Dieselmotoren, die weniger CO2 ausstossen

Ingenieure der ETH Zürich haben eine Plattform geschaffen, die über Messungen am Motor und Tests mit verschiedenen Treibstoffen ermittelt, wie der CO2-Ausstoss von Dieselmotoren verringert werden kann. Wir haben mit Projektleiter Christophe Barro gesprochen.

Dr. Christophe Barro ist Oberassistent II am Laboratorium für Aerothermochemie & Verbrennungsmotoren, das von Professor Konstantinos Boulouchos geleitet wird.

Wo kann man ansetzen, wenn Dieselmotoren weniger CO2 ausstossen sollen?

Grundsätzlich kann man beim Treibstoff ansetzen, oder den Motor optimieren. Mit der Plattform ReVerDi kombinieren wir beide Ansätze, was insgesamt zu höheren CO2-Reduktionen führt.

Die Plattform besteht etwas vereinfacht gesagt aus Software und einem Testmotor. Erst haben wir ein Modell entwickelt, das verschiedene Treibstoffe erkennt. Im Verlauf des Projekts haben wir vier verschiedene Treibstoffe und -gemische getestet. Von den Treibstoffen haben wir so etwas wie `Fuel Fingerprints`, also charakteristische `Fingerabdrücke`, erstellt. Dafür haben wir im Motor die verschiedenen Phasen des Verbrennungsprozesses für jeden Treibstoff genauer untersucht.

Am Ende sollte die Plattform in der Lage sein, jeweils den Treibstoff automatisch zu erkennen und daraufhin die Betriebsparameter des Motors entsprechend zu optimieren.

Der Testmotor, Bestandteil der Plattform ReVerDi
Der Testmotor, Bestandteil der Plattform ReVerDi. Quelle: ETH LAV

Welche alternativen Treibstoffe können für einen Dieselmotor verwendet werden?

Wir testeten reines GTL (Gas To Liquid), ein "künstlicher" Diesel, der derzeit meist aus Erdgas hergestellt wird; GTL kann aber auch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff aus der Luft hergestellt werden. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass GTL keine Aromaten enthält, die beim Verbrennen zu Russ führen. Weiter verwendeten wir ein Gemisch aus 20 Prozent GTL und 80 Prozent Diesel.
Zudem prüften wir ein Gemisch aus 7 sowie 15 Prozent OME (Oxymethylendimethylether) und 93 respektive 85 Prozent Diesel. OME kann auch aus Luft, oder aus Biomasse hergestellt werden, und wäre damit CO2-neutral. Ausserdem haben wir HVO (Hydrogenated Vegetable Oil, sozusagen ein nachwachsender Treibstoff) getestet sowie ein Gemisch aus HVO, OME und einem Stabilisator getestet. Letzteres ist potentiell zu 100% erneuerbar und erhielt von uns den Namen R100.
Für Vergleichszwecke haben wir mit reinem Diesel gemessen.

Was wird am Motor optimiert? Lässt sich das im laufenden Betrieb machen?

State-of-the-Art Dieselmotoren enthalten Software, die es zulässt, den Motor auf verschiedene Art und Weise zu betreiben. Wir haben mit einem Standard-Einzylinder-4-Takt-Motor gemessen. Nebst dem Motor sind Turbolader und Abgasnachbehandlung als Systemteile für die Funktionsweise entscheidend. Für alle drei Teile ist wiederum die Betriebstemperatur sehr wichtig. Wir wollten herausfinden, inwiefern die verschiedenen Treibstoffe die Hochdruckprozesse im laufenden Motor verändern, und wie sich der Motorbetrieb dann davon abhängig zusätzlich optimieren lässt. Beispielsweise kann der Motor anders betrieben werden, wenn beim Verbrennen des Treibstoffs weniger Russ entsteht. Wichtig sind im Verbrennungsprozess vor allem Parameter wie Lade- und Einspritzdruck, Einspritzzeit, Abgasrückführrate.

An Tankstellen erhältlich ist bisher nur Diesel. In naher Zukunft könnte dies aber anders sein.

Ja, einige der erwähnten Treibstoffgemische erfüllen die regulatorischen Vorgaben für Diesel. Die Mischungen von 7 Prozent OME in Diesel, Diesel mit 20 Prozent GTL oder HVO, sowie R100, wären grundsätzlich schon heute verkäuflich und könnten an jeder Tankstelle angeboten werden.

Unter diesen, bereits heute zulässigen Mischungen, ist besonders R100 aufgefallen.

Ja, bezüglich Russ-Ausstoss. Dieser wurde mit ca. 15 Prozent OME-Beimischung zu HVO -plus Stabilisator- sehr stark reduziert, um einiges mehr als bei reinem GTL als Treibstoff. Oxymethylenether existieren in verschiedenen Varianten. Es sind chemische Verbindungen, die Sauerstoff enthalten, sogenannte oxygenierte Treibstoffe. Sie verbessern den Verbrennungsprozess und sorgen für eine starke Reduktion von Russ. Bei bestimmten oxygenierten Verbindungen und je nach Anteil im Diesel entstehen dafür vermehrt Stickoxide, was auch nicht erwünscht ist. Stickoxide wirken sich negativ auf menschliche Lungen, aufs Klima und auf die Bildung von Smog und Ozon aus. Zusätzlich kann der Wirkungsgrad des Motors verringert sein. Meist kämpfen wir mit diesem dreidimensionalen Trade-off: Wirkungsgrad, Russ, Stickoxide. Ist das eine gut, wird das andere schlechter. Bei gewissen Varianten von OME lassen sich bei akzeptablem Wirkungsgrad sowohl Stickoxide als auch Russ substantiell vermindern. OME lässt sich ausserdem verwenden, ohne dass heutige Motoren und Tankinfrastrukturen gross angepasst werden müssen. Es ist einfach teuer.

Waren die Firmen, die diese Treibstoffe herstellen, am Projekt beteiligt?

Ja, Neste Oil hat uns das HVO geliefert. ASG Analytics hat uns das OME zu reduziertem Preis sowie den Stabilisator geliefert. Weiter arbeiten wir mit den ETH-Spin-Offs combustion and flow solutions GmbH und Vir2sense GmbH zusammen. FPT und Liebherr sind in ähnlichen Projekten mit OME beteiligt.

Finanziert wird das Projekt vom Bundesamt für Energie BFE. Nebst dem Institut für Energietechnik der ETH Zürich ist die EMPA beteiligt.

Für welche weiteren Unternehmen könnte die Plattform interessant sein?

Motorenhersteller in erster Linie – und alle, bei denen Dieselmotoren im Betrieb sind. Man denke zum Beispiel an Rechenzentren, die zur Sicherstellung der Stromversorgung als Back-up grosse Dieselmotoren bereitstehen haben.

Die Resultate von ReVerDi können dazu beitragen, den CO2-Ausstoss bestehender Fahrzeugflotten zu reduzieren. Das ist der grosse Vorteil gegenüber Technologien wie z.B. Elektromobilität.

Dr. Christophe Barro
Projektleiter Dr. Christophe Barro

Kontakt / Links:

Institute for Energy Technology

externe SeiteEMPA

Publikation:

Parravicini M., Barro C., Boulouchos K., “Compensation for the differences in LHV of diesel-OME blends by using injector nozzles with different number of holes: Emissions and combustion”, Fuel Volume 259, 1 January 2020, 116166. externe Seitehttps://doi.org/10.1016/j.fuel.2019.116166

Sind Sie interessiert an weiteren spannenden "News for
Industry" Storys?

externe SeiteAbonnieren Sie unseren Newsletter

externe SeiteFolgen Sie uns auf LinkedIn

Suchen Sie Forschungspartner an der ETH Zürich? 

Kontaktieren Sie ETH Industry Relations

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert