Tumorzellen ohne Marker erkennen

Einzelne Krebszellen lösen sich vom Tumor und verteilen sich über den Blutstrom im Körper. Eine Früherkennung dieser zirkulierenden Zellen kann Ärzten helfen, rechtzeitig einzugreifen und das Risiko einer Streuung des Krebses zu reduzieren. Stavros Stavrakis präsentiert eine vielversprechende Diagnostikmethode.

Stavros, warum ist es schwierig, zirkulierende Tumorzellen aufzuspüren?

Es ist das Problem der Nadel im Heuhaufen. Die Tumorzellen verbreiten sich über den Blutstrom. Eine typische Konzentration ist eine Tumorzelle in einem Milliliter Blut – daneben gibt es aber auch noch 100 Millionen rote Blutkörperchen, eine Million weisse Blutkörperchen und weitere Komponenten, die eine Messung verschleiern. Um die Tumorzellen zu detektieren, müssen wir entweder die Probe reinigen oder mit ultraschnellem Durchsatz arbeiten - oder beides.

Du löst das Problem mit einem neuen, mikrofluidischen Bauteil. Kannst Du uns mehr über Deine Herangehensweise verraten?

Mikrofluidische Bauteille werden oft als Labor-auf-Chip Technologie bezeichnet. Alles ist miniaturisiert. Die flüssigen Proben werden durch mikroskopisch kleine Kapillare geleitet, die nach Bedarf funktionalisiert werden. Vorteilhaft ist das kleine Probenvolumen, welches gebraucht wird, um die Chips zu füllen.

Wir haben ein mikrofluidisches Bauteil zum Patent angemeldet, welches die Grösse und Deformierbarkeit von Zellen misst. Krebszellen lassen sich nämlich an ihrer Deformierbarkeit erkennen. Die Zellwand ist weniger steif als bei gesunden Zellen. Das bedeutet, dass die Krebszellen sich unter Druck stärker verformen. 

Eine Person in einem Reinraum
Hauseigene Produktion von mikrofluidschen Bauteilen im Reinraum der DeMello Gruppe (Photo: Sarah Duclos Ivetich)

Wie misst Du die Deformierbarkeit mit Deinem mikrofluidischen Bauteil?

Wir lassen die Zellen einen mikrofluidischen Kanal passieren, der sich bis auf 15 Mikrometer verengt. In dem verengten Kanalsegment beschleunigt sich der Flüssigkeitsfluss und die Zellen werden in Flussrichtung gestreckt. Es zeigt sich ein charakteristisches Verhältnis von Grösse zu Deformation abhängig vom Zelltypus. Wir identifizieren die Krebszellen anhand dieses Verhältnisses. Eine zusätzliche Markierung der Krebszellen, wie zum Beispiel durch einen Fluoreszenzmarker, ist nicht notwendig.

Illustration des Zelldurchflusses im verengten Deformationsbereich
Eine flüssige Probe mit Zellen durchfliesst den verengten Deformationsbereich. Die Scherkräfte beeinflussen die Form der Zellen. Das Verhältnis von Grösse zu Deformation ist charakteristisch für den Zelltypus.

Und das Geheimnis des ultraschnellen Durchsatzes?

Grundsätzlich reduzieren wir die Reibung, vermeiden Verstopfung und parallelisieren den Prozess. Auf diese Art messen wir 100'000 Zellen pro Sekunde, was zwei Grössenordnungen schneller ist als der aktuelle Stand der Technik. Mit diesem schnellen Durchsatz können wir die seltenen Ereignisse wie zirkulierende Krebszellen detektieren.

Wann wird Eure Technologie den Kliniken zur Verfügung stehen?

Wir haben bereits eine Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Zürich aufgegleist, welche in eine ähnliche Richtung geht. Hier optimieren wir unser Bauteil für die Messung von B-Zellen. Das ist eine Unterkategorie der weissen Blutkörperchen. Es geht um die Diagnose von chronisch lymphatischer Leukämie.

Dr. Stavros Stavrakis in his lab
Dr. Stavros Stavrakis, senior scientist with Prof. DeMello

Kontakt/Links:

https://www.demellogroup.ethz.ch/

Weitere Veröffentlichungen der Gruppe "Enzyme engineering for industry": https://ethz.ch/en/industry/industry/news/data/2021/06/enzyme-engineering-for-industry.html

"Applying the butterfly principle": https://ethz.ch/en/news-and-events/eth-news/news/2022/02/applying-the-butterfly-principle.html

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