Was uns die Vielfalt bringt

Die Vielfalt der Nationalitäten an der ETH bereichere sowohl im sozialen als auch im wissenschaftlichen Kontext. Deshalb müsse für den Erhalt der Vielfältigkeit an der ETH gekämpft werden, schreibt VSETH-Präsidentin Julia Wysling.

Vielfalt
An der ETH treffen viele unterschiedliche Nationalitäten aufeinander. (Bild: ETH Zürich/Alessandro Della Bella)

Mit dem Übertritt vom Gymnasium an die ETH hat sich mein Leben in vielen Bereichen verändert: Auf einmal war ich nicht mehr eine Schülerin unter 20 Klassenkameraden, sondern eine Studentin unter 400 Unbekannten, auf einmal konnte ich tun und lassen was ich wollte – kontrolliert hat ja niemand, ob ich in der Vorlesung sitze oder im Polysnack Kaffee trinke und mit Freunden jasse.

Auch mein soziales Umfeld hat sich auf einmal verändert: Während mein Freundeskreis in der Schulzeit aus Zürchern bestand, fanden sich unter meinen ersten Bekanntschaften im Studium auf einmal sehr viele Deutsche, Westschweizer, Tessiner und Österreicher wieder. Diese Vielfalt veränderte meine Weltansicht in vielen Belangen: Es waren nicht mehr nur Themen aus der schweizerischen Politik interessant, sondern auch internationale. Die eigene Lebensweise wurde verglichen mit derjenigen der Kollegen, der Stolz und auch der Verbesserungswille bezüglich des eigenen Umfelds stieg um ein Vielfaches.

Während in den ersten Studienjahren, unter anderem wegen der Vorlesungssprache Deutsch im Basisjahr, die Vielfalt der Nationalitäten zu grossen Teilen noch auf die nördlichen und östlichen Nachbarn beschränkt ist, wird im Master das Umfeld dann noch einmal spannender. Neben Deutschen, Westschweizern, Tessinern und Österreichern trifft man in den Vorlesungen Studierende von allen Kontinenten.

Vielfältigkeit als Teil der Bildung

Diese Vielfalt bereichert, nicht nur im sozialen Kontext, sondern auch im wissenschaftlichen. Viele fachliche Konzepte, die an der ETH vermittelt werden, werden an anderen Universitäten oder in anderen Ländern anders aufgefasst, anders erklärt und haben andere Anwendungen. Die dadurch entstehenden Diskussionen unter den Studierenden mit verschiedenen Hintergründen tragen viel zur Selbstreflexion und zur kritischen Hinterfragung des Stoffes bei. Sie sind meiner Ansicht nach ein wesentlicher Bestandteil der Bildung an der ETH.

Auch für den späteren Beruf ist die Vielfalt als Teil der Bildung unabdingbar: Die Vielfalt und Offenheit gegenüber anderen Haltungen und Lösungsansätzen, die wir im Studium an der ETH lernen, bereitet uns darauf vor, uns in der globalen, vernetzten Welt zu bewegen. Dies beschränkt sich nicht nur auf die Arbeit in Firmen, sondern findet seine Anwendung auch in der Forschung, wo die Zusammenarbeit in einem internationalen Team Gang und Gäbe ist.

Die Vielfalt der ETH ist im politischen Kontext natürlich nicht einfach zu vertreten – die Tendenz in der schweizerischen Politik im letzten halben Jahr war es, die Zulassung von Bildungsausländern zum Studium in der Schweiz, insbesondere an der ETH, zu erschweren. Beispiele dafür wären die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative und der Wille, die Studiengebühren zwischen Bildungsinländern und -ausländern zu differenzieren. Trotzdem denke ich, dass für den Erhalt der Vielfältigkeit an der ETH gekämpft werden muss, da sonst ein grosser Teil des wertvollen Lerneffekts des internationalen Austausches an der eigenen Hochschule verloren geht.

Zur Person

Vergrösserte Ansicht: Julia Wysling

Im November 2013 wählte der Mitgliederrat, das oberste Organ des Studierendenverbands VSETH, Julia Wysling zu seiner Präsidentin. Sie wurde 1990 in Zürich geboren und ist in Zürich, Wien und Uster aufgewachsen. Nach erfolgreich absolvierter Matura an der Kantonsschule Rämibühl inklusive Austauschjahr in Australien studiert sie seit 2009 an der ETH Mathematik. Zuvor war Julia Wysling schon in ihrem Fachverein VMP (Verein der Mathematik- und Physikstudierenden), in mehreren VSETH-Kommissionen und im Verein SoNaFe/WiNaFe tätig. Besonders faszinierend an der Arbeit im VSETH findet sie das Zusammenspiel zwischen der politischer Vertretung der Studierenden und dem Angebot von Dienstleistungen. In ihrer Freizeit trainiert Julia Wysling für einen Triathlon.

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