Eine Quelle der Inspiration
Ein Bett, in dem man nicht schnarcht, und 20 weitere Forschungsprojekte der ETH Zürich mit Anwendungsbezug – diese Einblicke hat der Industry Day 2017 geboten. Rund 600 Personen aus der Wirtschaft nutzten die Plattform zum Austausch.
Schnarchen kann zum Gesundheitsproblem werden. Nun entwickelt ein Schweizer Unternehmen mit ETH-Forschenden ein Bett, welches das Schnarchen reduzieren kann. Dank neuster Technologie kann das Bett die Körperhaltung der Schlafenden durch leichte Bewegungen verändern und Schnarchen vorbeugen. Erforscht wird diese Technologie an der ETH-Professur für sensomotorische Systeme. Das Bett ist ein Beispiel, wie die ETH Zürich auch mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zusammenarbeitet.
«Viele der komplexen Probleme von heute werden an der Schnittstelle von Forschung und Industrie gelöst», sagte Detlef Günther, Vizepräsident der ETH Zürich für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, am Dienstagnachmittag zu Beginn des Industry Day 2017, dem jährlichen Informations- und Begegnungsanlass der ETH Zürich für die Wirtschaft.
Der Industry Day funktioniert wie ein Schaufenster zur Forschung: Einen Nachmittag lang erhalten Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsmanager aus der Industrie einen Überblick über aktuelle ETH-Forschungsprojekte, die für industrielle Anwendungen interessant sein können. Den anwesenden rund 600 Gästen wurde mit ETH News for Industry ausserdem ein neuer Newsletter der ETH Zürich für die Wirtschaft vorgestellt (siehe unten).
Den Austausch weiter vereinfachen
«Der Industry Day der ETH Zürich ist immer eine Quelle der Inspiration», sagte Andreas Bong, Leiter Unternehmensforschung und Technologie des Werkzeugherstellers Hilti, in seinem Referat. Das Unternehmen, das jedes Jahr 60 neue Produkte auf den Markt bringt, kooperiert seit Jahren mit der ETH und mit weiteren Hochschulen. «Ein Anlass wie der Industry Day hilft, dass wir rechtzeitig erkennen, ab wann wir uns an einer bestimmten Technologie beteiligen wollen», sagt Bong. Er möchte den Austausch weiter verstärken, denn im Entwicklungsprozess gilt: «Die Zeit zählt.»
Dieses Feedback ist bei Detlef Günther und dem Team Industry Relations, der Kontaktstelle der ETH für Industrieanfragen, angekommen: Nach dem bewährten Muster sind die 20 Vorträge der ETH-Professorinnen und ‑Professoren und der ETH-Spin-offs auch in diesem Jahr kurz und verständlich. Die vier Themen, denen sie zugeordnet sind, verdeutlichen den Anwendungsbezug: «Mobilität und Energie», «Bau und Produktion», «Information und Kommunikation» sowie «Gesundheit, Ernährung und Umwelt».
Verständnis von Mobilität verändert sich
Im Themenbereich «Mobilität und Energie» zum Beispiel führte Martin Saar, Professor für geothermische Energie und Geofluide, durch die aktuellen Schwerpunkte der Geothermie. Um die Erdwärme nutzen zu können, benötige man neben der oberflächennahen Wärme auch wasserdurchlässige Böden oder eine andere, unter der Oberfläche wirkende Flüssigkeit, sagte er. Da nur wenige Standorte in Europa dafür in Frage kommen, stellen sich auch gesellschaftliche Herausforderungen in der grossräumigen Energieverteilung.
Mit grossen Systemen der Stromversorgung befasst sich Gabriela Hug, Professorin für elektrische Energieübertragung: Sie legte dar, welche Herausforderung sich für Forschung und Entwicklung ergeben, wenn die Stromversorgungsnetze noch komplexer werden, zunehmend intelligente Netzkomponenten, Sensoren und Zähler enthalten und sich dabei grosse Datenmengen anhäufen. «Wie gehen wir in solchen Systemen mit Schwankungen und mit Ungewissheit um?», fragte sie.
Im Bereich der Mobilität geht ein Trend in Richtung der autonomen, selbststeuernden Fahrzeuge. In diesem Gebiet forscht Emilio Frazzoli, Professor für dynamische Systeme und Regelungstechnik. Neben technischen Fragen beschäftigen ihn auch Fragen der Sicherheit, des Komforts, des behindertengerechten Fahrens und der Nachhaltigkeit. «Autonome Fahrzeuge verändern die Art, wie wir über Mobilität denken», sagt er.
Neben den Automobilen umfasst diese Entwicklung auch intelligente Flugzeuge und andere Flugobjekte. In diesem Bereich ist Margarita Chli, Professorin für Computervision für Robotik, aktiv. Sie will Robotern «das Sehen lehren». Insbesondere müssen ihre Flugroboter lernen, wie sie ein Umfeld gemeinsam erkunden und ihre Aufgabe in der Gruppe lösen können. «Wahrnehmung und Zusammenarbeit sind ein Schlüssel zum Fortschritt in der Robotik», sagt Chli.
Eine wichtige Rolle im Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft spielen Spin-offs wie Sunredox. Dieses Jungunternehmen entwickelt saubere und nachhaltige Treibstoffe. Der Schwerpunkt liegt auf Solarreaktoren, die Treibstoff aus CO2 aus der Luft und aus Sonnenlicht herstellen, führt Sunredox-Gründer Philipp Furler aus. Aufmerksame Beobachter werden voraussichtlich 2018 auf einer Dachterrasse des ETH-Gebäudes an der Ecke Rämistrasse/Tannenstrasse eine silberne Schüssel sehen: Dabei handelt es sich um ein Demonstrationsobjekt von Sunredox.
Industry-News und Infos für KMU
Neben dem bewährten Veranstaltungskonzept wartet der Industry Day 2017 mit Neuerungen auf: Der Ausstellungsteil, der zum direkten Austausch und Gespräch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft einlädt, hat sich beträchtlich erweitert. 51 ETH-Professuren und Spin-offs stellten in diesem Jahr ihre Forschung und deren Anwendungsbezug vor.
Impressionen vom Industry Day 2017
Um den Unternehmen einen möglichst einfachen und raschen Einblick in die ETH-Forschung zu geben, lancierte die ETH am Industry Day einen neuen, auf die Informationsbedürfnisse der Industrie ausgerichteten Newsletter. Die «ETH News for Industry» stellen alle zwei Monate neue, anwendungsorientierte ETH-Projekte vor. Die englisch verfassten Newsbeiträge und Online-Videos sind kurz, eingängig und informativ.
Die Artikel aus dem abonnierbaren Newsletter sind auch im Web für die Industrie direkt zugänglich: Dort erhalten die Unternehmen Informationen über die laufende Forschung, über mögliche Partnerschaften, Lizenzen und kommende Events. Eine eigene Unterseite richtet sich an die KMU, um ihnen den Zugang zur Forschung an der ETH Zürich zu erleichtern und ihren Bedürfnissen entgegenzukommen.
Der Austausch geht dabei in beide Richtungen: Auf der Webseite können Unternehmen auch Anfragen und Anliegen platzieren. «Das Feedback aus der Wirtschaft ist uns wichtig», sagt ETH-Vizepräsident Detlef Günther, und er signalisiert, dass die ETH Zürich offen ist für die Anliegen der Industrie.