«Forschung, Förderung und Reformen»
Die Energiewende sei zu schaffen, so der Tenor an der Klimarunde der ETH Zürich, die am Mittwoch stattfand. Dazu brauche es jedoch neue Technologien, die Innovation müsse entsprechend gefördert werden. In welcher Form dabei jedoch der Staat regulierend eingreifen soll, darüber wurde kontrovers diskutiert.
Am Mittwochabend trafen sich beinahe 400 Interessierte zur Klimarunde an der ETH Zürich. Sie hatten die Möglichkeit, sich in sogenannten Tischgesprächen direkt mit Experten zum Klimawandel und zu Klimaschutzmassnahmen im Energiesektor und beim Städtebau auszutauschen. Referate im gut gefüllten Auditorium maximum des Hauptgebäudes standen einerseits im Zeichen des neusten Sachstandsberichtes des Weltklimarats IPCC, dessen Syntheseband vor wenigen Tagen erschienen ist, andererseits im Zeichen der Energiezukunft. Veranstaltet wurde die Klimarunde vom Center for Climate Systems Modeling (C2SM), dem Kompetenzzentrum für Klimamodellierungen der ETH Zürich und weiterer Bundesinstitutionen, sowie dem Energy Science Center (ESC) der ETH Zürich.
Ottmar Edenhofer, Professor für die Ökonomie des Klimawandels an der Technischen Universität Berlin und Co-Leiter der IPCC-Arbeitsgruppe III, die sich mit dem Klimaschutz beschäftigt, stellte an der Veranstaltung die wichtigsten Punkte aus dem IPCC-Syntheseband vor. Treibhausgasemissionen stiegen noch immer, im letzten Jahrzehnt sogar mit einer erhöhten Wachstumsrate, und dies trotz der Wirtschaftskrise und trotz der internationalen Anstrengungen im Klimaschutz, die durchaus unternommen worden seien, betonte er. Getroffene Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz seien in den letzten Jahren durch das Wirtschafts- und das Bevölkerungswachstum mehr als kompensiert worden. Grund dafür sei auch die derzeitige Renaissance der Kohle.
Wirtschaftswachstum weiterhin möglich
«Doch wenn wir das Zwei-Grad-Ziel erreichen wollen, müsste die Mehrzahl der Ressourcen von Kohle, Erdöl und Erdgas im Boden bleiben», so Edenhofer. Kann sich das die Menschheit überhaupt leisten? Ist der Umbau des Energiesystems wirtschaftlich überhaupt zu stemmen? «Ja», sagte er, «es kostet nicht die Welt, den Planeten zu retten». Klimaschutzmassnahmen seien zwar teuer – und sie würden noch teurer, je später sie ergriffen würden. Doch auch mit Klimaschutzmassnahmen müssten wir nicht auf Wirtschaftswachstum verzichten, es würde sich bloss je nach Szenario um ein Jahr bis mehrere Jahre verzögern.
Anthony Patt, Professor für Mensch-Umwelt-Systeme an der ETH Zürich und Mitautor des Berichts der IPCC-Arbeitsgruppe III, sprach in seinem Referat darüber, was es braucht, um die Energiewende zu schaffen: Forschung, Förderung und Reformen. Die Forschungslandschaft müsse sich unter anderem der Entwicklung von neuartigen und intelligenten Energiesystemen sowie von Biotreibstoffen der nächsten Generation widmen, sagte er. Elektromobilität, Stromspeichersysteme und alternative Energien müssten gefördert werden, wozu auch weitgehende politische Reformen im Strommarkt nötig seien.
Wie stark regulieren?
Darüber, wie stark der Staat in den Markt eingreifen soll, gingen die Meinungen der Redner jedoch auseinander. An der anschliessenden Podiumsdiskussion mit hochrangigen Vertretern des Bundesamts für Energie und des WWF wurde darüber kontrovers diskutiert. Jasmin Staiblin, CEO des Energiekonzerns Alpiq, bekannte sich in ihrem Referat zu einer CO2-Besteuerung. Alle Exponenten der Tagung waren sich darin einig, dass eine solche wirksam und nötig ist. Gegen eine weitergehende staatliche Regulierung wehrte sich die Industrievertreterin Staiblin jedoch vehement.
Politiker diskutieren etwa, klimaschonenden Energieträgern mit staatlichen Fördergeldern zum Durchbruch zu verhelfen, mindestens bis zum Zeitpunkt, zu dem eine CO2-Steuer greift. «Es braucht nicht nur Innovation, sondern auch Diffusion», sagte etwa Patrick Hofstetter vom WWF. Staiblin bezeichnete solche Subventionen als marktverzerrend und sah die heimische Wasserkraft in Gefahr, sofern diese nicht auch subventioniert würde. Mit Blick auf die deutsche Klimapolitik beurteilte auch der Ökonom Edenhofer solche Massnahmen als wenig wirksam.
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