
Das Klima in der Krise: Wie fossile Brennstoffe die menschliche und planetare Gesundheit beeinträchtigen
Die Klimaerwärmung bedroht die Gesundheit von Mensch und Erde. Die Forschung weist darauf hin, dass unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in erster Linie zu den menschgemachten Klimaextremen beiträgt – von Dürren bis hin zu Starkregen und Überschwemmungen. Waldbrände, Luft- und Umweltverschmutzung beeinträchtigen Gemeinden auf der ganzen Welt. Strategien und Massnahmen zur Minderung von Klimafolgen sind eine gemeinsame, globale Verantwortung.
Ein Bruchteil eines Grades globale Erwärmung mag unbedeutend klingen, reicht aber tatsächlich aus, um Ökosysteme, die menschliche Gesundheit und die Gesellschaft dauerhaft zu beeinträchtigen. Gemeinden auf der ganzen Welt erleben bereits verheerende Folgen von Klimaextremen, von Dürren und katastrophalen Regenfällen und anschliessenden Überschwemmungen bis hin zu häufigeren Waldbränden und steigenden Gesundheitskrisen durch Hitzeextreme. Kunststoffe sind eine weitere Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Umwelt, die ebenfalls auf die Nutzung fossiler Brennstoffe zurückgeht.
Drei führende Forscher:innen – eine Klimawissenschaftlerin, eine auf Lungengesundheit spezialisierter Mediziner und ein Wissenschaftler für globale öffentliche Politik - geben ihre Einblicke. Sie betonen, dass selbst mildernde Lösungen an der Basis Einfluss auf die globale Klimagovernance und -politik haben können.
Wie sich Klimaextreme entwickeln
«Extreme Trockenheit und starke Regenfälle sind eindeutige Symptome für ein Klima in der Krise», warnt Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Dynamik an der ETH Zürich und gewählte Vizepräsidentin des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC).
Seneviratne beschreibt die zunehmende Unbeständigkeit des Wasserkreislaufs: Steigende Temperaturen beschleunigen die Verdunstung, trocknen Böden und Vegetation aus, verstärken Dürrezustände und verringern die Fähigkeit der Pflanzen, CO2 aufzunehmen. Gleichzeitig speichert eine wärmere Atmosphäre mehr Feuchtigkeit – etwa sieben Prozent mehr pro Grad Celsius Anstieg – was zu selteneren, aber intensiveren Regenfällen führt. Infolgedessen kommt es in vielen Regionen zu längeren Trockenperioden, gefolgt von verheerenden Starkniederschlägen und Überschwemmungen.
Die Folgen sind gravierend: Dürren führen zu Wasserknappheit, legen die Landwirtschaft lahm und erhöhen die Gefahr von Waldbränden. Umgekehrt führen extreme Regenereignisse zu tödlichen Sturzfluten. Im vergangenen Herbst verloren in Valencia, Spanien, über 230 Menschen ihr Leben. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Überschwemmungen gingen weit über die lokalen Gemeinden hinaus und unterbrachen die Lieferketten in mehreren Ländern.
«Ich sehe es als unsere gemeinsame Pflicht, wirksame Massnahmen zu ergreifen, um die sich verschärfende Klimakrise abzumildern», sagt Seneviratne. Ein frühzeitiges Verbot von Benzinautos oder Ölheizungen und der Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien wie Solar-, Wind- und Wasserkraft könnten helfen, die globale Erwärmung deutlich zu verlangsamen.
Rauch schädigt den ganzen Körper
Abgesehen von den unmittelbaren Zerstörungen stellen klimabedingte Katastrophen eine grosse Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. Die Waldbrände in Kalifornien und Kanada haben dazu geführt, dass Rauch und Feinstaub auch Tausende von Kilometern entfernt die Luft verschmutzen.
«Waldbrände und die Verbrennung fossiler Brennstoffe setzen mikroskopisch kleine Schadstoffe frei, die nicht nur die Lungen schädigen, sondern Immunreaktionen auslösen, die den gesamten Körper betreffen», erklärt Mary Berlik Rice, MD und Direktorin des Center for Climate, Health, and the Global Environment an der Harvard T.H. Chan School of Public Health.
Gemäss Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es kein sicheres Mass für die Belastung durch Feinstaub. Jahrzehntelanges Einatmen von Schadstoffen trägt zu Erkrankungen der Atemwege, Bluthochdruck, Schlaganfällen, Diabetes, neurologischen Störungen und sogar psychischen Erkrankungen bei. Dr. Rice vergleicht die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen mit der Tabakabhängigkeit – beide sind mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen verbunden.
Ihre Empfehlungen? Eine schnelle Abkehr von fossilen Brennstoffen und Investitionen in Gemeinden, die am stärksten vom Klimawandel und der Umweltverschmutzung betroffen sind. «Es besteht ein dringender Bedarf an Massnahmen zur Verringerung des Waldbrandrisikos, zur Vorbereitung auf künftige Waldbrände und zur Entwicklung von Leitlinien für die öffentliche Gesundheit, um Gesundheitsrisiken zu minimieren", sagt Rice.
Plastikverschmutzung inspiriert globales Abkommen
Der weit verbreitete Einsatz von Kunststoffen in unserem Alltag untergräbt die weltweiten Bemühungen, fossile Brennstoffe einzudämmen. Erdöl, Erdgas und Kohle sind die Hauptquelle für CO2-Emissionen, die den menschgemachten Klimawandel verursachen. Fossile Brennstoffe sind auch die Hauptquelle von Rohstoffen für die Kunststoffproduktion, die ebenfalls zum Klimawandel beiträgt und dazu führt, dass Schadstoffe bis 1.000 Jahre in der Umwelt verbleiben. Inzwischen finden sich Mikroplastikfragmente in unseren Blutbahnen und in unseren Gehirnen.
«Plastik wurde ursprünglich als nachhaltige Alternative zu Elfenbein und Schildkrötenpanzern erfunden, doch heute ist es eine der grössten Umweltbedrohungen», sagt Maria Ivanova, Direktorin der School of Public Policy and Urban Affairs an der Northeastern University.
Ivanova schlägt vor, den Fokus von unserem Kohlenstoff-Fussabdruck auf den potenziell positiven Einfluss unseres Handabdrucks zu verlagern – einen praktischen Ansatz zur Bewältigung von Umweltproblemen einschliesslich fossiler Brennstoffe und Plastikverschmutzung.
Ivanova verweist auf Ruanda, das von der Fläche her mit dem US-Bundesstaat Massachusetts vergleichbar ist. Das Land hat Einwegkunststoffe verboten, seine Wirtschaft umgestaltet und spielt bei den laufenden Verhandlungen der Vereinten Nationen über ein globales Plastikabkommen eine Vorreiterrolle. Ruanda beweist, dass auch kleine Staaten und Gemeinden globale Umweltmassnahmen vorantreiben können.
Klimaforschung unterstützt Politik
Angesichts der zunehmenden Häufigkeit und Schwere von Klimaextremen ist Forschung entscheidend für die Entwicklung von politischen Strategien und Massnahmen. Durch immer feinere Klimamodelle, bessere Überwachung der öffentlichen Gesundheit und die Förderung von Nachhaltigkeitsinitiativen stellen Forschende den politischen Entscheidungsträger: innen und der Öffentlichkeit die notwendigen Instrumente zur Verfügung, um die dringendsten klimatischen Herausforderungen der Welt zu bewältigen.
Weitere Informationen
Sonia Seneviratne, ETH Zürich, Mary Berlik Rice, Harvard, und Maria Ivanova, Northeastern, werden während der Jahrestagung der American Association for the Advancement of Science (AAAS 2025) in Boston am 14. Februar 2025 um 10:00 Uhr in einer wissenschaftlichen Sitzung sprechen und an einer von Justin Worland, TIME Magazine, moderierten Diskussionsrunde teilnehmen
Weitere Informationen über die AAAS-Session, die gemeinsam mit der ETH Zürich, Swissnex und dem Wissenschaftsbüro der Schweizerischen Botschaft in den Vereinigten Staaten organisiert wurde
externe Seite Climate Extremes: Global, Health, and Community Impacts
Weitere Informationen zu den Referenten und ihrer Forschung sowie Details zur Präsenz der ETH Zürich in Boston
Kontakt für Medien
Marianne Lucien, Referentin für Internationale Kommunikation, ETH Zürich