«Der persönliche Austausch bleibt unverzichtbar.»
Per 1. Januar wurden an der ETH Zürich neue Richtlinien eingeführt, welche die Nebenbeschäftigungen und weiteren Tätigkeiten sowohl von Professorinnen, Professoren als auch von ETH-Mitarbeitenden regeln. Lukas Vonesch, Leiter der Abteilung HR Beratung, gibt im Interview einen Einblick.
Herr Vonesch, anfangs Jahr wurden die Richtlinien «Interessenskonflikte und Vereinbarkeit von Verpflichtungen im Zusammenhang mit Nebenbeschäftigungen von Professorinnen und Professoren sowie von den weiteren Mitarbeitenden der ETH Zürich» eingeführt. Was ist der Hintergrund?
Der Bund und die Öffentlichkeit sind gegenüber möglichen Interessenskonflikten zunehmend sensibilisiert und erwarten, dass die Nebenbeschäftigungen mit der Tätigkeit an der ETH Zürich vereinbar ist. Die ETH möchte mögliche Konflikte wie Interessenskonflikte, Leistungsbeeinträchtigungen oder Reputationsrisiken vermeiden und gleichzeitig das Engagement von Mitarbeitenden ausserhalb der ETH ermöglichen.
In der «Personalverordnung ETH-Bereich» gibt es bereits seit vielen Jahren Regelungen zu den Themen Interessenkonflikte und Nebenbeschäftigungen. Die Grundlagen sind somit nicht neu. Die Begrifflichkeiten, Kriterien und Prozesse werden jedoch in den neuen Richtlinien klarer und konkreter ausformuliert. Somit dienen die Richtlinien der Transparenz und der Sensibilisierung. Allfällige Interessenskonflikte, Leistungsbeeinträchtigungen und Reputationsrisiken können früher erkannt werden.
Was ändert sich somit für Mitarbeitende, die eine Nebenbeschäftigung ausführen wollen?
Professorinnen und Professoren mussten bereits bis anhin ihre Nebenbeschäftigungen melden bzw. bewilligen lassen. Neu müssen Nebenbeschäftigungen, je nach Art und Umfang, von allen Mitarbeitenden via ETHIS gemeldet und eventuell auch von einer vorgesetzten Stelle bewilligt werden. Einen Überblick über den Prozess sowie melde- und/oder bewilligungspflichtige Nebenbeschäftigungen findet man auf der ETH-Webseite [Nebenbeschäftigungen und weitere Tätigkeiten | ETH Zürich].
Wie ist es, wenn Mitarbeitende bereits einer bestehenden Nebenbeschäftigung bzw. weiteren Tätigkeit nachgehen und diese in der Vergangenheit an einer anderen Stelle gemeldet haben. Müssen diese trotzdem noch via ETHIS eingetragen werden?
Es müssen neu alle melde- und bewilligungspflichtigen Nebentätigkeiten via ETHIS eingegeben werden. Dies gilt auch für bereits bestehende oder bereits anderweitig gemeldete Beschäftigungen ausserhalb der ETH Zürich, die noch nicht in ETHIS eingetragen wurden. Mit dem neuen Prozess sind alle Meldungen und Bewilligungen von Nebentätigkeiten an einem Ort erfasst und können einfacher bearbeitet werden.
Gemäss den Richtlinien sind Nebentätigkeiten grundsätzlich erlaubt, sofern kein Interessenskonflikt («Conflict of Interest») und keine Leistungsbeeinträchtigung («Conflict of Commitment») durch die Ausübung der Tätigkeit besteht. Diese Begriffe spielen bei der Beurteilung von Nebenbeschäftigungen eine wichtige Rolle. Denn die Mitarbeitenden sollten ihre Nebentätigkeit hinsichtlich allfälliger Interessenskonflikte oder Leistungsbeeinträchtigungen selbst beurteilen können. Warum müssen die Mitarbeitenden dies tun und wie können sie das?
Genau, diese beiden Begriffe sind die Kernpunkte der neuen Richtlinien. Eine Nebenbeschäftigung soll auf mögliche Interessenskonflikte, Leistungsbeeinträchtigungen und Reputationsrisiken geprüft werden. Mitarbeitende melden die Nebenbeschäftigung und beurteilen diese Faktoren. Vorgesetzte Personen nehmen die Meldung zur Kenntnis und suchen bei Unklarheiten das klärende Gespräch mit den Mitarbeitenden. Die Selbstverantwortung der Mitarbeitenden ist wichtig und der Austausch fördert die Transparenz und Offenheit, sodass mögliche flexible Lösungen gesucht werden können. Die Nebentätigkeit in bestimmten Ämtern und Funktionen muss durch übergeordnete Stellen bewilligt werden.
Nebenbeschäftigungen werden von der ETH Zürich nach Möglichkeit unterstützt und können meistens bewilligt werden. Denn Nebentätigkeiten können sowohl das Netzwerk und das Wissen erweitern als auch Erfahrungen vermitteln. Viele ETH-Mitarbeitende werden angefragt, um sich auch ausserhalb der ETH einzubringen und wollen sich entsprechend engagieren. Das kann für alle Beteiligten und die ETH nützlich sein. Solche Engagements müssen aber mit der Tätigkeit bei der ETH Zürich vereinbar sein.
Gehen wir davon aus, dass bei einer gemeldeten Nebenbeschäftigung bzw. weiteren Tätigkeit ein Interessenskonflikt oder eine Leistungsbeeinträchtigung besteht. Wie werden Nebenbeschäftigungen mit einem bestehenden Konflikt behandelt? Werden diese automatisch nicht bewilligt?
Die meisten Nebentätigkeiten müssen tatsächlich nicht bewilligt, sondern nur gemeldet werden. Aber auch wenn sie nur gemeldet werden müssen, ist dies eine Chance für Mitarbeitende und vorgesetzte Personen, sich auszutauschen und abzustimmen, sodass mögliche Konflikte erkannt und allenfalls Massnahmen besprochen werden können.
Wenn eine Nebenbeschäftigung bewilligt werden muss, werden allfällige Interessenskonflikte, Leistungsbeeinträchtigungen oder Reputationsrisiken stets abgewogen: Sind sie mit der Tätigkeit an der ETH vereinbar? Welche Unvereinbarkeiten könnten entstehen und welche Massnahmen müssten getroffen werden, damit Haupt- und Nebentätigkeit vereinbar werden? Massnahmen können darin bestehen, dass bei bestimmten Entscheidungssituationen andere Personen einbezogen werden, das Arbeitspensum angepasst wird oder dass mögliche Verbindungen zwischen Person, ETH Zürich und der Nebenbeschäftigung nicht erkennbar gemacht werden. Das heisst beispielsweise, dass ETH-Mitarbeitende in ihrer Nebenbeschäftigung als Privatpersonen und nicht als ETH-Angehörige auftreten.
Und wie bereits erwähnt, sollen ja Nebenbeschäftigungen seitens ETH Zürich auch ermöglicht werden. Wir sind uns sicher, dass wir eine Lösung finden und ein allfälliger Konflikt gelöst werden kann, so dass fast alle Nebenbeschäftigungen bewilligt werden können.
Was geschieht, wenn beispielsweise der Inhalt einer Nebentätigkeit, wie etwa ein weltanschauliches Engagement, mit der persönlichen Einstellung der vorgesetzten Person oder auch mit der Haltung der ETH Zürich nicht übereinstimmt? Können solche Engagements überhaupt bewilligt werden?
Das private Engagement der Mitarbeitenden ist zu respektieren und die persönliche Anschauung darf keine Rolle spielen, auch wenn eine Tätigkeit in der Freizeit oder ein politisches Engagement nicht der persönlichen Meinung der vorgesetzten Person entspricht. Wichtig ist, dass ein solches Engagement mit der Tätigkeit an der ETH Zürich vereinbar ist.
Die Richtlinien zeigen die zu beachtenden Rahmenbedingungen für die Ausübung von Nebentätigkeiten auf. Der persönliche Austausch zwischen Mitarbeitenden und vorgesetzten Personen bleibt unverzichtbar. Es ist wichtig, dass die möglichen Interessenskonflikte, Leistungsbeeinträchtigungen und Reputationsrisiken einer Nebentätigkeit gemeinsam erkannt und mögliche Massnahmen besprochen werden. Nebenbeschäftigungen können einen vielfältigen beruflichen und privaten Nutzen für alle Beteiligten haben. Meist ist eine Kombination persönlicher Interessen und der Interessen der ETH Zürich möglich, sodass Nebentätigkeiten unterstützt werden können.