Schutz der Ozonschicht: Internationales Umweltrecht mit Biss

In diesen Tagen werden in Stockholm wieder die Nobelpreise gesprochen. Grund genug, sich an zwei Preise im Bereich von Atmosphäre und Klima zu erinnern.

Spraydose
In Sprühdosen dienten ozonabbauende FCKW lange als Treibmittel (Bild: khunaspix / freedigitalphotos)

1995 für Chemie an Paul Crutzen, Mario Molina und Sherwood Rowland für ihre Arbeiten über die Ozonschicht; und 2007 der Friedensnobelpreis für die Klimaarbeiten von IPCC und Al Gore.

Beide Preise sind verbunden mit zwei grossen völkerrechtlich verbindlichen Verträgen des Umweltrechts: dem Montrealer Protokoll und seinen Folgeabkommen zum Schutz der Ozonschicht, und dem Kyoto-Protokoll zum Schutz des Klimas. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass das Montrealer Protokoll durch alle wichtigen Staaten weltweit ratifiziert wurde, und dass diese Staaten alljährlich zusammenkommen, um ihre Regulierungsmassnahmen an die weitere Entwicklung anzupassen. Hingegen war das Kyoto-Protokoll schon in seiner ersten Phase (2009 bis 2012) löchrig und hat in seiner zweiten Phase (2013 bis 2020) im Wesentlichen nur Europa und Australien als Teilnehmer. Gründe sind vielfältig und reichen von der Schwierigkeit, dass das CO2-Problem am energiepolitischen Rückgrat der modernen Gesellschaft sitzt, bis hin zu der irrigen Meinung, dass der Einzelne zwar durch den Hautkrebs gesundheitlich bedroht sei, aber nicht durch die Klimaveränderungen.[1]

Montrealer Protokoll – eine Erfolgsgeschichte

Fluorchlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) und die bromhaltigen «Halone»[2] wurden ursprünglich bejubelt und für unzerstörbar gehalten. Tatsächlich aber setzen sie Chlor und Brom in der Stratosphäre frei, zerstören Ozon, führen zum Anstieg der schädlichen UV-Strahlung und können Krebs und andere Erkrankungen erzeugen. Das Montrealer Protokoll von 1987 war ein historischer Meilenstein bei der Bekämpfung dieses globalen Umweltproblems. Verstärkt durch Folgeabkommen (z.B. London 1990, Kopenhagen 1992) und kontinuierlich angetrieben durch die Arbeit hunderter Wissenschaftler weltweit entstand ein völkerverbindendes Abkommen, das die atmosphärischen Chlor- und Brom-Konzentrationen zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber einer unkontrollierten Entwicklung ungefähr halbiert. Des Weiteren konnten der Ozonverlust gestoppt und geschätzte 100‘000 Fälle an zusätzlichen Krebserkrankungen pro Jahr vermieden werden[3]. Was uns noch vor zehn Jahren unklar war, ist das Ausmass, in dem unsere Arbeit den menschengemachten Treibhauseffekt verringert hat: denn FCKW und Halone sind starke Treibhausgase. Ihr Produktionsstopp ist nicht nur gut für die menschliche Gesundheit, sondern schützt auch das Klima.

Montreal weiter ausbauen, bis Kyoto endlich funktioniert!

Während wir mit dem Kyoto-Protokoll für die Periode 2008 bis 2012 ein Reduktionsziel von 2 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr erreichen wollten, entspricht die durch das Montrealer Protokoll tatsächlich erreichte äquivalente Reduktion gegenüber unbeschränkten FCKW- und Halon-Emissionen bei 10 bis 12 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr – ist also fünf- bis sechsmal so gross[4]. Das ist ein wichtiger, aber fast unbemerkt vor sich gegangener Erfolg! Allerdings haben wir begonnen, Ersatzstoffe für die FCKW und Halone zu produzieren, die es ohne das Montrealer Protokoll nicht gäbe. Namentlich die FKW, also Fluor-Kohlenwasserstoffe ohne Chlor, die das Ozon nicht schädigen. Leider sind auch diese Ersatzstoffe Treibhausgase. Könnten wir auch sie eliminieren, liesse sich die vermiedene CO2-Menge sehr rasch um eine weitere Milliarde Tonne CO2 pro Jahr reduzieren, bis 2050 gar um 3 bis 9 Milliarden Tonnen. Folgerichtig wird versucht, FKW zum Gegenstand des Montrealer Protokolls zu machen. Wenngleich pragmatisch, ist dies politisch doch schwierig, weil FKW Ozon nicht zerstören und somit nichts mit dem ursprünglichen Ziel von Montreal zu tun haben. Umso mehr ist anzuerkennen, dass die Unterzeichnerstaaten des Montrealer Protokolls für ihre nächste Sitzung diesen Monat die FKW als Tagesordnungspunkt haben.

Sollte es gelingen, FKW als erste Stoffgruppe aus dem steckengebliebenen Kyoto-Prozess in das Montrealer Protokoll zu überführen, wäre das ein spektakulärer Meilenstein. Unser Augenmerk auf die Reduktion der CO2-Emissionen darf dies gleichwohl nicht vermindern.

Referenzen und Erläuterungen

[1] Baldinini, Y., H. Tappeiner, T. Peter und J. Staehelin, Ozonzerstörung und Klimawandel in schweizerischen Massenmedien, GAIA, 13 (3), 197-205, 2004.

[2] FCKW dienten als Kältemittel in Kältemaschinen, als Treibgas für Sprühdosen, als Treibmittel für Schaumstoffe, und als Reinigungs- und Lösungsmittel. Halone wurden als Feuerlöschmittel eingesetzt. Beide Stoffgruppen kommen in der Natur nicht vor, sind also 100 Prozent anthropogen. Sie verbleiben für Jahrzehnte in der Atmosphäre, bevor sie in der Stratosphäre durch UV-Strahlung zerlegt werden und dabei das ozonabbauende Chlor und Brom freisetzen. Durch das Montrealer Protokoll wurde ihre Produktion praktisch vollständig unterbunden.

[3] Slaper, H., G.J.M. Velders, J.S. Daniel, F.R. deGruijl, J.C. vanderLeun, Estimates of ozone depletion and skin cancer incidence to examine the Vienna Convention achievements, Nature, 384, 256-258, 1996.

[4] Velders, G.J.M., S.O. Andersen, J.S. Daniel, D.W. Fahey, M. McFarland, The importance of the Montreal Protocol in protecting climate, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 104 (12), 4814-4819, 2007.

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