ETH-Studierende unterstützen NGOs in Kriegsgebieten

Haben Sie im Zusammenhang mit Spendengeldern jemals von direkter Bargeldhilfe über Smartphone gehört? Diese Form der Unterstützung von Krisenbetroffenen in Kriegsgebieten ist sehr effektiv und erfreut sich wachsender Beliebtheit. ETH-Studierende des Analytics Club der ETH haben zusammen mit der NGO "IMPACT Initiatives" einen Algorithmus entwickelt, welcher ermittelt, wie viel Geld eine Person braucht.

students working in teams
Studenten arbeiten in Teams am Hack4Good Hackathon. Quelle: Analytics Club at ETH


Wir haben mit Simon Mathis und Renato Durrer, Mitbegründer des Analytics Club der ETH gesprochen.

In Ländern wie Syrien leiden Tausende von Menschen schrecklich unter dem Krieg und sind auf Unterstützung von aussen angewiesen. Wie erhalten die Betroffenen Hilfe?

Die Lebensbedingungen in Kriegsgebieten können sich täglich ändern. Folglich sind die Verfügbarkeit und die Kosten von Gütern schwer vorhersehbar. Organisationen wie das Welternährungsprogramm ziehen deshalb direkte Geldtransfers den oft gefährlichen und logistisch schwierigen Warenverteilungen vor. Zudem ist diese Art der Hilfe oft effizienter und kostengünstiger als traditionelle Hilfsmassnahmen. Damit direkte Geldtransfers wirksam sind, müssen die Preise der überlebenswichtigen Güter in einer bestimmten Region möglichst genau eingeschätzt werden. Auf globaler Ebene führen Organisationen wie unsere Partner-NGO IMPACT Initiatives regelmässige Marktüberwachungen durch und erstellen Berichte über die jährlichen humanitären Ausgaben von 2.8 Mia CHF für Geldtransfers und Vouchers.  

Worin bestehen die Schwierigkeiten einer direkten Bargeldhilfe für die von der Krise betroffene Bevölkerung?

Damit eine wirksame Bargeldverteilung möglich ist, müssen die NGOs wissen, ob überlebenswichtige Güter erhältlich sind und wie viel diese kosten. Sie bestimmen die Kosten durch Marktbeobachtung und der Berechnung eines SMEB (Survival Minimum Expenditure Basket – lebensnotwendiger Warenkorb). Da sich der SMEB aus vielen Artikeln zusammensetzt, lässt er sich bei fehlenden Artikeln aufgrund von Engpässen nur schwer berechnen. Jeder neue Ausbruch eines bewaffneten Konflikts macht die Datenerhebung in solchen Regionen unmöglich und verstärkt das Problem fehlender Zahlen. Zudem variieren die Preise je nach Zeit und Ort enorm. Um die Berechnungsproblematik bei fehlenden Daten bestimmter Güter zu lösen, suchte IMPACT nach einem zuverlässigen Algorithmus zur Bestimmung der voraussichtlichen Werte nicht verfügbarer Artikel.

student presenting their project to other students and NGOs
Student präsentiert am Hack4Good Hackathon. Quelle: Analytics Club at ETH

Die Aufgabe des Analytics Club der ETH bestand also darin, einen zuverlässigen Algorithmus zu erstellen.

Genau. Eine Aufgabe, die wir für unser Hack4Good-Programm gerne angenommen haben. Hack4Good bringt Informatik-Talente der ETH Zürich mit gemeinnützigen Organisationen zusammen, die humanitäre Hilfe leisten. Partnerorganisationen profitieren davon, dass sie Zugang zum ETH-Talentpool und zu Studententeams haben, die kostenlos arbeiten.

Während zwei Monaten haben die aus je vier Studierenden bestehenden Hack4Good-Teams hart daran gearbeitet, einen zuverlässigen und nützlichen Algorithmus zur Berechnung des SMEB zu entwickeln, auch wenn einige Daten fehlen. Die intensive Arbeit vieler engagierter Studenten lieferte eine Lösung, die IMPACT überzeugte, diese weiterzuentwickeln und schliesslich für ihre Marktbeobachtungsanalyse in Syrien und anderen Ländern einzusetzen.

Studierende am Hack4Good Hackathon.
Studierende am Hack4Good Hackathon. Quelle: Analytics Club at ETH

Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, wenn sie Fachwissen und Unterstützung im Bereich des maschinellen Lernens an der ETH Zürich suchen?

Je nach ihren Bedürfnissen gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Sie können ein- bis zweitägige Ideenprojekte am ETH Datathon des Analytics Club der ETH anbieten.
  • Für gemeinnützige Organisationen ist das Hack4Good-Programm eine gute Option.
  • Kleinere Projekte können von den ETH Juniors bearbeitet werden.
  • Für grössere, bis zu 12 Monate dauernde Projekte gibt es Start-ups wie Visium, das von ETH-Absolventen mitbegründet wurde und individuelle Lösungen im Bereich der künstlichen Intelligenz für Firmen anbietet.
  • Für umfangreiche Forschungsprojekte besteht die Möglichkeit, mit ETH-Professoren oder dem Swiss Data Science Center zusammenzuarbeiten.

Was sind ihre nächsten Schritte?

Nach dem Erhalt unseres ETH-Abschlusses werden wir nun den Analytics Club der ETH an ein neues Team übergeben und uns auf die Entwicklung des auf künstliche Intelligenz spezialisierten Start-ups Visium konzentrieren. Bei Visium unterstützen wir Kunden in ihren Projekten im Bereich des maschinellen Lernens. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Lücke zwischen den neuesten Forschungsergebnissen und der industriellen Anwendung zu schliessen.

Analytics Club at ETH - team photo
Analytics Club at ETH: Teamfoto
JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert