Phosphorrecycling aus Klärschlamm
Phosphor ist als Nährstoff unabdingbar. Die Schweiz muss jedoch den grössten Teil ihres Bedarfs importieren. Vor allem die Landwirtschaft benötigt Phosphor als Dünger. Könnten wir das Element aus unseren Abfällen wiedergewinnen, liessen sich die Importabhängigkeit senken und der Phosphorkreislauf zumindest teilweise schliessen.
Rund 16,500 Tonnen Phosphor importiert die Schweiz jährlich. Diesen Wert hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) für das Jahr 2006 errechnet [1]. Gleichzeitig verlässt nur knapp ein Viertel davon wieder das Land, hauptsächlich in gelöster Form als Abfluss durch unsere Gewässer. Die Menge an Phosphor in der Schweiz nimmt also beständig zu. Aus ökonomischer, ökologischer und ressourcenpolitischer Sicht macht es Sinn, diesen «Vorrat» anzuzapfen und Phosphor wiederzuverwenden (siehe auch diesen Blogbeitrag).
Unterbrochener Kreislauf
Die grösste Verbraucherin von Phosphor in der Schweiz ist die Landwirtschaft. Sie will mittels Phosphatdünger den Nährstoff-Austrag kompensieren, also den Verlust durch Auswaschung und Pflanzenaufnahme ausgleichen. Über die Nahrungskette erreicht das Element auch den Menschen, der es wieder ins Abwasser ausscheidet. Klärschlamm, das Restprodukt der Abwasserreinigung, ist daher ein grosser Phosphorspeicher. Doch seit 2006 ist es aus hygienischen Gründen verboten, Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen auszubringen, da er Krankheitserreger, Schwermetalle, Medikamentenrückstände und andere Schadstoffe enthalten kann. Klärschlamm wird darum getrocknet und in speziellen Anlagen verbrannt. Damit ist der Phosphorkreislauf unterbrochen, und ein grosses Potenzial bleibt ungenutzt.
Phosphatdünger aus Klärschlamm
Dies könnte sich nun bald ändern. Dank intensiver Forschung stehen heute Techniken bereit, um einerseits Klärschlamm von den unerwünschten Schadstoffen zu reinigen, andererseits um die Verfügbarkeit des enthaltenen Phosphors für Pflanzen zu erhöhen. Denn auch wenn Klärschlamm hohe Phosphorkonzentrationen enthält, ist viel davon nicht wasserlöslich und somit für Pflanzen praktisch unnutzbar. Dies liegt an den Eisen- oder Aluminiumverbindungen, die dem Abwasser oft zugegeben werden, um Phosphor auszufällen. Erst dadurch lassen sich die Phosphorkonzentrationen im Abwasser auf ein «verträgliches» Niveau senken, um es wieder in einen Fluss leiten zu können. Zurück bleibt der phosphor- und schwermetallhaltige Klärschlamm.
Heute kann Klärschlamm wieder aufbereitet werden: Nach der Verbrennung erlaubt es ein thermochemisches Verfahren, Schwermetalle aus Klärschlammasche zu eliminieren. Aus der gereinigten Asche lässt sich Dünger gewinnen, der eine ebenbürtige Alternative zu bisherigen Phosphatdüngern darstellt. Dies konnten Forschende der Gruppe für Pflanzenernährung an der ETH Zürich mit Topfversuchen zeigen [2].
Konventionelle Phosphatdünger zu ersetzen hätte mehrere Vorteile: Einerseits liesse sich die Importabhängigkeit vermindern. Andererseits könnte man eine langfristige Kontamination der gedüngten Böden mit Uran und Cadmium verhindern. Denn Rohphosphat, aus dem Phosphatdünger hergestellt wird, enthält oft Spuren dieser beiden Schwermetalle. Sie sind auch im Endprodukt nachweisbar, wenn auch in sehr geringen Konzentrationen. Über die Langzeitwirkungen dieser Beistoffe in Phosphatdünger ist jedoch bisher wenig bekannt.
Phosphorrecycling in Zürich
Um den künftig anfallenden Klärschlamm effizient zu entsorgen, baut der Kanton Zürich derzeit eine zentrale Verwertungsanlage für Klärschlamm im Klärwerk Werdhölzli. Die Anlage soll Mitte 2015 in Betrieb gehen und allen Klärschlamm des Kantons zentral verbrennen. Ein wichtiges Ziel dabei ist, den in der Asche gebundenen Phosphor wiederzugewinnen. Gelingt dies, wäre ein Teil des Phosphorkreislaufs im Kanton Zürich wieder geschlossen.
Weiterführende Informationen
external page Informationsplattform des Kantons Zürichs zu Kalkschlamm und dessen Weiterbehandlung
Ein Fortbildungskurs an der ETH Anfang 2015 zum Thema Phosphor in der Landwirtschaft (Phosphorus in agriculture: Where are we going?)
Referenzen
[1] Eine Detaillierte external page Stoffflussanalyse zu Phosphor exemplarisch für das Jahr 2006: Phosphorflüsse der Schweiz, Stand, Risiken und Handlungsoptionen. (Bafu 2009)
[2] ETH-Life-Artikel:Wertvoller Klärschlamm
[3] Binder Claudia R., de Baan Laura, Wittmer Dominic 2009: Phosphorflüsse in der Schweiz. Stand, Risiken und Handlungsoptionen. Abschlussbericht. Umwelt-Wissen Nr. 0928. Bundesamt für Umwelt, Bern. S. 61