Neu an der ETH: Walter Kaufmann
Walter Kaufmann, seit 2014 ordentlicher Professor für Baustatik und Konstruktion, erklärt, warum er zurück an die ETH Zürich gekommen ist und welche Faszination Brücken für ihn bis heute haben. Er hält seine Antrittsvorlesung am 21. Mai um 17:15 Uhr im Audimax.
Was hat Sie motiviert, letztes Jahr zurück an die ETH zu kommen?
Der Bauingenieurberuf ist sehr vielseitig und abwechslungsreich und bietet täglich neue Herausforderungen. Zudem hatte ich meinen Teil zur erfolgreichen Entwicklung der von mir geleiteten Firma beigetragen. Der Schritt zurück an die ETH Zürich, nach 15 Jahren in der Berufspraxis, war daher keineswegs naheliegend. Ausschlaggebend war für mich einerseits die einmalige Chance, an einer weltweit führenden Hochschule Forschung betreiben zu können.
Insbesondere verfügt die ETH über eine ausgezeichnete Infrastruktur für grossmassstäbliche Versuche, welche mich seit meiner Zeit als Doktorand hier faszinieren. Andererseits habe ich Freude an der Vermittlung von Wissen und an der Arbeit mit jungen Menschen, was in der Praxis zwar auch möglich ist, an der ETH aber einen wesentlich grösseren Teil meiner Arbeit ausmacht.
Was fasziniert Sie an Brücken?
Jede neue Brücke ist grundsätzlich ein Prototyp, muss aber natürlich auf Anhieb funktionieren. Im Entwurfsprozess liegt der Reiz darin, die immer wieder anders gelagerten, oft sehr vielschichtigen und manchmal auch widersprüchlichen Anforderungen und Randbedingungen wie Gestaltung, Baugrund, oder Verkehr während der Bauzeit zu einem schlüssigen Gesamtkonzept zu vereinen. Die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Entwurfsteam, im konstruktiven Dialog mit Experten anderer Fachgebiete, ist dabei ungemein inspirierend.
Die Beurteilung bestehender Brücken ist oft wesentlich anspruchsvoller als die Berechnung eines Neubaus. Leider haben dies manche Bauherren noch nicht erkannt und beauftragen ungenügend qualifizierte Ingenieure mit solchen, vermeintlich einfachen Aufgaben. Eine ziemliche Herausforderung wird eine Beurteilung vor allem dann, wenn die Brücke aufgrund der für Neubauten gültigen Normvorschriften eigentlich schon lange hätte einstürzen müssen.
Oft gelingt es Bauingenieuren, mit verfeinerten Analysemethoden die Tragsicherheit nachzuweisen, was in Anbetracht hoher Kosten und Verkehrsbehinderungen immer das Ziel sein muss. Dazu benötigen Bauingenieure ein vertieftes Verständnis des Trag- und Verformungsverhaltens, wobei neben analytischer Modelle insbesondere die Erfahrung aus den erwähnten grossmassstäblichen Versuchen äusserst wertvoll ist.
Was wollen Sie Ihren Studierenden mitgeben?
Natürlich muss ich den Studierenden das Fachwissen vermitteln, welches sie für das weitere Studium und für ihre zukünftige Tätigkeit benötigen. Sie sollen aber auch lernen, selbständig Probleme zu analysieren und Lösungsstrategien zu entwickeln. Mit meiner Praxiserfahrung möchte ich zudem versuchen, den Studierenden die Faszination unseres Berufs zu vermitteln, sie in ihrer Kreativität und in ihrem Selbstverständnis als Ingenieure zu fördern und an die Kernaufgaben des konstruktiven Ingenieurbaus – den Tragwerksentwurf und die Tragwerksanalyse – heranzuführen. Schön wäre es zudem, wenn ich ihnen dann noch eine gesunde Portion Berufsstolz und Verantwortungsbewusstsein mit auf den Weg geben könnte.
Zur Person
Walter Kaufmann ist seit Mai 2015 ordentlicher Professor für Baustatik und Konstruktion (Massiv- und Brückenbau). Er studierte und promovierte an der ETH Zürich. Nach seiner Zeit als wissenschaftlicher ETH-Mitarbeiter war er in führenden Positionen international renommierter Brückenbauunternehmen tätig.
Walter Kaufmann betreut Lehrveranstaltungen über Massiv- und Brückenbau. In der Forschung befasst er sich mit dem Trag- und Verformungsverhalten von Stahlbetontragwerken, der Beurteilung der Tragsicherheit bestehender Bauwerke, innovativen Tragwerken und Brücken sowie interdisziplinären Forschungsprojekten.
Antrittsvorlesung
«Herausforderungen im Betonbau» von Prof. Dr. Walter Kaufmann am 21. Mai 2015 um 17:15 Uhr im Audimax des Hauptgebäudes (HG F 30). Die Antrittsvorlesung findet auf Deutsch statt.