Wie sich Bakterien bei uns einnisten

Fast jede zweite Frau leidet mindestens einmal in ihrem Leben an einer Blasenentzündung. Wissenschaftler der ETH Zürich und der Universität Basel haben nun erforscht, wie es dem Darmbakterium E. coli gelingt, sich an der Harnwegsoberfläche anzuheften und so sein Ausschwemmen mit dem Harn zu verhindern.

Vergrösserte Ansicht: Der Infektionserreger E. coli (Bild: Maximilian Sauer / ETH Zürich)
Der Infektionserreger E. coli (grau) hält sich mithilfe des Proteins FimH (gelb/rot) an den Zelloberflächen des Harntraktes fest. (Grafik: Maximilian Sauer / ETH Zürich)

Viele Frauen wissen aus eigener Erfahrung wie schmerzhaft eine Blasenentzündung ist: Brennen beim Wasserlassen und ständiger Harndrang sind die typischen Symptome. Bei Blasenentzündungen, die oft wiederholt auftreten, ist der Hauptverursacher das Darmbakterium Escherichia coli. Es gelangt von aussen in den Harntrakt, heftet sich an und ruft Entzündungen hervor. Die Forscher um Rudolf Glockshuber, Professor am Institut für Molekularbiologie und Biophysik der ETH Zürich, sowie Timm Maier und Beat Ernst, Professoren an der Universität Basel, haben nun herausgefunden, wie es den Bakterien gelingt, sich mit dem Protein FimH beim Urinausscheiden festzuhalten und dennoch die Harnröhre hinauf zu wandern.

Mit FimH an Zelloberflächen

Die Krankheitserreger besitzen lange fadenförmige Zellfortsätze, an deren Ende das Protein FimH einen winzigen Haken bildet. Dieses Protein, welches sich an Zuckerstrukturen auf den Zelloberflächen des Harntraktes heftet, besitzt eine besondere Eigenschaft: Es bindet umso fester an die Zuckermoleküle, je stärker am Bakterium gezogen wird. Bei der Harnausscheidung entstehen durch den Flüssigkeitsstrom starke Zugkräfte, unter denen FimH das Bakterium so vor dem Ausschwemmen schützt.

«Durch die Kombination verschiedener biophysikalischer und biochemischer Methoden konnten wir das Bindungsverhaltens von FimH in bisher unerreichter Genauigkeit aufklären», so Glockshuber. In ihrer Studie zeigen die Wissenschaftler nun erstmals, wie mechanische Kräfte die Bindungsstärke von FimH regulieren. «Das Protein FimH besteht aus zwei Teilen, wobei der zweite, nicht-zuckerbindende Teil steuert, wie fest der erste an die Zuckermoleküle bindet», erläutert Maier. «Wenn beide Teile nun durch den Harnfluss auseinandergezogen werden, schnappt die Zuckerbindungsstelle zu. Lassen die Zugkräfte jedoch nach, öffnet sich die Bindungstasche. Jetzt können sich die Bakterien lösen und die Harnröhre hinauf wandern.»

Arzneistoffe gegen FimH

Harnwegsinfektionen sind der zweithäufigste Grund für die Verschreibung von Antibiotika. Doch in Zeiten von zunehmenden Resistenzen rückt die Suche nach alternativen Behandlungsstrategien immer mehr in den Fokus. Zur Vorbeugung und Bekämpfung von E. coli-Infektionen wären Arzneistoffe, die bereits das erste Anheften von Bakterien mittels FimH in den Harnwegen blockieren, eine geeignete Alternative, weil damit der Einsatz von Antibiotika oft überflüssig würde. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, den hohen Antibiotikaeinsatz zu senken und der Entstehung von Resistenzen vorzubeugen.

Dieser Artikel basiert auf einer externe SeiteMedienmitteilung der Universität Basel.

Literaturhinweis

Sauer MM, Jakob RP, Eras J, Baday S, Eriş D, Navarra G, Bernèche S, Ernst B, Maier T, Glockshuber R: Catch-bond mechanism of the bacterial adhesin FimH. Nature Communications, 7. März 2016, doi: externe Seite10.1038/ncomms10738

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