Ein Zeichen an die Forschenden der Schweiz
Der Bund finanziert 2014 die Forschenden in der Schweiz, die sich an «Horizon 2020» beteiligen wollen. Das erklärte Ziel bleibt die möglichst rasche Assoziierung ans europäische Forschungs- und Innovationsprogramm.
Der Bundesrat hat ein Zeichen gesetzt: Forschende in der Schweiz, die sich an Projekten des europäischen Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 beteiligen wollen, werden direkt von der Schweiz finanziert. Dies hat die Landesregierung am Mittwoch beschlossen: «Wir haben eine Lösung für 2014 gefunden», sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann vor den Medien, «diese Lösung schafft Sicherheit und Klarheit für unsere Forschergemeinde, denn wir stellen die Mittel, die zur Beteiligung an Horizon 2020 berechtigen, zur Verfügung.»
Der Bundesrat betonte, dass das erklärte Ziel nach wie vor die rasche und möglichst vollständige Assoziierung der Schweiz an das rund 80 Mrd. Euro schwere europäische Programm sei: «Wir sind im Dauerkontakt mit Brüssel, damit die Schweiz zumindest teilassoziiert wird».
Seit Februar dieses Jahres, als die Schweizer Stimmberechtigten für eine begrenzte Zuwanderung stimmten, gilt die Schweiz bei Horizon 2020 und Erasmus+ als Drittstaat und nicht mehr als assoziierter Staat. Projekte mit Schweizer Beteiligung können zwar (mit einigen Ausnahmen) bei Horizon 2020 eingegeben werden, die Forschenden in der Schweiz erhalten aber aufgrund des Drittlandstatus keine Mittel aus der EU.
500 Millionen Franken für 2014
Die Schweizer Beteiligungen finanziert nun der Bund. Und zwar aus den 4,4 Mrd. Franken, die das Parlament im Herbst 2013 für Horizon 2020 genehmigt hat. Da die Schweiz nicht assoziiert ist, überweist sie derzeit auch keine Mittel an die Europäische Kommission. Die für 2014 eingeplanten 500 Mio. Franken stehen stattdessen für direkte Zahlungen an Forschende in der Schweiz zur Verfügung, sagte Johann Schneider-Ammann.
Die Direktfinanzierung betrifft vorerst die «Horizon 2020»-Ausschreibungen im Jahr 2014. Sollte sich die Assoziierung weiter verzögern, würde der Bundesrat erneut Übergangsmassnahmen beschliessen. Gregor Häfliger vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) ergänzte, dass es für die Beteiligung von Schweizer Forschenden an Konsortien in Verbundprojekten wichtig sei, dass die Finanzierung der Schweizer Beteiligungen gesichert sei.
Finanzierungssicherheit für Projekte
Für Forschende an der ETH Zürich bedeutet das: Die Direktfinanzierung des Bundes umfasst alle für dieses Jahr geplanten Projekteingaben für Kooperationsprojekte aus Horizon 2020 einschliesslich der Kosten für die Leitung oder Koordination von Kooperationsprojekten. Im Drittlandstatus sind ETH-Forschende zu Projektbeteiligungen und -koordinationen berechtigt, wenn die Schweiz die Finanzierung garantiert. Im 7. Forschungsrahmenprogramm, an dem die Schweiz assoziiert ist, hat sich die ETH Zürich zwischen 2007 und 2013 an rund 550 Forschungsprojekten beteiligt, bei 27 davon als führende Institution in der Rolle des Projektkoordinators.
Ebenso finanziert der Bund auch Projekte des «European Institute of Innovation & Technology» (EIT) und die externe Seite ERA-NET-Forschungskoordination, an der die ETH Zürich in geringerem Umfang beteiligt ist. Auch für allfällige neue Projekteingaben aus Initiativen wie dem Climate-KIC würde das grundsätzlich heissen, dass der Bund die Direktfinanzierung übernimmt.
Zuständig für die Direktfinanzierung ist das SBFI. Es wird im Herbst 2014 die Gesuchsformulare für die projektweise Finanzierung auf seiner Internetseite aufschalten. Die Beitragskriterien orientieren sich dabei möglichst nahe an jenen von Horizon 2020. Die Abwicklung wird vergleichbar sein zu jener von 1992 bis 2004, als die Schweiz auch nicht an den Forschungsrahmenprogrammen assoziiert war.
Der Bund übernimmt in diesem Jahr auch die Finanzierung für Forschungsprogramme und -initiativen, die bei einer Assoziierung an Horizon 2020 für Schweizer Forschende kofinanziert würden: Dazu gehören namentlich die externe Seite COST-Aktionen, die Forschende unter anderem darin unterstützen, sich ein internationales Netzwerk aufzubauen.
ERC Grants: SNF soll weiter unterstützen
Hingegen sind Teile der Individualstipendien innerhalb der Marie-Skłodowska-Curie-Aktionen, welche die internationale Mobilität und Karriereentwicklung von Nachwuchsforschenden unterstützen, nicht Teil der Übergangsmassnahmen für 2014.
Bleiben die prestigeträchtigen Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC): Die ERC-Grants wurden 2007 eingeführt und haben sich heute als Währung und Gütesiegel für Spitzenforschung durchgesetzt. Für ERC-Grants können sich aber nur Forschende aus Mitgliedstaaten der EU und assoziierten Ländern bewerben. Dieser Ausschluss trifft die ETH Zürich hart, schliesslich hatten ihre Forschenden von 2007 bis 2013 die hohe Erfolgsrate von rund 30 Prozent bei den «Starting Grants», «Consolidator Grants» und «Advanced Grants».
Der Bundesrat will nun die «Temporary Backup Schemes» des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) fortsetzen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs- und Innovationsplatzes Schweiz so weit als möglich aufrecht zu erhalten: Er beantragt dazu dem Parlament einen Nachtragskredit. Im Frühjahr 2014 hat der Nationalfonds die «SNSF Starting Grants» und die «SNSF Consolidator Grants» lanciert: Diese entsprechen bezüglich Zielen und Fristen in etwa den ERC-Grants. Als nächstes stünde ein Ersatz für die Advanced Grants an.
Erasmus+: Lösung bereits früher beschlossen
Für Erasmus+ hat der Bundesrat am 16. April eine externe Seite Übergangslösung für 2014 beschlossen. Demnach bezahlt die Schweiz die Austauschaufenthalte sowohl der eigenen als auch der ausländischen Studierenden selber. Gegenüber dem externe Seite Nationalrat sagte Johann Schneider-Ammann Mitte Juni, dass der Bundesrat in der zweiten Jahreshälfte «für Kontinuität im Dossier Erasmus+ für das Jahr 2015 und wahrscheinlich auch für die Jahre danach» sorgen müsse.
Ralph Eichler: «Minimalziel ist ERC-Begutachtung»
«Ich begrüsse, dass der Bundesrat unsere Forschenden mit Übergangsmassnahmen unterstützt, denn die unklare Situation für Studierende, Forschende und Mitarbeiter ist meine Hauptsorge», sagt ETH-Präsident Ralph Eichler. Er betont jedoch, dass die Übergangsmassnahmen langfristig für die ETH und für die Forschung in der Schweiz nicht die beste Lösung seien.
«Besonders der Ausschluss aus den ERC-Förderinstrumenten wird sich langfristig negativ auf den Forschungsplatz Zürich auswirken, weil unseren Forschenden der europaweite Vergleich mit anderen exzellenten Forschenden fehlt. Priorität hat deshalb die baldige Assoziierung der Schweiz an Erasmus+ und Horizon 2020 oder, als Minimalziel, wenigstens die Begutachtung der Schweizer Projektanträge durch den ERC.»