Grüne Technik fürs HPZ

Das ehemalige Zentralgebäude des Physikdepartements auf dem Campus Hönggerberg wurde umfassend saniert. Philippe Goffin vom Institut für Technologie in der Architektur erklärt die Hintergründe und die Strategie dieses zukunftsweisenden Umbaukonzepts.

Physikgebäude HPZ
Das HPZ-Gebäude (D-PHYS) auf dem Campus Hönggerberg wurde gemäss dem «LowEx Gebäudesystem» saniert. (Bild: ETH Zürich)

Es ist beschlossene Sache: Das Schweizer Energiesystem wird bis zum Jahr 2050 konsequent umgebaut. Weg von atomarer Kernenergie, hin zu erneuerbaren Energiequellen. Schneller soll es noch mit der Reduktion von CO₂-Emissionen und fossiler Energien gehen – die Wunschmarke liegt hier bei mindestens 20 Prozent Rückgang bis 2020 gegenüber dem Stand von 1990.Um die Ziele einer nachhaltigen Gesellschaft zu erreichen, muss an allen Ecken Energie gespart werden: im Mobilitätssektor, in Industrie und Dienstleistungsbetrieben, Gemeinden und Städten – und vor allem im Baubereich.

Nach Angaben der Europäischen Kommission entfallen auf den Bau und die Instandhaltung von Gebäuden, einschliesslich Heizung, Klimaanlagen, Beleuchtung und elektrischer Ausstattung, 40% des Energieverbrauchs in der EU. Eine langfristige Lösung für dieses Energieproblem zu finden, liegt auch in der Verantwortung der jetzigen Architekten-Generation.

Probelauf für neue Gebäudetechniken

Einer, der sich überzukunftsfähige Gebäudetechniken Gedanken macht, ist Hansjürg Leibundgut, Professor am Institut für Technologie in der Architektur. Mit seinem konzipierten «LowEx Gebäudesystem» können Neu- oder Umbauten mit Hilfe von Erdsonden, Hybridkollektoren und Wärmepumpen emissionsarm mit Energie versorgt werden. In einer Art Probelauf wurden die bisherigen Erkenntnisse auf diesem Fachgebiet nun praktisch überprüft: beim Umbau des ehemaligen Zentralgebäudes des Physikdepartements auf dem Campus Hönggerberg. Dieses während der ersten Bauetappe in den 1960er-Jahren auf dem grünen Hügel realisierte Bürogebäude mit der Abkürzung HPZ sollte im Kontext der ETH-Strategie zur Verbesserung des eigenen ökologischen Fussabdrucks und im Zuge umfassender Sanierungsmassnahmen grunderneuert werden.

Die schlechten Isolationswerte des Gebäudes, die hohen thermischen Verluste im Winter, standen im Widerspruch zur heutigen Forderung nach niedrigem Primärenergieverbrauch und geringer Umweltbelastung. «Das ursprüngliche, konventionelle Umbaukonzept sah eine Kernsanierung vor», erklärt Philippe Goffin, Doktorand an der Professur für Gebäudetechnik, die Vorgeschichte. Also einen Rückbau bis auf die Grundsubstanz und eine anschliessende Ausrüstung des Gebäudes mit neuer Fassade, neuem Dach und neuen technischen Installationen. «Das wäre sehr schade gewesen, denn die hochwertige und ästhetisch erstklassig verarbeitete Aluminiumfassade von Albert Heinrich Steiner wäre dann zerstört worden.»

Steiner, ein Zürcher Architekt, langjähriger Stadtbaumeister und ETH-Professor für Architektur und Städtebau, hatte Ende der 1950er Jahre die Pläne für den Gesamtausbau der Hochschule auf Hönggerberg entworfen und erste Bauten, unter anderem das HPZ-Gebäude, realisiert. Um die erhaltenswerte Fassadenkonstruktion des Baus zu schützen, nicht unnötig viel hochqualitatives Material zu verschleissen und zugleich graue Emissionen während des Bauprozesses zu sparen, entwickelten die Forscher um Professor Leibundgut eine alternative Sanierungsstrategie. Diese Umbauvariante schlug vor, die Originalfassade mit Ausnahme des Erdgeschosses zu erhalten, und nur das Fensterglas auszuwechseln und das Dach neu zu isolieren.

Die technischen Installationen dagegen sollten vollständig durch die am Lehrstuhl entwickelte LowEx Komponenten ersetzt werden. «Unser Fokus lag auf der Gebäudetechnik, also auf den Heizungs-, Lüftungs- und Lichtinstallationen», erklärt Philippe Goffin die Hauptpunkte der – auch aus wirtschaftlicher Sicht – effizienten Umbaustrategie. «Wir wollten testen, ob ursprünglich schlechtisolierte Bauten auch ohne aufwändige Kernsanierung an heutige Ansprüche an Energieeffizienz angepasst werden können.» Diese Ansprüche sind nun erfüllt.

Philippe Goffin
«Der Fokus lag auf den Heizungs-, Lüftungs- und Lichtinstallationen», erklärt ETH-Doktorand Philippe Goffin die Umbaustrategie. (Bild: Peter Rüegg/ETH Zürich)

Wohlfühltemperaturen

Geheizt und gekühlt wird im Gebäude nun dezentral, das heisst bedarfsgesteuert, über Deckenpaneele, die einzeln angesteuert werden können. Um nur einen Vorteil dieses auf Niedrigtemperaturen ausgelegte Heiz- und Kühlsystems zu nennen: Stiegen die notwendigen Vorlauftemperaturen vor dem Umbau auf bis zu 60 ºC und mehr, betragen sie jetzt beim Heizen nur 32ºC. Zusätzlich wird im Winter die Abwärme über zwei Abluft-Wärmepumpen rückgewonnen.

Im Sommer dagegen hat sich die notwendig Kühllast reduziert, da im gesamten Gebäude hochwirksame Sonnenschutzgläser (M-Glas) eingesetzt wurden. M-Glas filtert die Infrarot- und UV-Strahlung aus dem Lichtspektrum, wodurch zwar viel Tageslicht aber nur wenig Wärme in den Raum gelangt. Das nachisolierte Dach reduziert den Heiz- beziehungsweise Kühlbedarf zusätzlich. Energieeffizient sind auch die mechanischen Zuluftgeräte (Airbox), die in allen Büros installiert wurden. In der Airbox wird die Frischluft vortemperiert. Die Abluftabsaugung erfolgt dann CO₂-gesteuert über die Deckenpaneele. Dadurch wird die Luftwechselrate reduziert und der Temperaturverlust über den Luftwechsel vermindert.

«Die für das Gebäude benötigte Energie wird durch das Anergienetz des Campus geliefert und durch eine zentrale Wärmepumpe bereitgestellt», bestätigt Philippe Goffin auf Nachfrage. Dieses neue, dynamische Erdwärmesystem auf dem Campus Hönggerberg, an das im Frühling 2012 die ersten Bürogebäude angeschlossen werden konnten, speichert im Sommer die Abwärme, die beim Kühlen der Gebäude entsteht, und nutzt diese im Winter zum Heizen. Durch ein arealweites Anergienetz werden die einzelnen Bauten und Erdsondenfelder in einen Verbund zusammengefasst.

Ab 2025 soll das Heizen und Kühlen der Gebäude auf dem Hönggerberg dann praktisch emissionsfrei sein. Dass ein solch flächendeckendes Erdwärmesystem hohe Anforderungen an die Regulierung der Heiz-, Klima- und Lüftungsanlagen stellt, ist leicht nachzuvollziehen. Umso erfreulicher erscheint da der Erfolg, der den Ingenieuren vom Institut für Technologie in der Architektur gelungen ist: Das im ehemaligen Physikgebäude eingesetzt LowEx Gebäudetechnikkonzept konnte diesen Anforderungen dank der neu entwickelten Installationen gerecht werden. Ein wichtiger Schritt in Richtung umweltfreundlicher Gebäudetechnik.

Toolbox für CO₂-freie Gebäude

Ein Set an neuen Gebäudetechnologien macht es möglich, Gebäude zu heizen und zu kühlen, ohne dabei CO₂ auszustossen. Unter dem Label «2SOL» will eine Firmen-Allianz den an der ETH entwickelten Komponenten nun zum Durchbruch verhelfen (Medienmitteilung vom 4.11.2013).

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