Medizin studieren an der ETH

Ab Herbst 2017 bietet die ETH Zürich 100 Bachelorstudienplätze
 in Medizin an. Es entsteht ein neuartiger Studiengang, der medizinische Inhalte mit Naturwissenschaften verbindet. 

Ärztin bei der Diagnose
Personalisierte Medizin ist einer von fünf Schwerpunkten des neuen Studiengangs. (Bild: Shutterstock)

«Sì, possiamo. Ja, wir können.» So lautete letztes Jahr die Antwort der ETH Zürich auf die Anfrage des Bundesrats an die Universitäten und die ETH, ob sie einen Beitrag zur Behebung des Ärztemangels in der Schweiz leisten können.

Aussenstehende mag die Ankündigung der ETH überrascht haben, ab Herbst 2017 hundert Bachelorstudienplätze in Medizin anzubieten. Wer aber in Betracht zieht, dass insbesondere neue Erkenntnisse aus Naturwissenschaften und Technik die Medizin revolutionieren, den kann dieser Schritt nicht wundern. «Die Perspektiven für medizinische Diagnose, Prognostik und Therapie wandeln sich rapide dank neuer Entwicklungen in der Bioinformatik, den molekularen Biowissenschaften und den bildgebenden Verfahren – alles Disziplinen, in denen die ETH schon heute an vorderster Front forscht und lehrt», erklärt ETH-Präsident Lino Guzzella die Hintergründe. Das Engagement der ETH in der medizinischen Ausbildung ist also ein logischer, wenn nicht sogar notwendiger Schritt.

«Um die neuen Technologien, die etwa die personalisierte Medizin verspricht, möglichst rasch in der Praxis nutzen zu können, brauchen wir künftig Ärzte, die neben medizinischem Wissen auch ein vertieftes naturwissenschaftlich-technisches Verständnis haben», sagt Rektorin Sarah Springman, die an der ETH die Lehre verantwortet. So geht es der Hochschule nicht darum, einfach einen weiteren Studiengang in Medizin anzubieten. Vielmehr erarbeitet zurzeit ein Projektteam auf Hochtouren ein neues, komplementäres Angebot. Dem Team gehören Vertreterinnen und Vertreter aus dem Bereich der Rektorin an sowie aus dem ETH-Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie (D-HEST), wo der neue Studiengang angesiedelt sein wird. Kolleginnen und Kollegen der Universität Zürich (UZH), der Universität Basel und der Università della Svizzera Italiana (USI) unterstützen sie dabei. Dies sind die drei Partneruniversitäten, die gemeinsam mit der ETH dem Bundesrat «Sì, possiamo – ja, wir können» antworteten und die entsprechenden Masterstudienplätze bereitstellen. Beratend steht dem Projektteam ein Beirat mit internationalen Experten zur Seite.

Neuartiges Curriculum

Das Curriculum des ETH-Bachelors sieht medizinische, klinische und naturwissenschaftliche Module vor, wie Professor Christian Wolfrum ausführt, der als Delegierter für den neuen Studiengang verantwortlich zeichnet: «Die Grundlagen der verschiedenen Organe und Organsysteme vermitteln wir in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich.» Hinzu kommen die naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Chemie, Physik sowie Mathematik und Statistik. «Diese Grundlagen sollen die Studierenden dann befähigen, in die fünf medizinwissenschaftlichen Module einzutauchen, die den ETH-Bachelor charakterisieren», erklärt Wolfrum weiter. Die medizinwissenschaftlichen Schwerpunkte sind Drug Discovery und personalisierte Medizin, Medizintechnik, medizinische Bildgebung, Medizininformatik sowie Public Health. Abgeschlossen wird das Bachelorstudium mit einem Forschungspraktikum an der Schnitt stelle von Grundlagenforschung und Translation in die klinische Anwendung.

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Der Studiengang umfasst 180 ECTS-Punkte und dauert drei Jahre. In den ersten beiden Jahren werden neben medizinischen und klinischen Kenntnissen die Grundlagen in Naturwissenschaften vermittelt, auf denen die Module in Medizinwissenschaften aufbauen.

Nach drei Jahren Bachelorstudium an der ETH wechseln die Studierenden für den Master an eine der drei Partneruniversitäten. Sie garantieren, dass jeder Absolvent und jede Absolventin des ETH-Bachelors einen Masterstudienplatz in Medizin hat. Eingebunden in die Entwicklung des Curriculums, nehmen die UZH, die Uni Basel und die USI die ETH-Bachelor ohne Bedingungen wie ein Zusatzjahr in ihre Masterstudiengänge auf.

An welcher der Universitäten die einzelnen Studierenden ihren Master machen werden, erfahren sie nach dem zweiten Studienjahr. Bei der Zuteilung zum Masterstudienplatz werden ihre Wünsche in Abhängigkeit der Studienleistung sowie sozialer Faktoren berücksichtigt. Ein Modell, das sich in ähnlicher Form an der Universität Fribourg bewährt hat.

Erweitertes Berufsbild

Wenn die Studierenden nach sechs Jahren ihren Master machen, erlangen sie damit die Zulassung zur eidgenössischen Prüfung in Humanmedizin – die eigentliche Berufsbefähigung. Dann stehen ihnen neben einer klassischen Tätigkeit als Arzt oder Ärztin in einem Spital, oder später mit eigener Praxis, verschiedene weitere Karrieren offen, sei es in der Industrie, der Gesundheitspolitik, dem Versicherungswesen oder der Wissenschaft.

In einem Jahr erwartet die ETH also ihre ersten Medizinstudierenden. Damit sie tatsächlich starten können, ist nur noch eine letzte Hürde zu nehmen: Um die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen mit den Aufnahmekapazitäten der schweizerischen medizinischen Fakultäten auf Masterstufe abstimmen zu können, braucht die ETH für diesen Bachelorstudiengang eine Zulassungsbeschränkung. Die entsprechende Revision des ETH-Gesetzes wird zurzeit von den eidgenössischen Räten beraten und sollte – wenn alles gut geht – Anfang 2017 in Kraft treten.

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