Braucht es bei E-Mails die Cc-Funktion?

Kolleg:innen in Cc setzen oder nicht? In der aktuellen «life»-Ausgabe diskutieren Andrea Germann und Marius von Holleben-Peiser über Vor- und Nachteile der Cc-Funktion von E-Mails. Was ist Ihre Meinung? Diskutieren Sie mit.

Pro

Andrea Germann, Event Management

Gemaltes Bild von Andrea Germann

Schon wieder ist es passiert. Nach einem verlängerten Wochenende quillt meine Mail-Inbox mit Dutzenden von neuen Nachrichten über. Und ich ahne: Mindestens der halbe Morgen ist bereits dahin. Wenn ich bei genauerer Durchsicht dann feststelle, dass ich bei vielen E-Mails «nur» einkopiert bin und ein beträchtlicher Teil aus Reply-to-all-Endlosschlaufen besteht, kann ich ein Seufzen nur schwer unterdrücken.

Es spricht also alles dafür, die Cc-Funktion im E-Mail, in prädigitalen Zeiten als Carbon Copy (Kohlepapierdurchschlag) bekannt, abzuschaffen. Wirklich?

Nein! Denn viel weniger die Verwendung von Cc führt zu verstopften Inboxen als der falsche Umgang damit. Doch zunächst ein Schritt zurück: Am Beginn einer zielgerichteten Kommunikation steht für mich die Wahl des richtigen Kommunikationsmittels. Ist eine E-Mail tatsächlich die passende Form für das, was ich mitteilen möchte? Wäre ein Anruf, eine Chat-Nachricht oder ein persönliches Treffen nicht zielführender? Wenn ich zum Schluss gekommen bin, dass eine Email das Mittel der Wahl ist, kommen wir zum nächsten Schritt: der Definition des Empfänger:innen-Kreises.

«Viel weniger die Verwendung von Cc führt zu verstopften Inboxen als der falsche Umgang damit.»
Andrea Germann

Was einfach tönt, bedarf einer genauen Überlegung: Wer ist von meiner Information tatsächlich betroffen? Wer soll meine Frage beantworten, meinen Auftrag ausführen? Diese Personen setze ich ins An- oder To-Feld. Ins Cc setze ich mit Bedacht diejenigen Menschen, von denen ich denke, dass für sie der E-Mail-Inhalt relevant oder mindestens «good to know» ist. Von diesen Adressaten erwarte ich jedoch explizit keine Reaktion oder Aktivität. Vielmehr nutze ich das Cc zur effizienten Information oder auch zur Wertschätzung: «Hey, ich möchte, dass du über dieses Thema informiert bist, das ist mir wichtig!»

Gerade in Zeiten des flexiblen Arbeitens, wenn ich meine Kolleginnen und Kollegen nicht mal eben über den Homeoffice-Tisch hinweg über etwas informieren kann, kommt der bewussten Verwendung der Cc-Funktion eine noch grössere Bedeutung zu. Das wahllose Einkopieren sämtlicher Hierarchiestufen – sowohl über, neben oder unter mir – darf aber gerne in der Versenkung verschwinden.

Es gilt: kurz innehalten und überlegen, was und wen wir erreichen wollen, entsprechend formulieren und adressieren und erst dann auf «send» drücken. Das wirkt Wunder. Unsere Inboxen werden es uns danken.

Kontra

Marius von Holleben-Peiser, Campus Services

Gezeichnetes Bild von Marius von Holleben-Peiser

 

Weitverbreitet und oft missbraucht: Die Cc-Funktion an sich ist, wie fast jede Technologie, erst einmal unschuldig. Es kommt drauf an, wie wir sie einsetzen. Und da beginnt das Dilemma. Das Cc-Feld zu benutzen, ist einfach und bequem. Wir sichern uns ab, indem wir andere mitlesen lassen, und wir üben Kontrolle aus, indem wir ein Cc einfordern.

In der Theorie ist die Cc-Funktion eine wunderschöne Sache – wie Kommunismus oder veganer Käse. In der Praxis ist sie allerdings eher ein Symptom für mangelndes Selbstvertrauen oder unreflektierten Kontrollzwang. Beides wird ungern eingestanden, manifestiert sich aber deutlich in der gängigen E-Mail-Praxis.

Natürlich gibt es Situationen, in denen es verständlich und sogar sinnvoll ist, eine oder mehrere weitere Personen ins Cc zu setzen. Genauso kann es vorkommen, dass ein Meeting mit über vier Personen, das länger als fünfzehn Minuten dauert, echte Ergebnisse liefert. Ausnahmen bestätigen die Regel. Und in der Regel ist beides nicht der Fall.

«Mit jeder Cc-Mail, die wir mitlesen bzw. senden müssen, steigt unser Mental Load.»
Marius von Holleben-Peiser

Wir alle tun es oder sind Opfer davon: gutgemeinte Ineffizienz. Dabei verdrängen wir zu oft die Folgen unseres Handelns. E-Mails sind die ultimativen Zeitfresser und somit Produktivitätskiller Nummer eins im Büroalltag. Einer Studie von Adobe zufolge verbringen Menschen durchschnittlich fünf Stunden am Tag damit, E-Mails zu lesen (Adobe E-Mail Usage Study, 2019). Cc-Mails tragen massgeblich zu diesem Problem bei.

Im Schatten dieses rein quantitativen Problems lauert jedoch eine noch schwerwiegendere qualitative Gefahr: unsere psychische Überlastung. Denn mit jeder Cc-Mail, die wir mitlesen bzw. senden müssen, steigt unser Mental Load – die psychische Belastung, die durch das Organisieren von Alltags- und Arbeitsaufgaben entsteht. 

Wenn wir also das nächste Mal mit dem Gedanken spielen, jemanden ins Cc-Feld zu kopieren oder selbst ein Cc einzufordern, sollten wir kurz innehalten und uns fragen: Macht das Sinn, ist das wirklich notwendig? Im Zweifel gilt: Finger weg vom Cc und Mut zu mehr Vertrauen, in uns selbst und unsere Mitarbeitenden.

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 4/2024 des Mitarbeitendenmagazins «life» erschienen.

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