Schätze bergen und Schiffe bauen
Kreativität, Können und vor allem Teamgeist sind bei den Innovations- und Fokus-Projekten am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich gefragt. Monatelang bereiten die Studierenden ihre technischen Innovationen vor, die sie heute im ETH Hauptgebäude präsentieren.
Zwölf Wochen hatten die 450 Studierenden des 2. Semesters Maschineningenieurwissenschaften für das Innovationsprojekt Zeit: In 90 Fünfer-Teams sollten sie eine Maschine entwickeln, die am Meeresgrund Schätze aus einem gesunkenen Schiff bergen kann. Natürlich alles nur in Modellgrösse und ohne Wasser. Die 16 Teams mit den technisch besten Lösungen traten am 31. Mai in der ETH-Haupthalle gegeneinander an.
Erlerntes praktisch anwenden
«Die Aufgabe für das Innovationsprojekt ist frei erfunden, soll aber anschaulich sein und Spass machen», erzählt Timon Heinis, der als Projektleiter die Studierenden betreut. Seit mittlerweile vier Jahren bietet Mirko Meboldt, Professor am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik, das Innovationsprojekt an. In diesem erlernen die Studierenden ihr Wissen praktisch anzuwenden. Für den Bau der Maschinen stehen den angehenden Ingenieuren moderne Lasercutter, 3D-Drucker, elektronische Steuerteile und eine Werkstatt mit Werkzeugen und Maschinen zur Verfügung. Ausserdem unterstützen Studierende aus höheren Semestern die Teams als Coach.
«Wir haben einen ausfahrbaren Arm konstruiert, der vorne mit Klebeband bestückt ist, damit wir die Schätze hochheben, transportieren und deponieren können», erzählt Gabriel Pfeiffer. Während andere Teams sich zunächst erst über die Aufgabenteilung einigen mussten, konnte seine Gruppe gleich loslegen. «Es entstand rasch eine gute Gruppendynamik, da wir uns schon aus der Schule und dem Militärdienst kennen», erklärt er. Die grösste Schwierigkeit für sein Team: Die Schnittstellen zwischen den einzelnen Baugruppen. Ganz anders der Entwicklungsprozess im Team von Ruben Massler. «Wir haben zunächst zwei, drei verschiedene Prototypen entwickelt und dann das Beste aus allen miteinander kombiniert».
Bewährungsprobe im Einsatz
Bewertet werden die Ergebnisse nach zwei Kriterien: Konstruktion und Leistung. «Bei der Konstruktion geht es um Qualität, Kosten durch Materialverbrauch und den Innovationsgrad», erklärt Heinis. Für die Leistung wird geprüft, wie sich die Maschine im Einsatz bewährt.
Einen Schritt anspruchsvoller als die Innovationsprojekte sind die Fokus-Projekte im 5. und 6. Bachelorsemester, für die sich etwa ein Fünftel aller Maschinenbau-Studierenden als Vertiefung zum Bachelorabschluss entscheidet. Innerhalb von acht Monaten müssen vollfunktionsfähige Systeme entwickelt werden. Dabei hatte jedes der neun Teams eine andere Zielsetzung, die aus einer Vielzahl von Anwendungsbereichen von Robotik bis Medizin stammten.
Ungewöhnliches Wasserfahrzeug
Was bei so einem Projekt herauskommen kann, konnten Segler, Ruderer und Motorbootfahrer in den vergangenen Tagen auf dem Zürichsee bestaunen. Da war nämlich ein ungewöhnliches Wasserfahrzeug mit einer Art Schornstein aus Segelplane unterwegs. «Wir haben ein faltbares Rotor-Segel entwickelt», erläutert Franz Radke, Bachelorstudent im 6. Semester am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Das zylinderförmige Segel macht sich den sogenannten Magnus-Effekt zunutze. Trifft der Wind auf einen rotierenden runden Körper wird die Luftströmung unterschiedlich stark beschleunigt, wodurch eine Kraft entsteht, die das Boot vorwärts gleiten lässt. Ein kleiner Elektromotor versetzt dazu das Segel fast geräuschlos in Rotation – den Rest besorgt der Wind. Gedacht ist die Konstruktion als energieeffiziente Alternative zum Motorboot. Mit dem Rotor-Segel verbraucht ein Boot im Schnitt 30 Prozent weniger Energie.
Die Idee für dieses Fokus-Projekt mit dem Namen «Eolos» stammt von Franz Radke, der sich bereits in der Schulzeit mit dem Magnus-Effekt beschäftigt hatte. Nachdem er auch die Departementskonferenz dafür begeistern konnte, setzte er das Projekt gemeinsam mit fünf weiteren ETH Maschineningenieur- und zwei Industriedesignstudenten von der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) um. Betreut wurden sie vom Engineering Design and Computing Laboratory der ETH Zürich.
Dabei haben die Studierenden viel mehr gelernt, als nur die Konstruktion des Segels. Die Projektplanung musste erstellt, Sponsoren und Industriepartner mussten gesucht sowie Bewilligungen vom Schifffahrtsamt und der Wasserschutzpolizei eingeholt werden. «Plötzlich wurde uns klar, dies ist nicht nur ein virtuelles Modell am Computer, sondern wir bauen ein richtiges Schiff», sagt Radke. Das Segel ist vier Meter hoch und auf den Rumpf eines alten Segelschiffs von 6,3 Metern Länge montiert.
Zu sehen ist das Boot in der ETH-Haupthalle am 31. Mai gemeinsam mit den Präsentationen der acht anderen Fokus-Projekte. Zwischen 14 und 15.45 Uhr stellen zudem die Beteiligten die Ergebnisse ihrer Fokus-Projekte im Auditorium Maximum vor.