Ein Paradies für Wildbienen
Die rund 600 Wildbienenarten der Schweiz unterscheiden sich stark in ihren Blütenpräferenzen und Ansprüchen an Niststrukturen. Um möglichst viele und auch seltene Arten zu fördern, entstehen auf dem Gelände der ETH Zürich zwei neue Wildbienenparadiese, die diese Ansprüche vereinen.
Für eine effiziente Förderung der Wildbienen ist es essentiell, ihnen spezifische Niststrukturen zur Verfügung zu stellen, auf die sie für die Fortpflanzung angewiesen sind. Ein neues Projekt mit dem Namen «swiss bee 'o' diversity», an dem das ETH-Spin-Off Wildbiene + Partner beteiligt ist, setzt genau dort an: Auf mehreren Grünflächen in Zürich entstehen neue Wildbienenparadiese.
Das Ziel ist, durch nachhaltige Unterstützung der anspruchsvollen Wildbienen die lokale Biodiversität zu fördern und gleichzeitig Besucher dazu zu animieren, ihre Balkone und Gärten ebenfalls wildbienenfreundlich zu gestalten.
Totholz und Schneckenhäuser
Die ETH Zürich hat hier bereits vorgelegt. So entstehen derzeit zwei grossflächige Wildbienenparadiese (180 beziehungsweise 140 Quadratmeter) – eines hinter dem Gewächshaus am Häldeliweg am ETH Zentrum und ein weiteres auf dem Areal am Hönggerberg. Steinplattenwege führen interessierte Besucher durch die mit einheimischen Wildstauden bepflanzten Wildbienengärten, wo es verschiedene Niststrukturen und ihre Bewohner zu entdecken gibt.
Blattschneiderbienen nisten oft in selbstgegrabenen Gängen in morschem, weissfaulem Totholz. Eine seltene Mauerbienenart und verschiedene Solitärwespen bewohnen senkrecht stehende, markhaltige und trockene Pflanzenstängel wie Holunder, Brombeere oder Heckenrose. Leere Schneckenhäuser werden von einer der faszinierendsten einheimischen Wildbienenart besiedelt, der Schneckenhaus-Mauerbiene (Osmia bicolor).
Die grosse Mehrzahl der Wildbienen – unter anderem Sandbienen, Seidenbienen und Furchenbienen – nistet in selbstgegrabenen Nistgängen in sandigem Boden. Viel Kies, Steine und Trockenmauern sorgen zudem für ein trockenes und warmes Mikroklima, und bieten dutzenden einheimischer Wildpflanzenarten wie Glockenblumen, Färberkamille und Mariendistel einen geeigneten Standort.
Wirksamkeit evaluieren
Um zu quantifizieren, in welchem Ausmass Wildbienen und Solitärwespen von solch speziellen Angeboten profitieren, evaluieren wir in Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule und der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in Zollikofen (HAFL) während der Flugzeit der Insekten mehrmals, welche Arten sich im Wildbienenparadies ansiedeln. Auch die Pflanzenvielfalt sowie die Annahme der verschiedenen Nistsubstrate sind Teil des intensiven Monitorings. Gelingt es nachzuweisen, dass Projekte wie diese die Biodiversität wie erhofft fördern, und sich eventuell auch seltenere Arten ansiedeln, gibt es hoffentlich bald viele Nachahmer-Projekte.
Dieser Beitrag wurde gemeinsam von Claudio Sedivy und Anna-Katharina Ehlert verfasst.