Die ETH Zürich setzt auf Verantwortung in der Tierforschung und lehnt Verbote ab
Im vergangenen Jahr hat die ETH Zürich ihr Engagement für tierschonendere Forschungsmethoden verstärkt und die Anzahl der Tierversuche um 7,6 Prozent reduziert. Sie setzt auf das Prinzip, die Belastung der Tiere in der Forschung so gering wie möglich zu halten. Ein vollständiges Verbot von Tierversuchen lehnt die ETH jedoch grundsätzlich ab.
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Am 11. November 2024 haben die Initiant:innen die eidgenössische Volksinitiative «Ja zur tierversuchsfreien Zukunft» bei der Bundeskanzlei eingereicht. Diese Initiative fordert ein vollständiges Verbot von Tierversuchen in der Schweiz. Eine Annahme beträfe die ETH direkt: Alle Tierversuche für Grundlagenforschung, Bildung und Ausbildung sowie alle Tierversuche mit schwerer Belastung (sogenannter Schweregrad 3) wären dann sofort verboten, alle weiteren Tierversuche spätestens nach sieben Jahren. Ebenso wären Handel, Haltung und Zucht von Tieren für Tierversuche untersagt.
Die Dachorganisation der Schweizer Hochschulen, Swissuniversities, hat heute zur Initiative Stellung genommen: Ein «Ja zur tierversuchsfreien Zukunft» gefährdet den Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz und schadet der Schweizer Bevölkerung, da es wichtige neue Erkenntnisse und Lösungen besonders in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Umwelt verunmöglicht. Forschung mit Tieren werde in der Schweiz verantwortungsvoll durchgeführt und komme Mensch, Tier und Umwelt zugute, hält Swissuniversities fest, und erinnert daran, dass die Schweizer Stimmbevölkerung 2022 ein Verbot von Tierversuchen deutlich ablehnte. Auch der Schweizerische Nationalfonds SNF warnte am Montag vor den Folgen eines Verbots.
Weniger Tierversuche aus eigenem Antrieb
Ein vollständiges Verbot von Tierversuchen würde die Fortführung vieler Forschungsprojekte oder auch ganzer Forschungsrichtungen an der ETH verunmöglichen. Die gesellschaftliche Diskussion über Tierversuche findet die ETH Zürich hingegen wichtig und sinnvoll, da sie die Forschung an Alternativmethoden kontinuierlich vorantreibt. In den letzten Jahren wurden an der ETH verschiedene neue und tierschonendere Methoden entwickelt. Dementsprechend arbeiten Forschende schon aus eigenem Antrieb in Richtung weniger Tierversuche und nehmen die Stossrichtung der Volksinitiative auf. Zudem muss jeder Versuch mit Tieren in der Schweiz von einer kantonalen Veterinärbehörde bewilligt werden. Tierversuche werden nur bewilligt, wenn es keine gleichwertige Alternative gibt. In der Schweiz ist die Forschung mit Tieren somit bereits heute streng geregelt. Laut dem Ranking des Animal Protection Index (API) gehört die Schweiz zu den Ländern mit der strengsten Tierschutzpolitik und -gesetzgebung weltweit.
Mehr Forschung über belastungsarme Methoden
Um die Belastung von Tieren besonders in der biomedizinischen Grundlagenforschung so gering wie möglich zu halten und neue Erkenntnisse mit möglichst wenigen Tieren zu gewinnen, werden an der ETH Zürich die 3R-Ansätze stetig weiterentwickelt. 3R steht für «replace, reduce, refine» und umfasst diejenigen Forschungsansätze, die mit einem Minimum an Tieren und Belastung auskommen sowie das Tierwohl in der Haltung verbessern.
Die ETH hat in diesem Jahr ihre 3R-Forschung weiter intensiviert und den ETH 3R Hub eingerichtet. Der Hub entwickelt neue 3R-Forschungsansätze. Zudem bündelt er bestehendes und neues Wissen über 3R-Methoden an der ETH und unterstützt Forschungsgruppen und Studierende bei deren Umsetzung. Sein Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung der Tierschutzstandards.
Besonders in Forschungsprojekten, die völlig neues Terrain erkunden, gibt es oft noch keine Alternative zu Tierversuchen. Namentlich für Forschungsprojekte, die komplexe Zusammenhänge des Körpers untersuchen – wie zum Beispiel in der Neurowissenschaft, Immunologie oder Krebsforschung — stehen kaum Alternativen zur Verfügung. Man muss diese Forschungsfragen in einem Gesamtorganismus untersuchen. Entsprechend kann die medizinische, bio- und neurowissenschaftliche Forschung derzeit nicht ohne Tierversuche arbeiten, weil es keine gleichwertige Alternative gibt.
Ganz oder weitgehend untersagt wären neben biomedizinischen Laborversuchen mit Nagetieren wie Mäusen, Ratten oder mit Vögeln auch agrarwissenschaftliche Forschung zur Fütterung von Kühen, entwicklungs- und verhaltensbiologische Studien zu Rehen oder auch Untersuchungen für einen tierfreundlichen Wasserbau mit Fischen. Bei einem Verbot ist weiter anzunehmen, dass pharmazeutische Grundlagenversuche ins Ausland verlagert werden müssten.
Rückgang der Tierversuche an der ETH Zürich
Dass ETH-Forschende heute Tiere zunehmend gezielter, zurückhaltender und erst nach sorgfältiger Vorbereitung einsetzen, spiegelt sich in der Tierversuchsstatistik wider: An der ETH ging die Gesamtzahl der 2023 in Versuchen eingesetzten Tiere um 7,6 Prozent zurück. 2023 setzten ETH-Forschende insgesamt 27’990 Tiere in Versuchen ein. Die meisten Tiere sind Mäuse (92,9 Prozent) und Ratten (5,4 Prozent). Andere Tiere wie Vögel, Fische, Kühe und Rehe machten 1,7 Prozent aus.
Die Schweizer Gesetzgebung teilt Tierversuche in vier Schweregrade ein, die von keiner Belastung (Schweregrad 0) bis zu schwerer Belastung (Schweregrad 3) reichen. 54 Prozent aller Tierversuche, die 2023 an der ETH Zürich stattfanden, entsprachen den Schweregraden 0 und 1. Neun Prozent der Versuche erreichten Schweregrad 3.
Weitere Informationen
- Tierversuche an der ETH Zürich (inkl. Statistik 3R-Prinzipien)
- ETH 3R Hub (Leitbild und Forschungsfokus)
- externe Seite Eidgenössische Volksinitiative 'Ja zur tierversuchsfreien Zukunft'
- externe Seite Swissuniversities warnt: Initiative für ein Verbot von Tierversuchen in der Schweiz gefährdet den Fortschritt in Medizin und Umweltthemen
- externe Seite Tierversuche: Der SNF warnt vor den Folgen eines Verbots
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