Corona-Pandemie: Das wurde aus den Initiativen der ETH-Studierenden
Im März 2020, als die Corona-Pandemie voll ausbricht, starten Studierende der ETH Zürich zwei Online-Plattformen, die Hilfspersonal an Institutionen des Gesundheitswesens vermitteln: Students4Hospitals und Care Now. Wo stehen die Plattformen heute – nach gut sechs Monaten «Leben mit dem Virus»?
Rahel Schmidt und Nicola Rüegsegger verbindet einiges. Nicht nur ein Studium an der ETH Zürich – sie in Humanmedizin, er in Informatik – sondern auch ein Gedanke, den beide unabhängig voneinander zu Beginn der Corona-Pandemie hegten: «Da muss ich etwas tun!» Darauf folgte die Gründung zweier Plattformen – externe Seite Students4Hospitals und externe Seite Care Now – die sie beide mit beachtlichem Tempo, pragmatisch und mit viel Teamarbeit umsetzten.
Frühling 2020: Als die Welt eine andere wurde
Wir erinnern uns: Mitte März 2020, die Corona-Pandemie breitet sich aus, die Schweiz befindet sich von heute auf morgen im Lockdown. Die Covid-19-Fallzahlen steigen, über das Virus ist noch relativ wenig bekannt und die daraus entstehende Verunsicherung ist gross. Mittendrin die Spitäler und andere Pflegeeinrichtungen, die in dieser Situation stark gefordert sind. Doch wie soll man helfen, wenn man nicht selbst «an vorderster Front» im Gesundheitsbereich mit dabei ist?
Students4Hospitals: Es geht los
Rahel Schmidt, Bachelorstudentin des Studiengangs Humanmedizin an der ETH Zürich, hat da eine Idee: Gemeinsam mit ihrem Freund Luca Schaufelberger, der Interdisziplinäre Naturwissenschaften studiert, gründet sie Students4Hospitals. Eine Online-Plattform, die Studierende an Einrichtungen im Gesundheitsbereich, zumeist Alters- und Pflegeheime, vermittelt – z.B. für die Eingangskontrolle, einfache Laborarbeiten oder die Administration.
Während den ersten Tagen stossen immer mehr Studierende verschiedener Universitäten und mit unterschiedlichen Fachrichtungen zum Team hinzu. Mit dabei sind auch Nicola Rüegsegger und sein Team von «Medison» (mehr dazu siehe weiter unten). Sie alle arbeiten Tag und Nacht – und schliesslich steht die Online-Plattform.
Rahel Schmidt durchlebt damals eine turbulente Zeit: Nebst der Co-Leitung von Students4Hospitals steht sie auch selbst an der Front – im Kantonsspital Baden übernimmt sie Einsätze als freiwillige Helferin. «Plötzlich gab es Eingangskontrollen und Patientinnen und Patienten konnten nicht mehr von Angehörigen zum Arzttermin begleitet werden, Oberflächen mussten desinfiziert und einsame Menschen im Altersheim betreut werden. Für diese Tätigkeiten brauchte es innert Stunden zusätzliches Personal – flexible Personen mit grossem Elan und grossem Herzen, die selbst keiner Risikogruppe angehörten.»
Die vermittelten Studierenden – mittlerweile über 100 an der Zahl, aus verschiedenen Fachrichtungen und Universitäten bzw. Fachhochschulen – meisterten ihre Einsätze laut Schmidt mit Bravour. Dies bezeugen die vielen positiven Rückmeldungen, die sie von den Gesundheitsinstitutionen bekommen hat. Und auch für die Studierenden selbst waren die Einsätze einmalige Erlebnisse.
Care Now: Gründung zur rechten Zeit
Ähnlich klingt’s bei Nicola Rüegsegger. Der ausgebildete Arzt studiert aktuell auf dem zweiten Bildungsweg Informatik an der ETH Zürich und betrieb mit seinem Studienkollegen Pascal Wacker bereits das Start-up «externe Seite Medison» – ein Health-Tech-Unternehmen, das eine Karriereplattform für Ärztinnen und Ärzte betreibt. Im vergangenen Frühling lancierten die beiden dann in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und acht medizinischen Berufsverbänden (unter anderen externe Seite FMH, externe Seite SSO, externe Seite vsao) Care Now.
Im Unterschied zu Students4Hospitals vermittelt diese Plattform nicht studentische Hilfskräfte, sondern ausgebildetes medizinisches Fachpersonal, insbesondere an Spitäler. Auch hier wurden bis jetzt gut 100 Personen für Einsätze in rund 70 Gesundheitsinstitutionen vermittelt, vor allem Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal.
Die Gründung von Care Now im März 2020 kam gemäss Rüegsegger gerade zur rechten Zeit: «Beim Start der Pandemie waren viele stark gefordert: Die Spitäler mussten abklären, welchen Personalbedarf sie überhaupt haben. Andere Abteilungen mussten schliessen, da die elektiven Eingriffe – also Operationen, die sich aus gesundheitlichen Gründen verschieben lassen – abgesagt wurden.» Daher war’s zu Beginn erstmal wichtig, Ruhe und Struktur in die aktuelle Situation reinzubringen. Hier konnte Care Now einen wichtigen Beitrag leisten, da das Team die gesamte Administration der Personalvermittlung für die Spitäler übernahm. Ein Service, der von den Gesundheitseinrichtungen sehr geschätzt wurde.
Wie geht’s weiter?
Sowohl Students4Hospitals als auch Care Now verzeichneten insbesondere im März und April sehr viele Anfragen. Seit den frühen Sommermonaten geht die Nachfrage zurück – dank den gesunkenen Fallzahlen und dem Umstand, dass die medizinischen Institutionen wieder gut mit ihren eigenen Personalbeständen zurechtkommen.
Beide Plattformen befinden sich daher zurzeit im «Stand-by-Modus», Vermittlungen werden aktuell nicht getätigt. Sollte sich die Lage jedoch wieder ändern, beispielsweise aufgrund einer zweiten Pandemie-Welle, wären sowohl Students4Hospitals als auch Care Now schnell wieder einsatzbereit.
Was bleibt
Welches Fazit ziehen Rahel Schmidt und Nicola Rüegsegger nach gut einem halben Jahr Betreiben ihrer jeweiligen Plattform? «Toll war, mit so vielen verschiedenen Partnern etwas aufzubauen – z.B. der ETH Zürich oder den verschiedenen medizinischen Berufsverbänden. Und das auf ganz pragmatische, unkomplizierte Art», resümiert Rüegsegger. «Eine solche Ausnahmesituation erlebt man nicht allzu oft. Wir waren im Dauereinsatz, haben kaum geschlafen. Das war auf persönlicher Ebene eine sehr eindrückliche Erfahrung, die man mit einem regulären Job nicht vergleichen kann.»
Nicola Rüegsegger und Pascal Wacker möchten ihr gemeinsames Start-up «Medison» weiter betreiben und damit weiterhin ermöglichen, dass medizinische Fachkräfte dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten benötigt werden. Dafür konnten sie bei Care Now viel lernen. Zuerst steht für Nicola Rüegsegger in diesem Jahr aber noch der Abschluss seiner Bachelor-Arbeit an.
Auch Rahel Schmidt zieht ein überaus positives Fazit: «Students4Hospitals aufzugleisen war eine unglaublich wertvolle Erfahrung für mich. Diese geballte Energie und der Tatendrang aller an dieser Plattform Beteiligter zeigt, dass motivierte Studierende einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten können.» Schmidt ist überzeugt, dass es wichtig ist, sich neben dem Studium zu engagieren. «Ein solches Engagement gibt nämlich so viel zurück. Und ich spreche hier nicht nur von der Lernkurve beim Aufgleisen und Leiten einer solchen Initiative, sondern auch vom Gefühl, zusammen die Welt ein klitzekleines bisschen verbessern zu können.»