei bewusst geworden, dass er Fehler gemacht habe und dass er mit schwierigen Situationen und Konflikten besser hätte umgehen sollen. Er sei gewillt, an den eigenen Defiziten zu arbeiten und diese zu beseitigen. Dies hat der Professor in den vergangenen Monaten durch aktive Teilnahme an einem Führungs-Coaching und daraus resultierenden Verbesserungen auch bewiesen.
Der Präsident ist deshalb gemeinsam mit der Schulleitung zum Schluss gekommen, dass die Defizite im wissenschaftlichen Arbeiten und in der Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses beseitigt werden können bzw. teilweise schon angegangen worden sind. Um diesen Prozess zu unterstützen hat die Schulleitung eine Reihe von Massnahmen erlassen. Das seit 2019 bestehende Führungs-Coaching wird weitergeführt. Zusätzlich soll ein wissenschaftlicher Coach die Publikationen seiner Gruppe begleiten. Die aktuelle Gruppengrösse wird begrenzt und die bestehenden Doktorierenden erhalten im Sinne der neuen Doktoratsverordnung sofort eine Zweitbetreuungsperson zugeteilt. Im Hinblick auf die Emeritierungsphase wurde vereinbart, dass die Forschung mit Postdoktorierenden weitergeführt wird und keine neuen Doktorierenden angestellt werden. Zudem wurde der Professor angewiesen, die im Bericht der Untersuchungskommission aufgeführten Korrekturen in den Publikationen vorzunehmen. Der Professor wurde ausserdem vom Präsidenten ermahnt.
Die Beteiligten an der Untersuchung wurden persönlich in einer Informationsveranstaltung über den Entscheid und die Massnahmen informiert. «Die Einhaltung der Regeln zur guten wissenschaftlichen Praxis ist essenziell für alle Forschenden an der ETH Zürich», betont ETH-Präsident Joël Mesot. «Zeigt jemand, nachdem er Fehler gemacht hat, jedoch Einsicht, will sich verbessern und beweist dies auch mit Verhaltensänderungen, dann verdient diese Person eine zweite Chance. Das muss das Credo einer lernenden Organisation wie unserer sein».