Leiter des Collegium Helveticum verstorben
Thomas Hengartner, Direktor des Collegium Helveticum, ist am 10. Mai erst 57-jährig verstorben. Er hatte die Leitung dieses Think Tanks von ETH, UZH und ZHdK im Jahr 2016 übernommen.
Thomas Hengartner studierte Volkskunde und Dialektologie, Neuere Deutsche Literatur und Schweizer Geschichte und wurde 1989 an der Universität Bern promoviert. Nach der Habilitation wurde er 1996 als Professor an das Institut für Volkskunde der Universität Hamburg berufen, das er während mehr als zehn Jahren bis 2010 leitete. Er stand unter anderem dem 2002 von ihm gegründeten Forschungskolleg «Kulturwissenschaftliche Technikforschung» vor. Von 2003 bis 2007 amtete Hengartner als erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde.
2010 wurde er zum Ordinarius für populäre Kulturen an der Universität Zürich ernannt. Im Januar 2016 übernahm er die Leitung des Collegium Helveticum. Dessen Auftrag besteht in der Förderung der Begegnung und des Dialogs zwischen den Geistes- und Sozialwissenschaften, den Natur- und Ingenieurwissenschaften, den medizinischen Wissenschaften sowie den Künsten.
Gelebte Transdisziplinarität
Für seine Position prädestiniert war Thomas Hengartner nicht zuletzt aufgrund seiner bedeutenden wissenschaftlichen Akzente in der Analyse und Interpretation des Verhältnisses von Technik, Kultur und Alltag. Er arbeitete konsequent transdisziplinär. So beschäftigten ihn die Unterhaltungs- und Kommunikationsmedien des 19. und 20. Jahrhunderts ebenso wie die Kultur und Geschichte der Genussmittel oder die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft.
Neben der Stadtforschung und der Untersuchung neuer Kommunikationsgewohnheiten gehörte die kulturwissenschaftliche Technikforschung zu seinen Schwerpunkten. Diesen Forschungszweig hat er massgeblich entwickelt und geprägt. Im Jahr 2002 wurde Thomas Hengartner mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet.
Die Digitalisierung verstehen
Am Collegium Helveticum hat der Verstorbene das Schwerpunktthema «Digital Societies» initiiert, innerhalb dessen die sieben Fellows, unter ihnen eine Professorin und zwei Professoren der ETH, in der Periode bis 2020 an den von ihnen initiierten transdisziplinären Forschungsprojekten arbeiten. Dabei untersuchen sie unterschiedlichste Facetten des Einflusses und der Folgen der Digitalisierung in der Gesellschaft.
«Thomas Hengartner war ein talentierter und inspirierender Forscher, ein ausgezeichneter Organisator und ein liebenswürdiger Mensch», sagt ETH Rektorin Sarah Springman, die Präsidentin des Kuratoriums des Collegiums . «Ich bin sehr traurig und betroffen über diesen viel zu frühen Verlust. Mit dem Einfluss der Digitalisierung auf die Gesellschaft hat Thomas Hengartner dem Collegium Helveticum eines der heute dringlichsten Forschungsfelder mit auf den Weg gegeben. Dessen Früchte kann er nun nicht mehr ernten. Wir alle sind ihm zu grossem Dank verpflichtet und werden ihn und seine Leistungen in bester Erinnerung behalten.»