Mit Agilität und Ausdauer durch die Krise: Lehren aus dem Lockdown

«Wir sind fähig, schnell zu reagieren und uns anzupassen», schreibt ETH-Präsident Joël Mesot in seinem Blogbeitrag, in dem er auf den Lockdown zurückblickt und die Werte reflektiert, die sich gezeigt haben.  

Die Schulleitung hat rETHink vor etwa einem Jahr gestartet. Die Idee: Unsere Schule auf die mittel- bis langfristige Zukunft vorbereiten – und zwar in einem partizipativen Prozess. Unser Ziel: Voraussetzungen schaffen, damit Lehre und Forschung weiterhin auf Top-Niveau stattfinden können. Beweggründe für rETHink gab und gibt es in unserer sich rasch wandelnden Welt mehrere. Was wir damals nicht ahnen konnten war, wie der Begriff des Wandels neue Bedeutung erlangen würde.

Die Covid-19-Pandemie hat uns gezwungen, schnell zu handeln, zu improvisieren. Eingespielte Abläufe wurden teilweise obsolet. Vieles, was als selbstverständlich galt, musste neu gedacht werden. Wenn wir heute auf sieben Monate seit Beginn des Lockdowns zurückblicken, wissen wir: Wir sind fähig, schnell zu reagieren und uns anzupassen. Über Nacht wurde der Unterricht auf digitale Kanäle umgestellt – und es funktionierte! Wir machten die Erfahrung, dass man auch zuhause produktiv arbeiten kann. Unsere Forschenden stellten sich im Nu auf die neue Situation ein. Sie lancierten viele Projekte zu Corona-relevanten Fragen und engagierten sich mit ihrer Expertise im Rahmen der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes.  

Ich bin tief beeindruckt vom Engagement, das die ETH-Angehörigen an den Tag legen, und zwar überall – in den Labors, Hörsälen und im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit ebenso wie in der Technik und der Verwaltung. Nicht zu vergessen unsere Studierenden, die in bewundernswerter Weise Spitälern ihre Hilfe anboten und sich mit der schwierigen Situation bestmöglich arrangierten.  

Die ETH hat die Herausforderungen der vergangenen Monate gut gemeistert, sie hat sich als resiliente Organisation erwiesen. Wir alle haben dabei viel gelernt. Ich bin mir aber bewusst, dass wir nicht nur im Reaktionsmodus funktionieren können, sondern weiterhin Planungssicherheit benötigen und Langfristigkeit in unserem Denken und Handeln brauchen. rETHink soll uns ermöglichen, die Hochschule über die unmittelbaren Sachzwänge und Restriktionen hinaus zu denken. So wie es für die Bewältigung der Covid-19-Krise vielfältige Kompetenzen braucht, wird auch rETHink davon profitieren, wenn sich viele ETH-Angehörige einbringen.

Mit rETHink wollen wir bewusst auch die Wertediskussion führen. Wir haben im aktuellen Strategie- und Entwicklungsplan fünf Werte definiert: Offenheit, Vielfalt, Verantwortung, Teamgeist und Exzellenz. Sind es diese, die uns als Fundament dienen sollen oder braucht es andere oder weitere Werte? Wie wollen wir sie an der ETH leben? Ich freue mich auf Diskussionsbeiträge hier auf diesem Blog wie auch in den Gesprächsrunden zu diesem und weiteren Themen von rETHink. 

Die Situation mit Covid-19 in der Schweiz und in weiten Teilen der Welt sieht nicht gut aus, während ich diesen Beitrag schreibe. Wären wir heute in der Lage, rETHink als ehrgeiziges Projekt zu starten? Ich weiss es nicht. Aber ich bin überzeugt, dass rETHink eine grosse Chance ist und wir die Erfahrungen der vergangenen Monate für die Weiterentwicklung unserer ETH nutzen können. Wir werden flexibel, agil und ausdauernd bleiben müssen, um mit der schwierigen Gesundheitssituation bestmöglich umzugehen. Wir werden diese Qualitäten auch benötigen, um die ETH gestärkt in die Zukunft zu führen.

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Portrait Joel Mesot
ETH-Präsident Joel Mesot (Bild: ETH Zürich / Markus Bertschi)  

Joël Mesot ist seit 1. Januar 2019 Präsident der ETH Zürich und hat nach seiner Einarbeitungszeit in das neue Amt gemeinsam mit der Schulleitung das Projekt rETHink lanciert. Zuvor leitete der ordentliche Physikprofessor während zehn Jahre als Direktor das Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen.
 

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