Anspruch und Wirklichkeit
Rund 300 ETH-Angehörige haben an der Pulsmesser-Umfrage zu den Werten der ETH mitgemacht. Mit ihren Antworten haben sie Stoff für die kommende Kultur- und Wertediskussion im Rahmen von rETHink geliefert.
Verantwortung, Offenheit, Vielfalt, Teamgeist und Exzellenz: Für wie wichtig halten ETH-Angehörige diese Werte der neuen ETH-Charta? Wie werden sie im Alltag gelebt? Und gibt es andere Werte, die für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig wären? Diese Fragen haben die Verantwortlichen des rETHink-Workstreams 6 (Kulturentwicklung) in einem Intern-aktuell-Artikel aufgeworfen und die Leserinnen und Leser dazu aufgerufen, an einer Umfrage teilzunehmen. Rund 300 ETH-Angehörigen haben sich daran beteiligt.
Ein Ausreisser bei den Beurteilungen der Werte
Die Teilnehmenden konnten die Bedeutung, die sie den einzelnen Werten für den künftigen Erfolg der ETH beimessen, mittels eines Schiebers visuell zum Ausdruck bringen. Dahinter verbarg sich eine Skala von 1-10. Im Durchschnitt massen die Befragten allen Werten eine Bedeutung von 8 und höher zu – mit einer Ausnahme: die Exzellenz erreichte eine 7.5 auf der Skala. Obenauf schwang die Verantwortung mit einer Bewertung von 9. Das gleiche Bild zeigt sich bei der Standardabweichung, die bei der Verantwortung am kleinsten, bei der Exzellenz am grössten ist. Die Exzellenz scheint bei den ETH-Angehörigen am umstrittensten.
«Mit dieser Umfrage wollten wir kein repräsentatives Abbild der Situation an der ETH erhalten, sondern persönliche Eindrücke einfangen», sagt Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie und Mitglied der operativen Leitung von Workstream 6. Diese erste grössere Rückmeldung zu den Werten betrachtet sie als Einstieg in die breite Kultur- und Wertediskussion, die der Workstream unter der Leitung des ETH-Präsidenten und der Rektorin in Kürze lancieren wird. Und dafür bietet sie viel Stoff.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander
Wird die Einschätzung der Bedeutung verglichen mit der Einschätzung, wie die fünf Werte im Alltag wahrgenommen werden, zeigt sich – wenig überraschend – bei allen eine recht deutliche Differenz. Interessant ist, dass diese Differenz bei der Exzellenz am kleinsten ist: Der als am wenigsten wichtig empfundene Wert wird also am stärksten gelebt. Am deutlichsten tritt der Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Wert «Offenheit» mit drei Skalenpunkten Differenz zutage.
Respekt als zentralen Wert genannt
Neben einer Beurteilung bestehender Werte konnten die Teilnehmenden in einer offenen Frage auch frei Werte nennen, die sie für wichtig erachten. Für Ulrike Lohmann, Präsidentin der Konferenz des Lehrkörpers und Mitglied des Kernteams von rETHink-Workstream 6, sind diese zusätzlich genannten Werte wichtig: «Sie zeigen mir, was den Menschen an der ETH über die fünf Werte hinaus wichtig ist; für uns im Departement Umweltsystemwissenschaften ist das natürlich der Wert Nachhaltigkeit», sagt sie.
ETH-weit am häufigsten wurde als zusätzlicher Wert Respekt genannt, gefolgt von Vertrauen, Nachhaltigkeit und Integrität, die alle über 20 Nennungen erzielten. «Gerade die Nennung von Respekt zeigt mir, dass entweder die Respekt-Kampagne hier eine Sensibilisierung bewirkt hat oder/und dieser Wert noch nicht so gelebt wird, wie es wünschenswert wäre», interpretiert Lohmann das Resultat.
Genügend Stoff für Diskussion
Die in einem Bericht zusammengefassten Antworten sollen bei der breiten Kulturdiskussion Anregungen geben. Was steckt hinter der Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit? Wie können wir die Lücke schliessen? Welche Werte sind uns tatsächlich wichtig für die Zusammenarbeit? Und: Sind wir uns einig darüber, was wichtig ist?
In diesem Sinn dankt Gudela Grote im Namen des ganzen Workstreams allen Teilnehmenden für ihren wertvollen Beitrag zur Kultur- und Wertediskussion. ETH-Präsident Joël Mesot und Rektorin Sarah Springman werden in den kommenden Tagen alle ETH-Angehörigen wie bereits angekündigt dazu einladen, sich an der Diskussion zu beteiligen. «Wir hoffen, dass möglichst viele diese Einladung annehmen und aktiv in ihrem Umfeld die Diskussion anregen, wie wir die Zukunft miteinander gestalten wollen», sagt Grote.
Weitere Informationen
Die detaillierten Ergebnisse sind im Bericht Auswertung Download «Pulsmesser-Befragung» (PDF, 1.3 MB) zusammengestellt.
Die fünf diskutierten Werte entstammen der ETH-Charta, die Teil des Strategie- und Entwicklungsplans 2021-2024 ist.