Dual-Use und Sanktionen: Bei diesen Bewerbungen braucht es eine Sicherheitsprüfung

Sicherheitsfragen werden bei der Zulassung von Doktorierenden und Studierenden, der Einladung von Gästen und bei Anstellungen immer wichtiger. Die ETH hat das Vorgehen dazu genauer geregelt.

An der ETH forschen und lehren Menschen aus der ganzen Welt, das ist für den Erfolg der Hochschule zentral. Weil sich die weltpolitische Lage ändert und weil Kriege ausgebrochen sind, führt diese Internationalität auch zu Herausforderungen, die immer mehr Angehörige der ETH betreffen.

Bei der Zulassung von Master-Studierenden, Doktorierenden, aber auch bei der Einladung von wissenschaftlichen Gästen und bei Anstellungen müssen ETH-Angehörige geltende nationale und internationale Sanktionen und die Regeln der Exportkontrolle berücksichtigen. Sonst laufen sie Gefahr, unbeabsichtigt gegen gesetzliche Bestimmungen und die Compliance der ETH zu verstossen. Die ETH muss ihre Mitarbeitenden im Rahmen der Fürsorgepflicht vor solchen Verstössen schützen.

Betroffen sind davon in erster Linie die Professorinnen und Professoren, da bei Ihnen Bewerbungen für ein Doktorat eingehen und sie wissenschaftliche Gäste einladen. Bei Unklarheiten erhalten sie Unterstützung von der Exportkontrollstelle oder deren Kontaktpersonen in den Departementen. Bei der Zulassung von Masterstudierenden stehen die zentrale Zulassungsstelle und die Departemente in der Verantwortung, bei Anstellungen die jeweiligen Vorgesetzten.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen Vorgehen:

Weshalb braucht es genauere Regeln?

Technologie, die an der ETH entsteht und die sich für den militärischen Einsatz eignet – dazu zählt auch Wissen – unterliegt den gesetzlichen Exportkontroll- und Sanktionsbestimmungen. Dabei können auch Sanktionen greifen, die andere Staaten verhängt haben. Die ETH muss das Risiko eines Missbrauchs minimieren. Wenn ausländische Studierende, Mitarbeitende oder Gäste Zugriff auf Dual-Use-Güter oder Schlüsseltechnologien erhalten könnten, muss für ihre Bewerbungen deshalb eine Sicherheitsprüfung durchgeführt werden.

Die ETH möchte die akademische Freiheit innerhalb ihrer Institution aufrechterhalten: Alle, die zugelassen oder angestellt sind, sollen möglichst ohne Hürden forschen, lehren und lernen und arbeiten können.

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat mit einem breiten Sensibilisierungsprogramm deutlich gemacht, dass Universitäten ein beliebtes Ziel für die Ausforschung durch ausländische Nachrichtendienste – also für Spionage und Proliferation – sind (siehe Intern-Aktuell-Bericht vom April 2023). Das Thema beschäftigt zurzeit zahlreiche Universitäten und Hochschulen. Rechtsfälle wie beispielsweise in externe Seite den USA und in externe Seite Norwegen zeigen, dass der Handlungsbedarf wächst.

Welche Fachgebiete sind davon betroffen?

An der ETH sind fast alle Fachgebiete davon betroffen, da die meisten Technologien auch militärisch genutzt werden können oder zu den Schlüsseltechnologien zählen. Insbesondere (aber nicht ausschliesslich) zählen dazu:

Additive Fertigung, Angewandte Chemie, Angewandte Physik, Biochemie und Chemieingenieurwesen, Biotechnologien, Blockchain, Chemische Technologie, Cyber-Überwachung, Digitale Technologien, Elektrotechnik und Maschinenbau, Engineering und Fertigung, Fortschrittliche und intelligente Werkstoffe, Künstliche Intelligenz, Luft- und Raumfahrttechnik, Messtechnik und Sensorik, Nanotechnologie, Nukleartechnologien, Photonik und Lichttechnik, Produktions- und Verfahrenstechnik, Quantentechnologien, Telekommunikation und Informationstechnik

Die Sicherheitsprüfung betrifft die angewandte Forschung ab Technologie-Reifegrad 4 (externe Seite Technology Readiness Level, TRL) Grundlagenforschung ist generell nicht betroffen.

Wer muss überprüft werden?

Vorab: Die Prüfung gilt nicht für bereits angestellte, zugelassene oder eingeladene Personen.

Die Prüfung gilt für alle Bewerbungen für ein Doktorat, ein Masterstudium, eine Anstellung oder einen Gastaufenthalt aus Ländern, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNO), von den USA oder der EU sanktioniert werden. Sie gilt auch für Personen aus Staaten, welche von der Schweiz bezüglich Proliferation als Risikoländer eingestuft werden. Die Exportkontrollstelle hat als Hilfsmittel eine Download Liste der Embargo- und Risikoländer (PDF, 97 KB) erstellt.

Nach welchen Kriterien wird die Sicherheit geprüft?

Vor einer Zulassung, einer Anstellung oder einer Einladung werden die folgenden Kriterien überprüft. Sind mehrere erfüllt, empfiehlt die ETH, eine Bewerbung abzulehnen. Dabei gibt es keine Automatismen: Jede Bewerbung wird einzeln geprüft und kein Kriterium führt für sich alleine und pauschal zu einem Ausschluss.

  1. Eine Vorbildung an einer Institution mit einem Sicherheitsrisiko. Das sind militärnahe Universitäten oder Institutionen, die mit Sanktionen belegt sind. Die ETH orientiert sich dabei an Sanktionslisten der Schweiz sowie der EU, USA und des Vereinigten Königreichs.
  2. Das Herkunftsland, wenn es Sanktionen unterliegt (siehe oben) oder wenn Exportkontrollbestimmungen für Dual-Use-Güter greifen. Dabei wird neben der Nationalität auch der Lebensmittelpunkt und die Biografie berücksichtigt.
  3. Die Finanzierung durch ein Stipendium eines sanktionierten Staates, durch ein kritisches Stipendien- oder Austauschprogramm oder aus unlauteren oder bedenklichen Quellen.
  4. Das Fachgebiet oder der Studiengang, wenn sie zur angewandten Forschung (ab TRL 4) zählen, wenn sie einer verstärkten behördlichen Aufsicht (Embargo) unterliegen, wenn sie unter geltende Exportkontrollbestimmungen für Dual-Use-Güter fallen, oder wenn das Forschungsthema in die Kategorie der kritischen Forschungsgebiete fällt oder kritische Technologien anwendet.

Wer ist für die Prüfung verantwortlich?

  • Die Professuren prüfen Bewerbungen zum Doktorat und für Anstellungen von wissenschaftlichen oder administrativ-technischen Mitarbeitenden. Ebenso prüfen sie wissenschaftliche Gäste, die sie einzuladen gedenken. Bei Unklarheiten erhalten sie Unterstützung von der Exportkontrollstelle oder deren Kontaktpersonen in den Departementen.
  • Die Zulassungsstelle ist zusammen mit der Exportkontrollstelle zuständig für die formale Prüfung der Bewerbungen zum Masterstudium. Sie gibt diese danach an die Departemente für die fachliche Beurteilung weiter. Sicherheitsfragen spielen bei beiden Beurteilungen eine Rolle.
  • Führungspersonen aus allen anderen Bereichen prüfen Bewerbungen für Anstellungen, wenn sie aus den oben genannten Ländern stammen.

Was geschieht im Zweifelsfall?

Dann analysiert die Exportkontrollstelle das Dossier, wenn erforderlich im Austausch mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, der für die Einhaltung von Exportkontrollbestimmungen zuständigen Bundesbehörde.

Treffen bei einer Bewerbung mehrere Kriterien zu und die Exportkontrollstelle empfiehlt eine Ablehnung, kann die Professur oder die vorgesetzte Person eine Wiedererwägung über die Exportkontrollstelle beantragen (Ausnahme: Masterstudium). Diese Dossiers werden einem Ausschuss der Schulleitung vorgelegt. Er setzt sich zusammen aus dem Rektor Günther Dissertori, der Vizepräsidentin für Personalentwicklung und Leadership Julia Dannath und dem Vizepräsidenten für Forschung Christian Wolfrum. Der Ausschuss fällt den abschliessenden Entscheid.

Sicherheitsprüfung

Grundregeln der Exportkontrolle für die Sicherheitsprüfung

Download Merkblatt für die Beurteilung von Bewerbungen zum Doktorat (PDF, 160 KB)

Download Merkblatt für die Beurteilung von Bewerbungen zum Masterstudium (PDF, 159 KB)

Kontakt:

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