«Aus der Hochschulversammlung»
Die Hochschulversammlung konnte in den vergangenen Wochen zu verschiedenen Themen gegenüber der Schulleitung und dem ETH-Rat Stellung nehmen.
Damit sich Doktorierende wohlfühlen
Unter der Leitung von Antonio Togni, Prorektor Doktorat, hat eine Arbeitsgruppe Massnahmen im Bereich Doktorat erarbeitet. Die Ergebnisse mit dem Titel «Weiterentwicklung Doktorat» halten insbesondere die Rechte und Pflichten für Doktorierende und ihre Betreuenden verbindlich fest.
Im vorgeschlagenen Massnahmenkatalog wurde festgehalten, dass konkrete und verbindliche Regeln bezüglich wissenschaftlicher Entwicklung sowie auch ein Kodex für das zwischenmenschliche Miteinander notwendig sind. Die HV hat dazu nun einige Fragen und Hinweise formuliert, unter anderem: Sind konkrete Kontrollen und Massnahmen geplant, um die bereits vorhandenen und neuen Regeln auch wirklich umzusetzen?
Ausserdem begrüsst die HV grundsätzlich die Einführung einer Zweitbetreuung. Allerdings sollte die zweite Betreuungsperson eine Expertin bzw. eine Experte im betreffenden Forschungsgebiet sein, was nicht unbedingt mit einem Professorentitel verbunden sein sollte. Auch spricht sich die HV für die Möglichkeit aus, die zweite Betreuungsperson zu wechseln, wenn sich das Forschungsgebiet in eine ungeplante neue Richtung entwickelt – Spitzenforschung braucht die Möglichkeit, kurzfristig fachliche Anpassungen vorzunehmen.
Die HV regt ausserdem ein Mentoring/Buddy-System an. Personen, welche diese zusätzliche vertrauensvolle Betreuungsfunktion übernehmen, sollen die fachliche Begleitung ergänzen; Mentorinnen und Mentoren sollen keinen Einfluss auf die Forschung haben, und in erster Linie den zwischenmenschlichen Bereich abdecken.
Umgang mit Disziplinarfällen
Die Disziplinarverordnung der ETH betrifft Studierende, Doktorierende und Weiterbildungsstudierende. Eine Revision der Verordnung wurde notwendig, weil sich die bisherige Triage der Fälle nicht bewährt hat. Bei «geringfügigen Verstössen» war bisher die Rektorin zuständig. «Nicht geringfügige Verstösse» wurden dem Disziplinarausschuss zugewiesen. Entschieden wurde dies bisher im Bereich Rechtssetzung (Akademische Dienste).
Die bisherige Art der Triage hat dazu geführt, dass wegen der «Schwere» eines Regelverstosses der Disziplinarausschuss auch dann einberufen werden musste, wenn sowohl der Sachverhalt als auch die Beweislage klar waren und sich für den Disziplinarausschuss kein grosser Diskussionsspielraum ergab - weshalb man darauf hätte verzichten können, diesen einzuberufen.
In der revidierten Disziplinarverordnung ist vorgesehen, dass neu die Rektorin entscheidet, ob für ein Verfahren der Disziplinarausschuss einberufen wird. Die HV hat gegen diese Neuerung nichts einzuwenden, da sie den Prozess vereinfacht. Sie stellt allerdings fest, dass in der überarbeiteten Disziplinarordnung eine generelle Verschärfung vorgesehen ist («unehrliches Handeln» vs. «unredliches Handeln»). In ihrer Stellungnahme äussert sie sich dazu skeptisch und fragt, ob dies tatsächlich notwendig ist. Ausserdem zweifelt die HV daran, dass «unredliches Handeln» im Ernstfall auch wirklich nachgewiesen werden kann.
Mitarbeitende sind von der Disziplinarordnung nicht betroffen; allfällige Verfehlungen haben jedoch Konsequenzen auf personalrechtlicher Ebene zur Folge.
Die Autonomie der ETH Zürich bewahren
Im ETH-Bereich ist die Autonomie der einzelnen Institutionen ein wesentlicher Bestandteil der Governance. Die geplante Teilrevision des ETH-Gesetzes, zu der sich die HV äusserte, könnte insbesondere im Bereich Finanzen und Immobilien Einbussen nach sich ziehen.
Die HV unterstützt die Anstrengungen der Schulleitung, die ETH Zürich auch in Zukunft möglichst autonom und unabhängig führen zu können. Forschung und Lehre brauchen Flexibilität und insbesondere gebundene Finanzmittel limitieren diese Flexibilität. Der offene und liberale Raum an den Institutionen des ETH-Bereichs soll nicht eingeschränkt werden durch eine Überregulierung aufgrund einiger weniger Vorkommnisse.
Erhöhung des Vaterschaftsurlaubs
Bei der Teilrevision der Personalverordnung war aufgrund der umfangreichen Anregungen aus der ersten Lesung eine zweite notwendig. Die HV begrüsst insbesondere die Erhöhung des Vaterschaftsurlaubs von 10 auf 20 Tage, weist allerdings darauf hin, dass dies nur ein erster Schritt in Richtung Elternzeit sein kann, bei der beide Elternteile den jeweiligen Anteil an der Betreuungszeit frei unter sich ausmachen können.
Dies ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir sind noch weit vom Ziel einer Gleichbehandlung von Frau und Mann entfernt. Werner Wegscheider, Präsident Hochschulversammlung
Gleichzeitig moniert sie, dass einige geplante Massnahmen dem angestrebten Aufbau einer neuen Vertrauenskultur, wie sie vom ETH-Präsidenten gefordert wird, widersprechen: So etwa, dass der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin die Möglichkeit hat, bereits ab dem ersten Krankheitstag ein Arztzeugnisses zu verlangen. Enttäuscht hält die Hochschulversammlung ausserdem fest, dass die Chance verpasst wird, die anrechenbare Arbeitszeit für die Pflege und Organisation von Kranken im eigenen Haushalt an die Regelung des Bundes bzw. ans OR anzugleichen. Dies ist nicht mit den ETH-Grundsätzen bezüglich Dual Career und Chancengleichheit vereinbar.
Spin-off Richtlinien
Die Spin-off Richtlinien sollen den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Der Geltungsbereich umfasst anerkannte ETH Spin-off-Unternehmen und neu auch Unternehmen, die mit Know-How der ETH Zürich gegründet werden, aber keine ETH Spin-off-Anerkennung anstreben.
Die Hochschulversammlung begrüsst die Anpassung der Spin-off Richtlinien, welche insbesondere die Höhe der finanziellen Beteiligung von Professorinnen und Professoren an den Ausgründungen beschränkt. Sie weist jedoch darauf hin, dass eine Beteiligung an Spin-off Unternehmen nicht zulasten von Lehre, Forschung und Betreuung von Studierenden, Doktorierenden und Mitarbeitenden gehen darf.