«Defizite sehen wir im gegenseitigen Verständnis»
Innerhalb von rETHink kümmert sich Workstream 5 um die ressortübergreifenden Supportprozesse der Zentralen Organe. Das Ziel: Eine optimale Unterstützung der Professuren und Departemente. Im Interview erklärt der operative Workstreamleiter, Dieter Wüest, wie der Workstream dies erreichen möchte.
Dieter Wüest, Sie haben nach vielen Jahren als Leiter der Akademischen Dienste das Amt im letzten Jahr abgegeben und die Leitung des Workstreams 5 «Zentrale Organe» übernommen. Warum diese neue Aufgabe?
Mein Rücktritt als Leiter der Akademischen Dienste war für mich schon vorher beschlossene Sache. Ich wusste damals noch nicht, wie meine Zukunft aussehen wird und war offen für neue Aufgaben. Als sich dann die Möglichkeit auftat, innerhalb von rETHink einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Zentralen Organe zu leisten, dachte ich mir, dass ich in dieser Funktion meine Erfahrungen nützlich einbringen könnte.
Mit welchem Ziel ist Workstream 5 gestartet?
Im Wesentlichen wollen wir gemeinsam erarbeiten, wo und wie wir die zentralen und ressortübergreifenden Supportfunktionen an der ETH optimieren können, so dass sie die Professuren und Departemente auch in Zukunft bestmöglich unterstützen und gleichzeitig auch den Bedürfnissen der Institution gerecht werden. Zudem haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse weiter voranzutreiben.
Wäre eine solche Weiterentwicklung nicht so oder so die Aufgabe der Zentralen Organe? Oder anders gefragt: Wozu braucht es da einen eigenen Workstream innerhalb von rETHink?
Um sich weiterentwickeln zu können, braucht es immer mal wieder eine grundsätzliche Reflexion oder auch jemanden, der einem den Spiegel vorhält. Im Alltag fehlt die Zeit, kritisch hinzuschauen und die eigene Arbeit auch zu hinterfragen. Genau da kommt rETHink zum Tragen. Wir beginnen mit der Frage, welche Rollen die unterschiedlichen Stufen der Organisation – Professuren, Departemente, Zentrale Organe – überhaupt wahrnehmen sollen und wie sich daraus die Modi der Zusammenarbeit ableiten lassen. Eine Herausforderung für Workstream 5 ist, dass die erbrachten Dienstleistungen und Prozesse sehr unterschiedlich sind. Immobilien, Informatik oder die Lehrunterstützung – um nur ein paar Beispiele zu nennen – funktionieren ganz unterschiedlich. Jeder Bereich tut auf seine Art und Weise das Beste. Zu kurz kommt jedoch die übergreifende Sicht. Dadurch fehlen durchgängige Prinzipien, wodurch gerade bereichsübergreifende Prozesse häufig nicht als Ganzes gedacht werden. Mit Workstream 5 wollen wir solche übergreifend anwendbaren Grundsätze erarbeiten und damit die Grundlage für die Weiterentwicklung aller Zentralen Organe respektive ihrer Prozesse schaffen.
Woran hat Ihr Workstream in den letzten Monaten konkret gearbeitet?
Das Kernteam ging das Thema mit einer breiten Auslegeordnung an, bei welcher vor allem auch Gespräche mit den zentralen Organen und Departementen geführt wurden. Basierend auf dieser Analyse wurde ab Juni eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein gemeinsames Verständnis der Zusammenarbeit der beteiligten Ebenen der Institution entwickeln soll. Es sollen Grundsätze der Zusammenarbeit formuliert werden und die Zuordnung bestimmter Serviceaufgaben auf die verschiedenen Ebenen geklärt werden.
Parallel zu dieser gesamtheitlichen Vorgehensweise legten wir von Anfang an zwei Schwerpunktthemen fest und etablierten dazu zwei entsprechende Arbeitsgruppen. Die eine Arbeitsgruppe nahm den Prozess der Umsetzung der Professurenplanung unter die Lupe. Darunter verstehen wir den gesamten Zyklus, der von der Planung über die Berufung, die aktive Phase einer Professur bis zur Emeritierung durchlaufen wird, und fokussieren dabei auf die damit verknüpften Ressourcen. Die andere Arbeitsgruppe befasst sich mit der Digitalisierung der Verwaltung. Sie nahm sich vor, nach der Analysephase eine Digitalisierungsstrategie zu erarbeiten, welche die Basis für weitere Entwicklungsschritte schafft. Im Rahmen einer Roadmap sollen diese Entwicklungsschritte identifiziert und priorisiert werden. Sowohl das Kernteam als auch die Arbeitsgruppen sind mit Vertreterinnen und Vertretern aus Departementen, Professuren und Zentralen Organen divers zusammengesetzt, so dass alle Perspektiven einfliessen können.
Und was sind die bisherigen Erkenntnisse?
Das Wichtigste zuerst: Im Grundsatz funktionieren unsere Supportprozesse sehr gut und alle Bereiche machen einen guten Job. Es hat sich auch gezeigt, dass die Verantwortlichkeiten für die einzelnen Prozesse grundsätzlich an den richtigen Orten angesiedelt sind. Es stellt sich jedoch die Frage, in welchen Teilbereichen zentrale Lösungen sinnvoll sind und in welchen es für die Departemente wichtig ist, Aufgaben selbst wahrzunehmen oder Entscheide selbst zu treffen. Wir sehen gleichzeitig, dass – verstärkt durch das Wachstum der ETH und unsere ausgeprägte Ermöglichungskultur – die zentralen Organe am Limit laufen. Defizite sehen wir zudem im gegenseitigen Verständnis. So kennen die Leistungserbringer die Situation und die Bedürfnisse ihrer Kunden nicht immer gut genug. Umgekehrt fehlt bei den Empfängern der Dienstleistungen teilweise das Verständnis für die Leistungserbringer respektive deren Beweggründe. Hier müssen wir die Transparenz und die Kommunikation zwischen Zentralen Organen, Departementen und Professuren verbessern. Wir müssen zudem Strukturen schaffen, damit wir uns in den Supportprozessen laufend weiterentwickeln können, in dem wir Feedback aufnehmen und aus Fehlern lernen können.
Als einen Schwerpunkt haben Sie den Prozess der Umsetzung der Professurenplanung erwähnt. Was hat die Arbeitsgruppe hier erreicht?
Am Prozess der Professurenplanung sind alle Departemente und zahlreiche Zentrale Organe aus unterschiedlichen Schulleitungsbereichen beteiligt. Er ist zudem quasi das Rückgrat der Ressourcenallokation. Darum haben wir dieses Thema als Schwerpunkt gewählt. Die Arbeitsgruppe ist daran, ausgehend von einer Analyse der Ist-Situation eine Reihe von Vorschlägen zu erarbeiten, um den Prozess besser, transparenter und effektiver zu machen. Die Ergebnisse werden dadurch vor allem auf der operativen Ebene angesiedelt sein. Ein wichtiges Thema ist u.a. wie die Durchlässigkeit zwischen den beteiligten Organisationseinheiten verbessert werden kann, so dass alle Stellen und Personen rechtzeitig über die notwendigen Informationen verfügen und den bestmöglichen Beitrag leisten können.
Strategischer sind die Fragen, die sich die Arbeitsgruppe zur Digitalisierung stellt…
Genau. Diese Arbeitsgruppe erarbeitet im Moment eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie für die Verwaltung der ETH. Diese werden wir Ende November der Schulleitung vorstellen. Sie soll den Rahmen für sämtliche Digitalisierungsvorhaben schaffen. Sie wird zum Beispiel Vorschläge beinhalten, wie wir die systematische Nutzung unserer umfangreichen Daten für faktenbasierte Entscheidungen ausbauen können oder wie wir mit der wachsenden Bedeutung von neuen Technologien als Hilfsmittel in unseren Prozessen umgehen sollen. Sie soll auch Leitlinien für künftige Digitalisierungsprojekte definieren. Nach der Finalisierung dieser Strategie werden wir eine Roadmap erarbeiten, welche die nächsten Entwicklungsschritte aufzeigen wird.
Wenn wir nach vorne schauen, was werden die ETH-Angehörigen von Workstream 5 letztlich spüren?
Ich hoffe, dass alle ein verstärktes Bewusstsein für die Supportprozesse und die gegenseitigen Abhängigkeiten erhalten werden. Zudem sollen die ETH-Angehörigen die Dienstleistungen besser kennen und wissen, welche Leistungen sie von ihrem Gegenüber erwarten können und welche nicht, und wie sie selber Einfluss auf diese Leistungen nehmen können.
Wann werden Sie persönlich sagen können, rETHink war ein Erfolg?
Wenn es uns gelingt, die bisher gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, so dass die Prozesse der Supportfunktionen für alle transparenter sind, wir zwischen Leistungserbringerinnen und -empfänger eine bessere Kommunikation etabliert haben und letztlich die Qualität und Wirksamkeit der Dienstleistungen verbessert haben.