Seismologie im Dienste des Friedens

Vor 20 Jahren ratifizierte die Schweiz den Atomteststopp-Vertrag. Basis für dieses wichtige Abkommen ist ein ausgeklügeltes Messnetz, mit dem die Einhaltung des Vertrags überprüft werden kann.

Überwachungshütte
In dieser Hütte werden die Daten der Station DAVOX für die Übertragung nach Zürich und Wien aufbereitet. (Bild: SED)

Es war ein wichtiger Moment in den internationalen Friedensbemühungen: Am 24. September 1996 unterschrieben die ersten 71 Staaten den sogenannten Atomteststopp-Vertrag bei den Vereinten Nationen in New York. Damit bekräftigten sie, fortan auf atomare Testexplosionen zu verzichten. Die Schweiz gehörte mit zu den ersten Unterzeichnenden. Drei Jahre später, also heute vor 20 Jahren, ratifizierte das Schweizer Parlament den Vertrag und überführte ihn damit in geltendes Recht. Aus Anlass dieses Jubiläums stattet nun Lassina Zerbo, Exekutivsekretär der «Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization» (CTBTO) der Schweiz einen Besuch ab. Dabei wird er unter anderem an der ETH Zürich einen öffentlichen Vortrag zum Thema «Science meets Diplomacy and World Security» halten (s. Kasten).

Effektive Überwachung

Tatsächlich ist der Atomteststopp-Vertrag eine Erfolgsgeschichte in den internationalen Abrüstungsbemühungen. Beinahe 200 Staaten sind der CTBTO bisher beigetreten, die von ihrem Hauptsitz in Wien aus die Einhaltung des Vertrags überwacht. 168 Staaten haben den Vertrag bereits ratifiziert. Damit er in Kraft treten könnte, wäre eine allerdings eine Ratifizierung durch acht weitere Staaten notwendig, die zur Gruppe der 44 sogenannten Annex-2-Staaten gehören, die 1996 gemäss Angaben der Internationalen Atombehörde Kernreaktoren in Betrieb hatten.

Die Schweiz spielte für den erfolgreichen Abschluss des Vertrags eine wichtige Rolle. Der UN-Sitz in Genf diente nicht nur als Drehscheibe für die vorbereitenden Verhandlungen; Schweizer Wissenschaftler waren auch massgeblich daran beteiligt, ein zuverlässiges Überwachungssystem zu etablieren – eine entscheidende Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Vertrags. «Die Überzeugung, dass der Vertrag verlässlich überwacht werden kann, war entscheidend für sein Zustandekommen», erklärt Florian Haslinger, Leiter der Sektion Unterstützung und Spezialprojekte beim Schweizerischen Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich.

Vergrösserte Ansicht: Messgeräte-Schacht
In diesem Schacht befinden sich die Messgeräte der Station DAVOX. (Bild:SED)

Das Überwachungssystem besteht aus einem weltumspannenden Netz hoch­sen­sibler seismologischer, hydroakustischer, Infraschall- und Radionuklid-Mess­sta­tio­nen, die mit einem gemeinsamen Daten­zen­trum verbunden sind. Die CTBTO baut dieses System, das bei Inkrafttreten des Vertrags voll funktionsfähig sein muss, seit 1997 zusammen mit den Mitgliedstaaten auf, und stellt seinen provisorischen Betrieb sicher. Das Überwachungsnetz erlaubt es, sowohl unterirdische, untermeerische und überirdische Tests zuverlässig zu erkennen. Damit ist sichergestellt, dass kein Staat eine Atombombe testen kann, ohne dass dies von den anderen Staaten bemerkt würde.

Signale aus Nordkorea

Teil dieses Überwachungsnetzwerkes ist die seismische Station «DAVOX», die der SED im Auftrag des Eidgenössischen Departements des Innern und des Departements für auswärtige Angelegenheiten betreut. Die Station ist in der Nähe von Davos an einem abgelegenen und seismisch ruhigen Standort installiert. Bei Verdacht auf eine Verletzung des Vertrags stellt der SED die dort aufgezeichneten Daten umgehend der CTBTO zur Verfügung.

DAVOX hat in den letzten Jahren alle sechs mutmasslichen Atomwaffentests Nordkoreas registriert, den bisher letzten im Jahr 2017. Es dauerte etwa 12 Minuten, bis die Signale der Explosionen in Nordkorea als seismische Wellen die Station DAVOX erreichten. Um einen Atomtest von einer konventionellen Explosion zu unterscheiden, braucht es allerdings auch die anderen Komponenten des Überwachungssystems, speziell die Radionuklid-Stationen. Neben der seismischen Überwachung wirkt der SED auch aktiv in Arbeitsgruppen der CTBTO mit, welche den Datenaustausch, technische Weiterentwicklungen oder Aspekte der Qualitätskontrolle regeln.

ETH Global Lecture / Ausstellung

Die Vorlesung «Science Meets Diplomacy and World Security» von H.E. Dr. Lassina Zerbo, Executive Secretary for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization findet am Montag, 4. November 2019 um 17.30 Uhr statt.

Eine kleine Ausstellung zur CTBTO und dem Schweizer Beitrag zur Atomteststoppüberwachung kann noch bis am 7. November im Museum focusTerra besichtigt werden.

Webseite von focusTerra

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