Rekord-Dürre im Sommer 2015 in Mitteleuropa
Während das Wetter in der Schweiz in diesem Sommer eher durch heftige Unwetter von sich reden macht, war der Sommer letzten Jahres von einer markanten Dürre geprägt. Das schleichend wachsende Niederschlagsdefizit brachte der Schweiz 2015 beinahe mediterranes Klima, aber auch wirtschaftliche Schäden.
Das Wetter in der Schweiz zeigt sich in diesem Sommer (2016) bislang eher nass und durchschnittlich warm: Vor allem der Juni war gekennzeichnet durch viel Regen und teils heftige Unwetter – lokal auftretende Überflutungen und Geländerutschungen verursachten erhebliche Unwetterschäden [1]. Für die Landwirtschaft, die Pflanzenwelt und die Wasserreserven waren die überdurchschnittlichen Regenmengen allerdings durchaus nützlich. Im Gegensatz dazu fiel der Sommer letzten Jahres hierzulande ganz anders aus [2]. Damals erlebten die Schweiz und weite Teile Ost- und Mitteleuropas eine anhaltende Trockenheit mit sehr hohen Temperaturen.
Fehlender Niederschlag führt zu Kettenreaktion
Der ausbleibende Regen im Sommer 2015 führte zu ausgetrockneten Böden, was wiederum das Pflanzenwachstum bremste und so noch höhere Temperaturen begünstigte (siehe nachfolgende Abbildung). Für die Schweiz war diese Wetterlage mit erheblichen Herausforderungen verbunden, die sich vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Schifffahrt, Gesundheit und Waldbrandgefahr zeigten und nicht zuletzt auch touristisch relevante (alpine) Ökosysteme beeinträchtigten [3]. Dank den normalen Regenmengen im vorangegangenen Frühling blieben schlimmere Folgeschäden glücklicherweise aus.
Während Unwetter und die daraus resultierenden Schäden wie in diesem Sommer das Interesse der Medien auf sich ziehen, entwickelt sich eine Dürre schleichend. Dazu kommt, dass die negativen Auswirkungen erst verzögert eintreten, weshalb Dürren tendenziell unterschätzt werden. Im Rückblick hat das Wetter im Sommer 2015 einmal mehr gezeigt, welche Gefahren eine heisse Trockenperiode mit sich bringt, ähnlich wie der extreme Hitzesommer 2003. Wir wollen daher das mitteleuropäische Wetter im letzten Sommer im Folgenden etwas genauer untersuchen und einordnen.
Rekordträchtiges Regendefizit
Beim Vergleich der räumlich über Mitteleuropa gemittelten Regenmengen zeigt sich, dass der Sommer 2015 der trockenste seit Messbeginn vor 115 Jahren war. Über 30 Prozent weniger Niederschlag als in normalen Jahren wurde registriert. Das ist ein Regendefizit historischen Ausmasses, entspricht es doch dem jährlichen Wasserverbrauch von 30 Millionen Europäern Da die Dürre sich über weite Teile Mitteleuropas erstreckte, führten nicht nur viele Schweizer Flüsse, sondern auch grosse europäische Ströme wie Weichsel, Elbe und Donau erheblich weniger Wasser als üblich.
Wetterbedingungen fast wie am Mittelmeer
Zusätzlich zu den trockenen Bedingungen und wahrscheinlich teilweise sogar dadurch bedingt, war der Sommer 2015 der zweitwärmste seit Beginn der Datenaufzeichnungen im Jahr 1901. Um das Wetter im letztjährigen Sommer besser charakterisieren zu können, haben wir mitteleuropäische Temperaturen und Niederschlagssummen im Sommer der letzten 50 Jahre mit Werten aus dem Mittelmeerraum verglichen. Wie erwartet ist das Sommerwetter am Mittelmeer deutlich wärmer und trockener als in Mitteleuropa. Interessanterweise fällt aber das mitteleuropäische Sommerwetter 2015 genau zwischen die beiden Punktwolken. Der vergangene Sommer war also mediterraner als kein Sommer zuvor.
Setzt sich die Entwicklung fort?
Während die Erwärmung sich aufgrund des Klimawandels sicher fortsetzen wird und weitere (rekord-)heisse Sommer in der Schweiz und Mitteleuropa wahrscheinlich sind, ist die Situation beim Niederschlag unsicher. Die Klimamodelle, welche die Charakteristiken des mitteleuropäischen Niederschlags seit 1901 insgesamt am besten reproduzieren, sagen für die kommenden Jahrzehnte eher gleichbleibende Sommer-Regenmengen voraus. Im Gegensatz dazu prognostizieren jene Klimamodelle, welche die Charakteristiken von trockenen Sommern in Mitteleuropa am besten wiedergeben (also Modelle, die Ereignisse wie 2015 zeigen), eher abnehmende Niederschläge und damit eine fortgesetzte Tendenz zu mediterranem Wetter.
So bleibt abzuwarten, welche Prognosen sich bestätigen werden. Derweil mögen manche sich darüber freuen, dass das aus den Sommerferien im Süden gewohnte Klima künftig öfter auch bei uns vorherrschen könnte. Damit kommen aber – wie eingangs beschrieben – grosse Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft auf uns zu, die nicht unterschätzt werden sollten.
René Orth hat diesen Beitrag zusammen mit Jakob Zscheischler und Sonia Seneviratne (Institut für Atmosphäre und Klima, ETH Zürich) verfasst.
Weiterführende Informationen
[1] MeteoSchweiz external page Klimabulletin Juni 2016
[2] Orth, R., J. Zscheischler, and S.I. Seneviratne, 2016: Record dry summer in 2015 challenges precipitation projections in Central Europe. Scientific Reports, 6, 28334, doi: 10.1038/srep28334
[3] Bericht des Bundesamts für Umwelt (BAFU) “Sommer 2015: Hitze, Trockenheit und Auswirkungen auf Mensch und Umwelt” [wird im September 2016 erscheinen]