Nachhaltigkeitsrankings für Hochschulen: Was ziehen wir daraus?
Die Bemühungen der ETH Zürich hinsichtlich Nachhaltigkeit wurden im vergangenen Monat gleich zweimal bewertet: Das «WWF University Rating 2024» und das «QS World University Rankings: Sustainability 2025» zeichnen dabei ein uneinheitliches Bild. Eine Einordnung.
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Im heute publizierten «QS World University Rankings: Sustainability 2025» belegt die ETH Zürich weltweit den zweiten Platz und wird damit als nachhaltigste Hochschule in Europa bewertet. Dies nur einen Monat nach der Veröffentlichung des schweizweiten «WWF University Ratings 2024», welches der ETH für ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen ein mittelklassig attestierte. Zudem hat sich die Platzierung in beiden Ranglisten verändert. Die vorgehaltenen Spiegel bieten Anlass zur Reflexion und werfen Fragen auf.
Wie kommt es zu den unterschiedlichen Bewertungen? Welchen Nutzen zieht die ETH Zürich daraus? Und welche Schlüsse lassen sich aus den Analysen für eine noch stärkere Verankerung der Nachhaltigkeitskultur an Universitäten ziehen?
An der vorangehenden Datenaufbereitung für die beiden externen Bewertungen waren Institutional Research, ETH Diversity und ETH Sustainability beteiligt. Nun haben sie sich die Resultate der beiden Analysen zusammen mit der Abteilung Hochschulkommunikation angeschaut, denn die Ranglisten generieren oft beachtliche Aufmerksamkeit.
«Die internen Diskussionen um die Resultate der Bewertungen betrachten wir insbesondere im Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung als sehr fruchtbar.»Stephan Zimmermann, Leiter Institutional Research
Stephan Zimmermann von Institutional Research ordnet ein: «Die ETH Zürich hat sich 2024 bewusst für eine aktive Dateneingabe bei den beiden Rankings respektive Ratings entschieden. Einerseits, um die Auswirkung der methodischen Veränderungen gegenüber den vorherigen Publikationen beider Agenturen zu verstehen. Andererseits betrachten wir die internen Diskussionen um die Resultate der Bewertungen generell als wichtig und insbesondere im Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung als sehr fruchtbar.»
Rankings: Eine methodische Co-Creation
Externe Agenturen erstellen Nachhaltigkeits-Ratings und -Rankings für Hochschulen mit der Absicht, Benchmarks zu setzen, für ökologische und soziale Auswirkungen zu sensibilisieren, die Nachhaltigkeitsstrategien und Massnahmen der Hochschulen zu überprüfen oder ihre Beiträge zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen anzuerkennen. Dabei sind die externen Agenturen für die methodische Weiterentwicklung ihrer Ratings und Rankings auf die wissenschaftliche Expertise und kulturelle Vielfalt der Hochschulen angewiesen, die sie bewerten.
Die ETH Zürich ist im externe Seite Advisory Board des QS World University Rankings vertreten. Mit dem WWF steht sie im Rahmen von diversen Netzwerkaktivitäten im Themenfeld externe Seite Bildung für Nachhaltige Entwicklung und allgemein für eine nachhaltige Hochschullandschaft seit vielen Jahren im engen Austausch.
Nachhaltigkeit in der Schweizer Hochschullandschaft
Das «WWF University Rating 2024», welches seit der ersten Ausgabe im Jahr 2017 bereits viermal durchgeführt wurde, zeigt exemplarisch, dass Nachhaltigkeit aus der Schweizer Hochschullandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Das ist zum einen auf die strukturelle Förderung im Rahmen der BFI-Botschaften 2016-2020 und 2021-2024 zurückzuführen, die eine nachhaltige Entwicklung zu einer Kernaufgabe hiesiger Hochschulen machten. Zum anderen haben die vom WWF in Zusammenarbeit mit der econcept AG durchgeführten Analysen selbst ihren Anteil daran. Das explizite Ziel der beiden Organisationen im diesjährigen Rating ist, Hochschulen in ihrer «Dritten Mission» – über Forschung und Lehre hinaus – zu bestärken, eine aktive Rolle für positiven gesellschaftlichen Wandel einzunehmen.
Im aktuellen Rating zeigt sich, dass alle 29 Schweizer Hochschulen daran arbeiten. Die meisten befinden sich in einem breiten Mittelfeld, während vier Hochschulen als «ambitioniert» bezeichnet werden. Die ETH Zürich hat gegenüber dem Rating von 2021 einige Punkte in der Bewertung verloren (siehe auch ETH-News 2021) und gehört aktuell zum «oberen Mittelfeld».
Laut WWF berücksichtigt die Bewertung den spezifischen Typ und die besonderen Merkmale der Hochschulen, sodass direkte Vergleiche zwischen ihnen nur bedingt möglich sind. «Das Rating sollte daher nicht als direkter Vergleich der Hochschulen betrachtet werden, sondern als Benchmarking mit dem WWF-Ideal einer nachhaltigen Hochschule», schreibt er in seiner flankierenden externe Seite Medienmitteilung. Allerdings ist aufgrund methodischer Anpassungen ein Vergleich zwischen den Bewertungen von 2021 und 2024 schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Es bleibt also bei einer Momentaufnahme.
Bestehende Handlungsfelder bestätigt
Das «QS World University Rankings: Sustainability 2025» wurde zum dritten Mal durchgeführt. Auch hier gibt es methodische Veränderungen gegenüber dem letztjährigen Ranking, in welchem die ETH Zürich weltweit auf externe Seite Rang 18 platziert wurde (Rang 8 in Europa). Unabhängig von allfälliger Kritik an methodischen Herangehensweisen und Absichten lassen sich aus den beiden Bewertungen von WWF und QS Handlungsfelder ableiten.
«Wir schätzen solche Rankings als Benchmark, um unsere Bemühungen im Bereich Diversity, Equality und Inklusion zu verbessern.»Hanna Wolf, Mitarbeiterin ETH Diversity
Verbesserungspotential sieht das QS Sustainability Ranking im Themenfeld Equality, Diversity und Inclusion (EDI), was die Wichtigkeit von Weiterentwicklungen im Bereich sozialer Nachhaltigkeit unterstreicht. Hanna Wolf von ETH Diversity sagt dazu: «Wir schätzen ein solches Ranking als Benchmark, um unsere Bemühungen im Bereich Diversity, Equality und Inklusion zu verbessern, auch wenn diese Themenfelder stark von strukturellen und gesellschaftlichen Faktoren abhängen, die ausserhalb des Einflussbereiches einer einzelnen Hochschule liegen.»
Des Weiteren weisen sowohl QS als auch WWF auf Schwächen im Bereich der Nachhaltigkeits-Governance und in der Förderung von Nachhaltigkeitskompetenzen hin. Tatsächlich sind diese Handlungsfelder für die Entwicklung der ETH Zürich von zentraler Bedeutung und derzeit Teil laufender Veränderungsprozesse.
Nachhaltigkeit nimmt bei den neuen institutionellen Prioritäten einen hohen Stellenwert ein und auch der Entwicklungsplan 2025-2028 als neu formulierte strategische Grundlage zeugt von einem breit verankerten Nachhaltigkeitsverständnis der Hochschule. In Kombination mit dem transformativen Charakter des Programms ETH Netto-Null und dem Projekt PAKETH werden diese Entwicklungen die überfachlichen Kompetenzen zu einer nachhaltigen Entwicklung ETH-weit stärken. Im Bereich Nachhaltigkeits-Governance laufen seit längerem die Vorbereitungen für die Konstituierung eines «Sustainability Council». Dieses wird die strategische Berücksichtigung einer nachhaltigen Entwicklung ergänzend zum Management durch den Vizepräsidenten für Infrastruktur und Nachhaltigkeit und den Stab ETH Sustainability unterstützen (Intern Aktuell: Neuer Name für VPIN).
Schweizer Hochschulen schliessen sich zusammen
Rankings und Ratings ordnen Hochschulen nach bestimmten Kriterien ein und machen sie scheinbar vergleichbar. Weil verschiedene Rankings unterschiedliche Aspekte betrachten und individuelle Kriterien heranziehen, können sie bei vermeintlich gleichen Themen zu unterschiedlichen Aussagen gelangen. Auch innerhalb einer Rangliste sind direkte Vergleiche oftmals weniger aussagekräftig als suggeriert, wenn Bewertungen individualisiert erfolgen, zu stark vereinfachen oder sich die Methodik mit der Zeit verändert. Dennoch können diese Ranglisten wertvolle Hinweise geben, wie die Bestrebungen von Aussenstehenden interpretiert werden.
«Ein umfassendes Nachhaltigkeits-Reporting ist ein zentrales Werkzeug eines Entwicklungsprozesses hin zu sozialer und ökologischer Verantwortung.»Sebastian Kahlert, Nachhaltigkeitsmanager bei ETH Sustainability
Für die Glaubwürdigkeit einer nachhaltigen Hochschule ist schlussendlich eine grösstmögliche Transparenz darüber entscheidend, wie die selbst gesetzten Ziele erreicht werden. Sebastian Kahlert von ETH Sustainability sagt dazu: «Es ist wichtig, dass wir ein umfassendes Nachhaltigkeits-Reporting als zentrales Werkzeug im Entwicklungsprozess hin zu sozialer und ökologischer Verantwortung verstehen und es nicht einfach als Selbstzweck durchführen.»
In dieser Hinsicht löste das diesjährige WWF University Rating (2024) eine neue Dynamik unter den Schweizer Hochschulen aus, die auch zu einer stärkeren Zusammenarbeit im Bereich Rating und Reporting führt. Gemeinsam mit der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH) organisierte die ETH Zürich am Sustainable University Day (SUD) am 12. November 2024 einen gut besuchten Workshop zu diesem Thema.
Das Ergebnis: Die Schweizer Hochschulen sind interessiert daran, ein gemeinsames Verständnis von Reporting Standards zu entwickeln, welches alle Akteure dazu befähigt, ihre nachhaltige Wirkung zu verstärken. Eine übergreifende Arbeitsgruppe wird das Vorhaben nun voranbringen und damit auch die externe Seite Nachhaltigkeitskultur an Schweizer Hochschulen stärken.