Eine einzige Stunde liefert die Resultate
«rqmicro», ein junges ETH Spin-off-Unternehmen, bietet eine neue und schnellere Methode zur Erkennung von Krankheitskeimen wie beispielsweise Legionellen.
Allein schon der Gedanke an eine sich rasch ausbreitende Epidemie ist beunruhigend, insbesondere für das Laborpersonal und die Mitarbeitenden des öffentlichen Gesundheitsdienstes: Sie müssten bei Ausbruch einer Epidemie einen Wettlauf gegen die Zeit antreten, um die betreffenden Krankheitserreger zu identifizieren und ihre Verbreitung einzudämmen, bevor Panik und Chaos in der Bevölkerung ausbrechen. So wie die Dinge derzeit stehen, kann es mit der konventionellen Petrischalen-Methode bis zu zehn Tage dauern, die Erreger der Legionärskrankheit nachzuweisen und die Infektionsquelle zu eruieren. Bei Listerien circa drei Tage. Währenddessen können sich die Erreger ausbreiten und Menschenleben in grosser Gefahr schweben. Im Fall einer Lebensmittelkontamination würden die betroffenen Produkte unterdessen bereits in den Verkaufsregalen oder daheim bei den Konsumenten landen, was kostspielige Produktrückrufaktionen zur Folge hätte.
Nun stellen Sie sich vor, zuverlässige Analyseresultate könnten bereits nach einer Stunde vorliegen. Ein derart schnelles aber dennoch präzises Verfahren würde die Wahrscheinlichkeit einer Epidemie signifikant senken. Die Chance Krankheitserreger im Fall einer Lebensmittel- oder Wasserkontamination einzudämmen, würde drastisch erhöht. externe Seite «rqmicro», ein ETH Spin-off-Unternehmen, stellt ein derart schnelles Nachweisverfahren in Aussicht. «Die Vision von «rqmicro» – der Abkürzung von Rapid Quantitative MICRObiology – ist die Modernisierung der derzeit angewandten Nachweisverfahren für Keime. Dies ist uns mit der Entwicklung eines On-a-Chip-Nachweisverfahrens gelungen», sagt Hans-Anton Keserue, Mikrobiologe an der ETH Zürich und Spin-off-Gründer. «Dank der von uns entwickelten Technologie können wir manuelle Methoden mit unserer Mikrofluid-Chip-Methode verbinden und schon nach einer Stunde Resultate liefern.»
Ein Quäntchen Geduld
Standardmethoden, um Bakterien nachzuweisen und zu quantifizieren, basieren oftmals noch auf Berechnungen. Die meisten von uns erinnern sich noch an den Biologieunterricht am Gymnasium: Man nimmt eine Wasserprobe und gibt davon ein paar Tropfen in eine Petrischale. Anschliessend stellt man die Petrischale in einen Wärmeschrank. Die im Wasser enthaltenen Keime wachsen sodann auf dem Nährboden in der Petrischale, und bilden Bakterienkolonien, die ausgezählt werden können. Dieses klassische mikrobiologische Nachweisverfahren basiert auf drei Stufen – Filtration, Kultivierung und Identifizierung der Keime – und beansprucht mindestens 72 Stunden.
«Bei Legionellen, die manchmal in hoher Konzentration im Trinkwasser vorkommen können, dauert das Kultivieren bis zu zehn Tage», erläutert Keserue. «Somit erfordert die Analyse von Lebensmitteln oder Trinkwasser beim Befall mit bestimmten Bakterienstämmen sehr viel Geduld und wird oftmals zur Suche nach der Nadel im (Heu)Haufen der Bakterienvielfalt.» Für Schüler am Gymnasium mag es sicher interessant sein, die Ergebnisse in einer Petrischale heranwachsen zu sehen, doch in einer Notsituation, die Menschenleben gefährdet, sind Wartezeiten von drei oder mehr Tagen verheerend.
Schnell und zuverlässig
Bisher konnten Labortechniker Krankheitserreger nur mittels Kultivierung nachweisen und untersuchen. «rqmicro» geht jedoch ganz neue Wege, um Keime zu quantifizieren: Die Laborproben werden mittels Mikrofluid-Technologie untersucht. Eine Probe wird auf einen Mikrofluid-Chip aufgetragen. Darauf befinden sich spezifische Antikörper, die mit magnetischen Nanopartikeln bestückt sind. Kommen die Antikörper mit dem gesuchten Krankheitserreger in Kontakt, binden sie an diese. Die Keime sind somit markiert und können magnetisch isoliert werden. Dadurch erhält man hochreine Zellpräparate, die mittels herkömmlicher externe Seite Durchflusszytometrie gemessen werden können. «Unsere Methode liefert nicht nur viel schneller Resultate, sie ist auch zuverlässiger», versichert Keserue. Sie erlaubt auch Bakterien zu quantifizieren, die sich nicht kultivieren lassen und die dennoch potentielle Infektionsrisiken darstellen.
Bereits jetzt bietet «rqmicro» Kunden und Industriepartnern das neue Nachweisverfahren für Legionellen im Trinkwasser als Dienstleistung an. Die Zukunftspläne sind ehrgeizig: In einem ersten Schritt soll eine Labor-Messausrüstung auf den Markt kommen, welche die automatische, immunomagnetischen Markierung und Isolierung von Krankheitserregern durchführt. Damit ist es nicht nur möglich, Bakterien-Reinproben zu gewinnen, sondern auch andere Zellproben aufzureinigen. Langfristig ist geplant, in der zweiten Generation der Messgeräte ein Keimdetektorsystem zu integrieren. «Unser Ziel ist der Vertrieb von Produkten, die auf unseren Analysemethoden und Detektorsystemen basieren, für Labore, die Lebensmittel und Trinkwasser auf Keime hin untersuchen”, sagt Keserue.
Offiziell anerkannt
«rqmicro» basiert auf der Dissertation, die Keserue zum Thema Schnelldetektion von Krankheitserregern mit Hilfe von externe Seite Durchflusszytometrie (FCM, Flow Cytometry) während seiner Tätigkeit bei der Eawag geschrieben hat. FCM ist eine laserbasierte, elektronische Technologie, die Zellen in einer beliebigen Probe innerhalb weniger Minuten zählt. Diese Methode setzt keine Zellkultivierung voraus und quantifiziert sämtliche lebende oder abgestorbene Bakterien der betreffenden Probe. Mittels spezieller, fluoreszierender Farbstoffe können lebensfähige Zellen auch von toten Zellen unterschieden werden.
FCM liefert Resultate, die viel genauer als die Ergebnisse herkömmlicher Mikrobiologie sind. Dieseneuen mikrobiologische Messmethode, die an der Eawag weiterentwickelt und sowohl in der Schweiz als auch im Ausland umfassend getestet wurde, wird nun offiziell für die Quantifizierung der Keimzellen-Gesamtmenge im Trinkwasser angewendet und wurde vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) ins Schweizerische Lebensmittelbuch (SLMB) aufgenommen.
Über «rqmicro»
Dieser ETH Spin-off wurde im Mai 2013 gegründet und ist in einem der neuen “Innovation and Entrepreneurship”-Labors (ieLab) auf dem Campus Hönggerberg angesiedelt. Das Gründerteam – bestehend aus Hans-Anton Keserue (CEO), Daniel Schaffhauser (CTO) und David Bertsch (CSO) – verfügt über eine einzigartige Wissenskombination, Expertise und Know-How in den Fachbereichen Bioanalytik, Trinkwasser- und Lebensmittelmikrobiologie. Keserue hat im Jahr 2012 ein Pioneer Fellowship erhalten.