Mehr Spielraum mit «refine»
Seit Januar wickelt die ETH Zürich Finanzen und Personal mittels einer neuen Ressourcen- und Finanzplattform ab. Was sich damit ändert – ein Überblick.
Niemand an der ETH Zürich hat den Lohn im Januar doppelt oder gar nicht erhalten. Das hätte auch anders laufen können. Am 9. Januar 2019 wurde – vier Jahre nach dem Start des Projektes «refine» – das ETH-Informations- und Support-Portal ETHIS auf die neueste SAP-Software S/4 HANA umgestellt.
Bereits am ersten Tag verarbeitete das neue System problemlos mehr als 1'200 Kundenrechnungen und 600 Personalworkflows. Der Start verlief fast pannenfrei – dank der guten Arbeit des übergreifenden Projektteams von Finanzen und Controlling, Personal, Informatikdiensten, Departementen, Stäben und weiteren Abteilungen sowie externen Beratern.
Einiges bleibt beim Alten: Die Benutzeroberfläche ist fast dieselbe wie zuvor, und wie bisher können ETH-Angehörige auf der Plattform ihre Geschäftsprozesse abwickeln – und doch ändern einige Grundsätze, wie die ETH Zürich intern ihre Finanzen steuert.
Seit die ETH Zürich im Jahr 2000 die institutionelle Autonomie erlangte, bewirtschaftet sie ihre Mittel eigenständig. Dafür richtete sie ein eigenes System mit Fonds ein. Seither ist die Hochschule um 40 Prozent auf über 500 Professuren gewachsen, und der Anteil der Drittmittel nimmt stetig zu. Zugleich steigen die Anforderungen an die Transparenz der Mittelverwendung.
Integrale Sicht auf Budgets
Zuletzt gab es fast 10'000 Fonds, die unter anderem der Trennung von Mitteln nach Herkunft dienten (Bund, Drittmittel, interne Finanzierungen). «Diese Komplexität war zunehmend schwierig zu steuern», sagt Robert Perich, Vizepräsident für Finanzen und Controlling.
«Mit dem neuen System gehen wir über zu einer ganzheitlicheren Mittelbewirtschaftung, bei der die Herkunft des Geldes keine leitende Rolle mehr spielt», sagt Perich, «zugleich wird der zeitliche Spielraum für die Mittelverwendung akademischer Einheiten erhöht.»
Konkret funktioniert das so: Eine Professur kann unausgeschöpfte, zweckbefreite Budgets jeder Herkunft in ein Überlaufgefäss (Reserve) übertragen und später verwenden – oder sie kann dieses Gefäss vorübergehend überziehen, zum Beispiel um ein Projekt vorzufinanzieren. «Das ist eine Liberalisierung, die den unternehmerischen Handlungsspielraum für Lehre und Forschung deutlich erhöht. Massgeblich für die finanzielle Steuerung ist künftig die integrale Sicht auf alle zur Verfügung stehenden Budgets», sagt Robert Perich.
Einfache Information zu komplexen Projekten
Die Liberalisierung gilt nicht für die serviceorientierten Einheiten wie ausserdepartementale Plattformen, Schulleitungsstäbe und Abteilungen. Sie unterliegen einer betriebswirtschaftlichen Führung und geben unausgeschöpfte Budgets weiterhin zurück. Damit berücksichtigt das neue Steuerungsmodell die unterschiedlichen Aufträge in Wissenschaft und Administration.
Kooperationsprojekte und Mischfinanzierungen spielen für die ETH eine immer grössere Rolle, zum Beispiel bei Drittmittelprojekten oder im Rahmen der Initiative «ETH+». Auch hier geht das neue Finanzsystem mit der Zeit: Finanzinformationen muss man in solchen Fällen nicht mehr manuell zusammenführen, sondern sie sind «all in one» aus ETHIS 2019 abrufbar – damit lässt sich administrativer Aufwand reduzieren.
Mit dem Start noch nicht am Ziel
Mit dem Start von ETHIS 2019 ist die Umstellung noch nicht abgeschlossen. Für die ETHIS-Nutzer geht es nun darum, mit teilweise veränderten Regeln und den schrittweise verfügbaren neue Finanz- und Personalreports umzugehen. Das refine-Team bleibt bis 2020 aktiv:
«Für den Start lag der Fokus auf stabilen Basisfunktionalitäten. Nun folgen die planmässigen Vervollständigungen», sagt Gesamtprojektleiter Markus Knaus. «Erst nach dem Durchlauf eines vollständigen Geschäftszyklus im 1. Quartal 2020 gehen wir wieder in den Routinebetrieb über. Dann ist das Projekt ‹refine› beendet», ergänzt Robert Perich.
Dieser Artikel erschien zuerst in einer leicht gekürzten Fassung in life - Das Magazin für die ETH-Community April 2019.