AMZ Racing: Elektro-Flitzer von Studierenden mit historischer Saison

Erst vergangenes Jahr knackte der Akademische Motosportverein Zürich AMZ einen Weltrekord. Nun doppelt das Team von Studierenden ETH Zürich und der Hochschule Luzern mit Leistungen nach, die noch kein anderes Studenten-Racing-Team bisher erreicht hat.

Das Team am Jubeln, einer streckt den Pokal in die Höhe
Das Studierendenteam AMZ Racing hatte diese Saison einige Siege zu feiern. (Bild: ©FSG - Lodholz)

In Kürze

  • Seit 2010 entwickeln Studierende jedes Jahr ein neues elektrisches Rennauto.
  • Der «mythen» von 2023 brach den Weltrekord für eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h.
  • Bei der diesjährigen Formula Student überbietet das Team sich selbst und belegt so viele Spitzenplätze wie noch nie.

Manchmal sind es 1,1 Sekunden, die darüber entscheiden, ob man vergessen gehen oder in den Geschichtsbüchern stehen wird. Studierende vom Akademischen Motorsportverein Zürich (AMZ), vor allem von der ETH Zürich, haben sichen diesen Eintrag jetzt verdient. Dabei hatte es diese Renn-Saison zwischenzeitlich gar nicht so gut ausgesehen.

Mitte Juli in Österreich. Der Elektro-Flitzer «dufour» bleibt während des Rennens stehen. Wäre da nur nicht dieser verflixte Fehler am elektrischen System gewesen. Dann hätte sich das Auto auf der Strecke in den ersten Rennminuten nicht automatisch abgeschaltet. Dann hätten die über 40 ETH-Studierenden vom Team AMZ Racing den ersten Platz wohl nach Hause gefahren. Aber die Regeln im Endurance-Rennen von «Formula Student» sind nun mal so: von aussen darf nicht eingegriffen werden.

Teildisziplinen von Schikanen-Fahren bis Business Plan

Curdin Deplazes nennt den 22km-Kurs die «Königsdisziplin». «Abgesehen von der Endurance-Disziplin war es ein sehr erfolgreiches Event in Österreich», sagt der Chief Operating Officer und Antriebschef von AMZ Racing, der im Sommer seinen Maschinenbau-Bachelor an der ETH Zürich abgeschlossen hat.

Mit ihren Skills landen die ETH-Studierenden schliesslich Ende Juli auf dem österreichischen Red Bull Ring gesamthaft auf Platz sieben – mit fünf Podiumsplätzen von acht Teildisziplinen. In der «Acceleration» – eine Strecke von 75 Meter die aus dem Stillstand so schnell wie möglich absolviert werden muss – stand AMZ Racing sogar auf Platz eins.

Das Team wurde 2006 an der ETH Zürich gegründet, seit 2010 tüfteln die Studierenden an ausschliesslich elektrisch angetriebenen Boliden. Es ist eines von verschiedenen Fokusprojekten wie die Transport-Kapsel «Swissloop» oder das Elektroflugzeug «e-Sling», in welchen ETH-Studierende ihr erworbenes Wissen anwenden und – learning by doing – verbessern.

Erster Doppelsieg mit dem gleichen Fahrzeug in der Formula-Student-Geschichte

Wer aber nach der Panne im Endurance-Rennen von Österreich den Eindruck erhält, AMZ Racing hätte eine mittelmässige Saison hinter sich, der irrt. Beim Wettbewerb im Wallis, kurz vor dem Rennen in Österreich, stand AMZ Racing zuoberst auf dem Podest. Und liess dabei in der Gesamtwertung die 14 anderen Teams deutlich hinter sich.

So funktioniert die Formula Student

Der internationale Konstruktionswettbewerb «Formula Student» ist eine prestigeträchtige Event-Reihe, an der Hunderte Teams von Studierenden aus der ganzen Welt teilnehmen. Im Gegensatz zu professionellen Rennserien wie etwa die «Formel E» müssen die Hochschul-Teams aber nicht an allen etwa 25 jährlichen Wettbewerben teilnehmen. Ausserdem ist es seit 2022 möglich, ein Fahrzeug nicht nur mit, sondern auch ohne Fahrer:in – also autonom – antreten zu lassen. Neben dynamischen Disziplinen werden bei den Formula-Student-Wettbewerben auch statische Disziplinen geprüft. Dazu gehört etwa der Business-Plan oder das Engineering-Design. Es geht nicht nur um Geschwindigkeit, sondern um ein Gesamtpaket von bis zu elf Teildisziplinen, die einzeln bepunktet und dann addiert werden.

Zwei Wochen später, Anfang August. Deplazes und sein Team wollen es wissen. Er nennt es, ganz Ingenieur, «eine neue Herausforderung». Denn normalerweise priorisieren die Studierenden-Teams hart: entweder manuelles oder autonomes Fahren. Und setzen alles auf eine Karte.

AMZ Racing aber zieht bei der Formula Student in Ungarn zwei Asse aus dem Ärmel: In 15 von 21 Disziplinen steht das ETH-Team mit ihrem Auto «dufour» auf dem Podest und gewinnt somit beide Gesamtwertungen.

Porträtfoto von Curdin Deplazes
«Dieses Ergebnis markiert den ersten Doppelsieg eines einzelnen Autos am selben Event in der Geschichte der Formula Student»
Porträtfoto von Curdin Deplazes
Curdin Deplazes

sagt Deplazes nicht ohne Stolz. Er ist schon seit 2021 bei AMZ Racing dabei.

Am Beschleunigungsweltrekord vom vergangenen Jahr war jedoch niemand vom diesjährigen Team beteiligt – denn die Team-Zusammensetzung ändert sich wegen Studienabgänger:innen und Erstsemestern ständig. Vielleicht daher auch der Ehrgeiz.

Und der packte sie so richtig am deutschen Hockenheimring.

Krimi am prestigeträchtigsten Formula-Student-Rennen

«Es ist der grösste Formula-Student-Event weltweit und geniesst in der Community das höchste Ansehen», sagt Deplazes. In Deutschland liefert sich das ETH-Zürich-Team mit anderen Studierenden ein heisses Rennen.

Das Team der Technischen Universität Dresden kann bei seinem Heim-Rennen die ersten dynamischen Disziplinen mit und ohne Fahrer:in knapp für sich entscheiden. In einer Disziplin hat AMZ Racing die Nase vorne, in einer weiteren muss sich das ETH-Zürich-Team um nur sieben Hundertstelsekunden geschlagen geben.

Im Trackdrive schliesslich – dem «Endurance»-Pendant mit gekürzter Strecke für selbstfahrende Boliden – gelingt AMZ der Coup. Mit einem «sehr knappem Vorsprung» von 1,1 Sekunden, wie Deplazes erleichtert sagt, gewinnen sie diese Teildisziplin mit 200 von 200 möglichen Punkten. Manuell und autonom zusammengerechnet reichen neun Podien für einen weiteren Doppelsieg und damit einen starken Saison-Abschluss.

«Alles in allem ist es die wahrscheinlich erfolgreichste Saison, die ein Team jemals hatte», sagt Deplazes. Was er für die nächste Saison geplant habe? «Ich werde den Platz für andere freigeben und mich auf meinen Master in Energiewissenschaften konzentrieren. Als Alumnus werde ich dem Team erhalten bleiben.»

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