Top im Treppensteigen

Sie haben sich viel vorgenommen: Neun Studierende der ETH Zürich und der ZHdK wollen es mit ihrem Rollstuhl «Scewo» beim Cybathlon mit Entwicklern renommierter Hersteller und Hochschulen aus der ganzen Welt aufnehmen.

Scewo Training am Balgrist
Geschäftiges Treiben am Campus Balgrist: Das ETH-Team Scewo im Training für den Cybathlon. (Fahrer im Bild: Basil Dias, Bild: ETH Zürich / Alessandro Della Bella)

Es herrscht geschäftiges Treiben im Campus Balgrist. Nach zehn Monaten und zahllosen technischen Änderungen geht der überarbeitete Rollstuhl des Scewo-Teams erstmals zur Testfahrt an den Start. Immer mit einem Blick aufs Reglement und einem auf dem Rollstuhl begleitet Pascal Buholzer Scewo-Fahrer Josep Ballester durch den Parcours. Zwar nimmt der Rollstuhl Treppen souverän, doch die Wendigkeit beim Öffnen von Türen oder die Stabilität auf unebenen Grund lässt noch etwas zu wünschen übrig.

Doch genau darauf zielt der Cybathlon ab. Erfinder von Hochschulen und kommerziellen Unternehmen treten mit ihren innovativen Hilfsmitteln an, um Menschen mit körperlichen Behinderungen das tägliche Leben mittels Technik zu erleichtern. Im Idealfall so sehr, dass grosse Hürden, wie es Treppen heute darstellen, kein Hindernis mehr sind.

Auch das Scewo-Team mit Studierenden der ETH Zürich und der ZHdK wird im Oktober beim Cybathlon antreten. Dabei war es ursprünglich nur ein Studienprojekt, das schon längst beendet sein sollte: Im Herbst 2014 begannen alles als Fokusprojekt «Scalevo». Zehn Bachelor-Studierende tüfftelten gemeinsam an einem treppensteigenden Rollstuhl. Doch anstatt wie geplant im Sommer 2015 das Projekt zu beenden, machten vier von ihnen weiter. «Wir wussten, dass im Oktober 2016 der erste Cybathlon stattfinden sollte – und wollten mit unserer Erfindung beim Wettbewerb antreten», sagt Pascal Buholzer.

Zunächst hofften die jungen Erfinder – drei Mechanik-Studierende der ETH Zürich und ein Designer von der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) –, dass sie den Rollstuhl in kurzer Zeit für den Cybathlon fit machen könnten. Maximal zwei Monate hatten sie eingeplant. Doch bald wurde klar: Um im Wettstreit mit den Technologien anderer Hochschulen und internationaler Hersteller eine Chance zu haben, musste der ursprünglich entwickelte Rollstuhl komplett überholt werden.

Überarbeitete Technik, neuer Name

Bisher war ihr elektrisch betriebener Rollstuhl nur auf Treppen ausgelegt. Beim Cybathlon muss er aber auch unebenes Terrain mit Holzstämmen und schräge Flächen überwinden. Diese stellen technisch ganz andere Anforderungen als eine Treppe, bei welcher der Rollstuhl der Studierenden mit seiner innovativen Raupentechnik bereits im Testlauf punkten konnte. Ausserdem musste schweren Herzens ein neuer Name her, da es markenrechtliche Probleme gab. Um all diese Arbeit – die von der technischen Überarbeitung, Programmierarbeiten an der Software bis zur Bekanntmachung des neuen Markennamens reichten – zu bewältigen, suchte das Scewo-Team weitere Studierende, die sich für das Projekt engagieren wollten. Inzwischen zählt das gesamte Team neun Studierende der ETH Zürich und der ZHdK, die alle ihre klaren Aufgabenbereiche haben und nach Lösungen für Teilprobleme suchen.

Neuer Pilot auch noch fürs Marketing zuständig

Seit Februar 2016 hat das Scewo-Team einen neuen Testfahrer. Josep Ballester ist nach seinem Bachelorabschluss in Mechanik in Barcelona nach Zürich gekommen, um an der ETH seinen Master in Management Technologie und Ökonomie zu machen. Seit einem Unfall ist er ab dem vierten Lendenwirbel querschnittgelähmt. Das Team kam über eine Anfrage bei der ETH-Beratungsstelle Studium und Behinderung mit Ballester in Kontakt. Seine Rolle als Pilot im Rennen ist ihm jedoch nicht genug. Daher hat er auch die Vermarktung des Rollstuhls an die Hand genommen. Ganz entscheidend für den späteren Verkauf, sei die Wahl des richtigen Preissegments für den Rollstuhl. Der Preis muss kostendeckend, aber bezahlbar sein. Nicht einfach, schliesslich gibt es in jedem Land andere Rahmenbedingungen bei Versicherung und staatlichen Zuzahlungen. Auch zu seinen Aufgaben gehört die Kontaktpflege zu den mittlerweile 37 Sponsoren.

Das Team ist zuversichtlich

Beim überarbeiteten Scewo-Rollstuhl, der am Cybathlon zum Einsatz kommt, wurde das Grundkonzept beibehalten. Etliche Teile wurden vereinfacht, um die Zuverlässigkeit zu erhöhen und die Montage zu erleichtern. Die gesamte Elektronik und der Steuerungscomputer wurden ersetzt und basieren nun auf günstigeren Industrie-Komponenten. Ein wichtiger Schritt für die spätere Vermarktung. Eine wesentliche Änderung gab es zudem bei der Steuerung der Raupen. Diese waren ursprünglich separat zu steuern. «Sie liefen nicht immer ganz gleichmässig, weshalb jetzt ein Motor beide Raupen antreibt», erläutert Bernhard Winter.

Ob die Änderungen reichen, um den Cybathlon zu gewinnen, ist noch offen. Beim Training zeigt sich das Team jedenfalls zuversichtlich. «So wie Scewo nimmt kein anderer Rollstuhl die Treppen», sagt sein Erfinder Bernhard Winter stolz. Jetzt müssen sich Rollstuhl und Fahrer nur noch bei den vier anderen Hindernissen des Parcours bewähren…

Jetzt Plätze sichern

Seien Sie dabei, wenn sich am 8. Oktober entscheidet, welche Teams mit den ausgeklügeltsten Technologien und geschicktesten Testpiloten den Wettkampf für sich entscheiden.

Tickets sind hier erhältlich: externe Seite www.ticketcorner.ch

Für ETH-Mitarbeitende gibt es reduzierte Tickets, die an den Logen bezogen werden können. Mehr Informationen

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