Physikexperimente für das Wohnzimmer

Am 4. Mai zeichnet die ETH Zürich mit dem KITE Award zum vierten Mal besonders innovative Lehrprojekte aus. In einer kurzen Serie stellen wir die drei Projekte vor, die es in den Final geschafft haben. Alle entstanden in den Semestern des Fernunterrichts.

Licht scheint durch einen Schlitz in das innere eines Kartons und reflektiert an den Wänden.
Selbstgebautes Spektrometer: einfallendes Licht wird durch einen Spalt aus zwei Rasierklingen gerichtet (kollimiert) und durch eine CD als Beugungsgitter am anderen Ende spektral zerlegt. In Abhängigkeit des Ablenkwinkels bestimmen die Studierenden die Wellenlängen des Lichts verschiedener Quellen.

Statt Lampen, Filtern und Messgeräten standen den über 600 Studierenden des Physikpraktikums im März 2020 plötzlich nur noch Dinge des täglichen Gebrauchs zur Verfügung. Denn die Labors an der ETH waren geschlossen und alles andere durften die Läden damals nicht mehr verkaufen. Rückblickend ist das für Andreas Eggenberger, Leiter des Physikpraktikums, sogar ein Gewinn. Er sagt: «Die Situation hat uns geholfen, die bereits begonnene Umstrukturierung des Physikpraktikums schneller voranzutreiben und neue Experimente zu kreieren. Und den Studierenden wurde bewusst, dass physikalisches Denken und Problemlösen auch in unserem Alltag stattfinden kann.»

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Eggenberger und seine Kollegen hatten nach dem Lockdown am 16. März 2020 den Kurs innert Tagen umgekrempelt. Sie kreierten Experimente, die sich auch zu Hause gefahrlos durchführen und auswerten liessen und die möglichst gleichwertige Lerneffekte hatten. So bestimmten die Studierenden mit Wasserflaschen, Karton, CDs oder polarisierten Sonnenbrillen wahlweise die Schallgeschwindigkeit, stellten ein Spektrometer für sichtbares Licht her oder überprüften das Gesetz von Malus, welches die Intensität von Licht hinter einem Polarisationsfilter beschreibt. Zum Einsatz kamen dabei Sensoren, die in jedem Smartphone vorkommen, aber auch einfache Haushaltsgeräte wie Waagen, Thermometer oder Massstäbe.

Fast grösser war die Herausforderung der persönlichen Betreuung. Die Dozierenden schrieben zwar detaillierte Anleitungen, und die Assistierenden betreuten via Videokonferenz bis zu acht Studierende parallel bei den Experimenten. Chats und Foren erlaubten zudem einen zeitungebundenen Austausch. Der intensive Austausch im Labor konnte dies jedoch nicht ersetzen. Sehr schwierig war für die Assistierenden auch, in Videositzungen Unsicherheiten bei den Studierenden zu erkennen. Auf sich allein gestellt zu sein, habe aber auch positive Seiten, sagt Eggenberger. «Die Studierenden mussten sich wegen der selbst durchgeführten Experimente mit mehr Unwägbarkeiten beschäftigen und waren auch stärker gefordert, sich selbst zu organisieren. Beides sind Fähigkeiten, die in der Industrie wie in der Forschung sehr gefragt sind.»

Die neu entwickelten Experimente für zu Hause bleiben im Portfolio. Eine Umfrage hat nämlich gezeigt, dass sich mehr als drei Viertel der Studierenden auch bei offenen Labors zwei oder mehr Experimente für zu Hause wünschen.

Innovation in Learning and Teaching Fair der ETH Zürich

Die Preisverleihung findet im Rahmen der ersten Innovation in Learning and Teaching Fair am 4. Mai statt. Dieser neue Anlass vereint zwei bisherige: die Learning and Teaching Fair, bei der sich ETH-​Dozierende über innovative Lehrprojekte und -​ideen austauschten, und den KITE Award, mit dem die Konferenz des Lehrkörpers alle zwei Jahre besonders überzeugende Lehrinnovationen prämiert.

Anmeldung zur Verleihung des KITE-​Awards im Audi Max: www.ethz.ch/kite-​registration

Portraits aller Projekte der Fair: teachingfair.ethz.ch

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