«Die ETH Zürich ist keine Plattform für politischen Aktivismus»

Gestern liess die ETH Zürich eine pro-palästinensische Demonstration im Hauptgebäude durch die Polizei räumen. Ulrich Weidmann, Vizepräsident für Infrastruktur und damit oberster Sicherheitsverantwortlicher der ETH Zürich erklärt, was zu diesem Einsatz führte.

Porträtfoto von Ulrich Weidmann
(Bild: ETH Zürich)

Die ETH Zürich hat gestern eine Demonstration von rund einhundert pro-palästinensischen Aktivist:innen im Hauptgebäude durch die Polizei räumen lassen. Warum dieses rigorose Einschreiten?
Ulrich Weidmann: Die ETH Zürich sieht sich als Ort, wo unterschiedliche Meinungen und Perspektiven offen geäussert werden dürfen und sollen. Soll daraus ein konstruktiver Dialog entstehen, so bedingt dies allseitig akzeptierte Regeln. Unbewilligte Aktionen wie gestern verletzen unsere Regeln und sind kein fruchtbarer Rahmen für einen Dialog. Wir haben daher die Demonstrant:innen mehrfach aufgefordert, das Gebäude der ETH Zürich zu verlassen. Da sie dieser Aufforderung nicht nachgekommen sind, haben wir bei der Polizei den Antrag gestellt, die Demonstration aufzulösen.

Andere Hochschulen haben ähnliche Proteste toleriert. Warum die ETH Zürich nicht?
Die ETH Zürich bietet politischem Aktivismus keine Plattform, die politische Neutralität ist uns wichtig. Alle unsere ETH-Angehörigen sollen sich auf dem Campus willkommen und sicher fühlen. Protestaktionen wie die gestrige werden aber von vielen ETH-Angehörigen als bedrohlich empfunden. Und nicht zuletzt ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, einen reibungslosen Lehr- und Forschungsbetrieb sicherzustellen.

Die Protestierenden argumentierten, dass ihnen der Dialog mit der ETH-Schulleitung bisher verweigert wurde und sie deshalb zu dieser Aktion geschritten seien. Warum diese Verweigerung?
Die Schulleitung ist stets offen für den Dialog und stand seit letztem Herbst mit sehr vielen ETH-Angehörigen, die direkt oder indirekt von der Situation in Palästina und Israel betroffen sind, im Kontakt. Wir lassen uns jedoch die Bedingungen für einen Dialog nicht auferlegen, wie es gestern der Fall gewesen wäre. Für einen Dialog in konstruktiver Form und mit Regeln, die für alle Seiten stimmen, sind wir auch künftig jederzeit zu haben.

Die Protestierenden haben drei Forderungen an die ETH Zürich: «eine Positionierung gegen den Genozid, einen akademischen Boykott von Israel und volle Transparenz über Kooperationen mit Israelischen Institutionen.» Wie steht die Schulleitung dazu?
Ich möchte dazu gerne ein paar generelle Punkte sagen. Natürlich lässt uns das Leid der Menschen in Gaza nicht kalt. Aber es ist nicht die Aufgabe einer Hochschule politische Positionen zu beziehen. Wir wollen, dass das wissenschaftliche Leben auf unserem Campus unter allen ETH-Angehörigen aus über 120 Nationen friedlich und respektvoll abläuft. Dass unser Mitgefühl allen vom Konflikt zwischen Palästina und Israel betroffenen Menschen gilt, haben wir bereits vor über einem halben Jahr in einer Stellungnahme klar ausgedrückt. Die zweite Forderung nach einem akademischen Boykott würde unserem Grundsatz der Forschungsfreiheit diametral widersprechen. Und bezüglich Transparenz: Die ETH Zürich ist dem Öffentlichkeitsgesetz unterstellt. Wir wollen und können daher gar kein Geheimnis um Kooperationen mit unseren Partnern machen.

In der Öffentlichkeit bleiben nun die Bilder von der Polizeiräumung hängen. Gibt Ihnen das nicht zu denken?
Ganz klar, solche Bilder aus ETH-Gebäuden wünsche ich mir nicht. Ich hoffe sehr, dass wir in diesen angespannten Zeiten weiterhin den friedlichen Dialog miteinander pflegen, betroffenen ETH-Angehörigen mit Mitgefühl begegnen und uns gegenseitig stützen.

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