Ein Fahrplan für das St. Galler Energiesystem

St. Gallen investiert 65,5 Millionen Schweizer Franken in den Ausbau seines Fernwärmenetzes. Das Enerpol-Framework der ETH lieferte wichtige Eingaben für den Entscheidungsfindungsprozess, wie Projektleiter Ndaona Chokani erklärt.

Bild: Copyright St.Gallen-Bodensee Tourismus
Bild: Copyright St.Gallen-Bodensee Tourismus

Was war Ihr Ansatz zur Beurteilung der Vorteile eines erweiterten Fernwärmenetzes in St. Gallen?

Anders als in der Vergangenheit, wo man die Auswirkungen von Entwicklungen erst verstanden hat, nachdem diese geplant und umgesetzt wurden, haben wir mit einem digitalen Modell gearbeitet. Unser Modell, das Enerpol-Framework, ist in der Lage, die Auswirkungen von Entwicklungen sowie die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Infrastruktur zu simulieren. So können wir die voraussichtlichen Effekte untersuchen, bevor Entwicklungen umgesetzt werden. Nach unserem Modell wird der Ausbau des Fernwärmenetzes in St. Gallen den Einsatz fossiler Brennstoffe kostengünstig reduzieren. Dies ist eine wichtige Erkenntnis im Hinblick auf die Umsetzung der neuen Energiepolitik in der Schweiz.

Wie sagt das Enerpol-Framework die Zukunft voraus?

Zunächst einmal ist das Modell keine Kristallkugel. Anstatt die Zukunft vorherzusagen, bietet es die Möglichkeit, verschiedene Zukunftsszenarien mit einer Reihe angenommener Randbedingungen zu analysieren. Durch Prüfung der Folgen (einschliesslich Kosten, Nutzen und Sensitivitäten) über die verschiedenen Szenarios hinweg kann dann ein Entscheidungsträger das Risiko abschätzen. Dazu haben wir die gesamte Infrastruktur der Stadt St. Gallen in unserem digitalen Modell mithilfe vorhandener Daten aus geografischen Informationssystemen und anderen Datenquellen nachgebaut. Das Modell umfasst alle Gebäude, Strassen, Gasleitungen, Wasserleitungen, Stromleitungen, Abzweige, Anschlüsse und Unterstationen. Hinzu kommt das Alter der Gebäude und der dazugehörigen Systeme wie z. B. Öfen. Das ist wichtig, denn je älter diese sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie ausgetauscht werden. Doch das Modell geht noch weiter: Es enthält demografische Daten, die uns etwas über das wahrscheinliche Verhalten der Gebäudebewohner und -nutzer verraten. Im städtischen Massstab hängt alles von Individuen und deren Verhalten ab.

Vergrösserte Ansicht: Die vier Hauptkomponenten von Enerpol, dem Simulations-Framework für Energiesysteme
Die vier Hauptkomponenten von Enerpol, dem Simulations-Framework für Energiesysteme

In Kürze: Was macht das Enerpol-Framework einzigartig?

Erstens verfolgt das Enerpol-Framework einen ganzheitlichen Ansatz. Wir berücksichtigen, dass das Fernwärmesystem von Entwicklungen in anderen Bereichen abhängt, wie etwa der Sanierung von Gebäuden. Zweitens ist das Modell agentenbasiert, d. h. es wird davon ausgegangen, dass sich alle Individuen unterschiedlich verhalten. Drittens sind die Szenarien im engen Dialog mit unserem Partner, den St. Galler Stadtwerken, entstanden. Das sorgt dafür, dass die Ergebnisse für unsere Partner relevant sind.

Was sind die nächsten Schritte?

Betrachtet man die Energiestrategie von St. Gallen, ist das Fernwärmenetz nur ein Teil eines grösseren Puzzles. Derzeit untersuchen wir verschiedene Geschäftsmodelle, die die Stadtwerke bei der Verwaltung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge im Einklang mit den Zielsetzungen der Stadt für Elektromobilität unterstützen. Zu guter Letzt sollte erwähnt werden, dass wir St. Gallen nicht als Insel betrachten, sondern den lokalen Einsatz kohlenstoffarmer Technologien mit Veränderungen innerhalb der Schweiz und Europas verknüpfen.

Dr Ndaona Chokani
Dr. Ndaona Chokani

Kontakt / Links:

Dr. Ndaona Chokani
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