Frauen steigen ins Rennen ein

Kolumnistin Ursula Keller weist uns schon heute auf ein Datum hin, das die ETH-Weichen neu stellen wird: Am 8. Mai wird die ETH-Community aus einem heterogenen Kandidatenpool einen neuen Rektor wählen.

Vergrösserte Ansicht: Rektor
Die Wahl des neuen ETH-Rektors steht an. (Bild: iStockphoto.com)

In meiner ersten Kolumne habe ich meine persönlichen Erfahrungen als Professorin an der ETH Zürich geschildert. Diesmal möchte ich im Tandem mit meiner Kollegin Prof. Janet Hering (WPF-Vizepräsidentin) ein Thema angehen, das besonders aktuell ist: die Wahl des neuen ETH-Rektors.

Das Jahr 2007 wird in die ETH-Geschichte eingehen: Mit Heidi Wunderli-Allenspach wurde zum ersten Mal eine Rektorin gewählt. Während ihrer fünfjährigen Amtszeit hat sie ihre Verantwortung mit hoher Professionalität wahrgenommen und die ETH an den unterschiedlichsten öffentlichen Anlässen hervorragend als Sprecherin repräsentiert. Ihr Auftritt am jährlich stattfindenden ETH-Tag bewies den anwesenden Studierenden, die an diesem Anlass eine Auszeichnung erhielten, aber auch den anwesenden Bundesratsmitgliedern, dass Frauen gerade auch im akademischen Bereich erfolgreiche Leader sein können. Das Amt des Rektors ist von zentraler Bedeutung für die ETH und ist mit hoher Verantwortung verknüpft. In ihrer Funktion als ETH-Rektorin bzw. -Rektor haben Heidi Wunderli-Allenspach, ihr Nachfolger Lino Guzella sowie all ihre Vorgänger sich sehr verdient gemacht. Von ihrem grossen Einsatz während ihrer Amtszeit konnten sowohl die Studierenden als auch die Dozierenden profitieren, und darüber hinaus auch ein weit gespannter Stakeholder-Kreis, der auch künftige Arbeitgeber von ETH-Studierenden mit einschliesst.

Nun haben die ETH-Professorinnen und -Professoren Gelegenheit, den nächsten Rektor, die nächste Rektorin zu wählen. Diese Chance sollte genutzt werden: Die ETH Zürich ist eine der wenigen akademischen Einrichtungen, die ihren Professorinnen und Professoren eine derart aktive Einflussnahme während eines Wahlverfahrens ermöglicht. Der ETH-Erfolg hängt letztlich auch davon ab, dass die Wahl des neuen Rektors von den Dozierenden mitgetragen und dass der oder die Neugewählte nach Amtseintritt auch vollumfänglich von ihnen unterstützt wird. Das Kandidaturverfahren beansprucht zwar Zeit und Aufmerksamkeit, doch ist dies nichts im Vergleich zur grossen Verantwortung, die nach der Wahl auf den neuen Amtsinhaber wartet. Es ist ein Zeichen der Stärke der ETH als Institution, dass diesmal gleich vier Kolleginnen und Kollegen für das hochkarätige Amt kandidieren, und ein Zeichen für das Engagement der Dozierenden für diese Wahl.

Der Pool der Kandidierenden ist sowohl aufgrund seiner Stärke als auch seiner Heterogenität beeindruckend. Zwei der Kandidierenden sind Ingenieure und je eine Bewerbung stammt aus den Natur- und den Sozialwissenschaften. Zwei sind gebürtige Schweizer(innen), eine(r) ist eingebürgert, ein(e) niedergelassen. Zwei Frauen und zwei Männer, jede/jeder von ihnen mit einer aussergewöhnlichen akademischen Laufbahn und langjähriger Erfahrung in Forschung und Lehre an der ETH. Jede/r der vier Kandidierenden wird natürlich einen anderen Erfahrungsschatz und ganz persönliche Stärken ins neue Amt einbringen, doch eines haben alle vier gemeinsam: Sie sind bestens für diese Position qualifiziert.

Welche Qualifikationen und Kompetenzen muss man eigentlich mitbringen für das Amt eines Rektors? Was bedeutet es, «Rektor»/«Rektorin» zu sein? Das Rektorat ist ein grösseres Ressort mit eigenen Rechten und Entscheidungskompetenzen. Als dessen Leiter/Leiterin muss ein Rektor oder eine Rektorin über ausgeprägte Führungs- und Managementkompetenzen verfügen und die Lehre als Mission und Kernaufgabe verstehen. Er/Sie ist Mitglied der Schulleitung und sollte folglich auch über breitgefächerte Berufserfahrung sowie den Willen verfügen, in konstruktiven Dialogen mit den Kolleginnen und Kollegen all jene Themen anzupacken, die gerade anstehen. Ausserdem sollte er/sie sich stark machen für die Zukunft der ETH und ihren künftigen Erfolg als Institution innerhalb des ETH-Bereichs. Er/Sie vertritt die ETH innerhalb der Schweiz und engagiert sich für die Schweizer Forschung und Lehre auch auf internationalem Parkett. Dies setzt somit Erfahrung in der Öffentlichkeitsarbeit voraus und die Entschlossenheit, sich aktiv für die ETH und den akademischen Standort Schweiz einzusetzen.

Die Wahl des neuen Rektors oder einer Rektorin ist für alle ETH-Professorinnen und -Professoren ein Kernthema. Als WPF-Vertreterinnen interessiert uns diese Wahl natürlich ganz besonders, denn wie ich schon in meiner ersten Kolumne «Time to try harder» («Gleiche Chancen für alle – jetzt erst recht») festgehalten habe, sehen sich viele Kolleginnen immer noch mit einigen Problemen konfrontiert, die sich leider nicht so rasch lösen lassen. Daher ist es wichtig und auch nötig, Fortschritte zu erzielen, und wir sind stolz darauf, dass zwei der vier Kandidierenden Frauen sind. Als Mitglieder des WPF und der ETH-Community fordern wir alle Kolleginnen und Kollegen auf, den Dialog und Austausch mit allen vier Kandidierenden intensiv wahrzunehmen und an der Wahl vom 8. Mai ihre Stimme abzugeben.

Zur Person

Ursula Keller

Ursula Keller ist seit 1993 an der ETH und seit 2010 Leiterin des nationalen Kompetenzzentrums NCCR MUST («Molecular Ultrafast Science and Technology»). Sie wurde 1959 in Zug geboren. 1984 erhielt sie ihr Diplom an der ETH Zürich und promovierte 1989 an der Stanford University. Sie war zunächst mit ihrem eigenen Forschungslabor an der AT&T Bell Laboratories tätig, bevor sie an die ETH zurückkehrte. Mit ihrer derzeitigen Forschungsgruppe untersucht sie die (Mess)-Grenzen in den ultraschnellen Wissenschaften und in der Lasertechnologie. Ursula Keller erhielt mehrere Preise und hat einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) erhalten. Derzeit ist sie die amtierende Präsidentin des ETH Women Professors Forums (externe SeiteETH WPF).

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