Duftstoff-Cocktail verrät Malaria

ETH-Forscherinnen und -Forscher entdecken Duftstoffprofile, die typisch sind für Menschen mit einer akuten oder stillen Malariainfektion. Das ist ein vielversprechender erster Schritt hin zu einem günstigen, feldtauglichen Diagnosetest für Entwicklungsländer.

Anopheles und flüchtige Stoffe
Der Malariaerreger verändert das Duftstoffprofil einer infizierten Person, was sie für die erregerübertragende Anopheles-Mücke attraktiver macht. (Grafik: ETH Zürich / CDC, James Gathany)

Malaria ist in den Tropen und Subtropen noch immer eine tödliche Gefahr. Jedes Jahr erkranken weltweit über 200 Millionen Menschen daran, mehrere Hunderttausend sterben an den Folgen der Infektion. Besonders betroffen sind Kinder. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind 90 Prozent der Opfer jünger als fünf Jahre. Malaria tötet aber nicht nur, sie beeinträchtigt auch die Lebensqualität jener, die die Krankheit überleben, und führt zu substantiellen Einbussen in der wirtschaftlichen Leistung der betroffenen Länder.

In vielen Fällen tragen Betroffene den Erreger in sich ohne äussere Symptome zu zeigen. «Gerade bei diesen Personen muss man ansetzen, wenn man die Ausbreitung der Krankheit eindämmen will», sagt Consuelo De Moraes, Professorin für Biokommunikation und Ökologie an der ETH Zürich.

Doch wie erkennt man Erkrankte, die keine Symptome zeigen? Möglicherweise anhand von veränderten Ausdünstungen, wie die ETH-Professorin und ihre Mitarbeiter in einer soeben in der Fachzeitschrift externe Seite PNAS veröffentlichten Studie aufzeigen.

In Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Internationalen Zentrums für Insektenphysiologie und -ökologie in Nairobi untersuchten sie bei kenianischen Kindern flüchtige chemische Verbindungen, die über die Haut ausgedünstet werden. Die Zusammensetzung und Konzentrationen dieser Stoffe ergaben schliesslich charakteristische Signaturen für akute und asymptomatische Malaria-Infektionen.

Infizierte riechen unwiderstehlich

Bereits in einer früheren Studie (ETH-News berichtete) zeigten die Forscherinnen und Forscher, dass der Malariaerreger die Ausdünstung von infizierten Mäusen verändert, was sie für Stechmücken attraktiver macht. Dies erleichtert die Übertragung des Erregers via Mücke von einem infizierten Individuum auf ein anderes. «Aufgrund dieser Studie hatten wir gehofft, dass sich die Ausdünstung von Menschen in ähnlicher Weise verändert wie diejenige von Mäusen und dass diese Duftnote Möglichkeiten zur Diagnose bietet», sagt De Moraes.

Um ihre Vermutung zu bestätigen, sammelten die ETH-Forscher bei mehr als 400 kenianischen Schulkindern über die Haut austretende flüchtige Substanzen. Dazu packten die Wissenschaftler entweder einen Fuss oder den Ellbogen eines Kindes in einen luftdichten Teflonsack und führten während einer Stunde einen Luftstrom über die entsprechende Hautpartie. Die Luft wurde durch spezielle Filter geleitet, welche die flüchtigen Substanzen banden. Mittels Gaschromatographie und der Massenspektrometrie bestimmten die Forscher schliesslich die Menge und die Art von jedem gesammelten Molekül, um Duftstoffprofile für gesunde und infizierte Kinder zu erstellen.

Gleicher Erreger, unterschiedliche Profile

Mit weiteren Untersuchungen dieser Profile identifizierten die Wissenschaftler die flüchtigen chemischen Verbindungen, die aufzeigen, ob ein Kind den Malariaerreger in sich trägt. Zudem waren die Duftstoffprofile selbst bei akuten und asymptomatischen Infektionen deutlich verschieden. Sie verrieten den Erreger sehr zuverlässig auch dann, wenn er erst in sehr kleiner Zahl vorhanden war und mit Mikroskopen noch nicht nachgewiesen werden konnte. Die Aufklärungsrate bei symptomlosen Infektionen lag in dieser Studie bei nahezu 100 Prozent.

«Diese hohe Rate war für uns ermutigend», sagt De Moraes. Überrascht habe sie zudem, dass die Geruchsprofile für Individuen mit asymptomatischer und akuter Malariainfektionen verschieden und derart eindeutig seien.

«Zu Beginn wussten wir nicht, nach welchen chemischen Verbindungen wir suchen müssen», erklärt die ETH-Professorin. Über die Haut sondert der Körper zahlreiche Verbindungen ab, die auch von der Ernährung, vom Stoffwechsel oder von Krankheiten abhängen. «Die spezifische Geruchssignatur der Erkrankung wird aber nicht erzeugt durch die An- oder Abwesenheit von spezifischen Verbindungen, sondern durch Konzentrationsänderungen von Stoffen, die auch bei Gesunden vorhanden sind. Unsere Aufgabe war es also, aus dem starken Rauschen die richtigen Signale zu filtern.»

Feldtaugliche und günstige Diagnose

Die Forscherinnen und Forscher hoffen nun, dass sich die von ihnen bestimmten Duftstoffsignaturen für eine relativ einfache Diagnostik und Früherkennung eignen. Es gibt zwar bereits Methoden, um den Malariaerreger früh nachzuweisen, wie beispielsweise eine DNA-Analysetechnik namens PCR (Polymerase Chain Reaction). Doch solche Verfahren sind verhältnismässig kostspielig und bedingen eine Laborinfrastruktur. Dies erschwert deren flächendeckenden Einsatz, insbesondere in armen Ländern des Südens.

«Die neuen flüchtigen Geruchsstoffprofile sind ein wichtiger erster Schritt. Nun muss jemand eine feldtaugliche Anwendung entwickeln, die günstig und zuverlässig ist», sagt Mitautor und ETH-Professor Mark Mescher vom Institut für Integrative Biologie. Die Wissenschaftler hoffen, dass sie zur Entwicklung einer solchen Anwendung beitragen können, unter anderem dank einer Partnerschaft mit der Bill Gates Foundation, die ihre Forschung mitfinanziert hat.

Die ETH-Forscher rechnen darüber hinaus damit, dass ähnliche Methoden zum Einsatz kommen könnten, um weitere Krankheiten zu bekämpfen. «Krankheitserreger, die von stechenden Insekten und anderen Vektoren übertragen werden, verändern oft die Duftnote des infizierten Individuums, um das Verhalten des Vektors zu beeinflussen», sagt Mescher. «Die jeweilige Signatur der Infektion könnte für Diagnosen genutzt werden.»

Literaturhinweis

De Moraes CM, Wanjiku C, Stanczyk NM, Pulido H, Sims JW, Betz HS, Read AF, Torto B, Mescher MC. Volatile biomarkers of symptomatic and asymptomatic malaria infection in humans. Proceedings of the National Academy of Sciences, published online, 14th May 2018. externe Seite doi:10.1073/pnas.1801512115

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert