Antivirale Textilien und vertikaler Gemüseanbau
34 Spin-offs wurden im Jahr 2020 an der ETH Zürich gegründet. Auffällig viele davon sind in den Bereichen künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit angesiedelt. Finanzierungsrunden von über 400 Millionen Franken und der Börsengang von HeiQ zeugen zudem vom Markterfolg bestehender ETH-Spin-offs.
Die ETH Zürich blickt auf ein sehr erfolgreiches Spin-off-Jahr zurück: 34 Gründerteams wagten den Schritt in die Selbstständigkeit. Die Zahl der Neugründungen pro Jahr ist damit über die letzten Jahre stetig gestiegen und hat zu einem neuen Rekord geführt. Auch in diesem Jahr stammen viele Neugründungen aus dem Bereich Informatik und Kommunikationstechnologie. Elf dieser Spin-offs basieren auf künstlicher Intelligenz (KI).
Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch
Das Spin-off Assaia beispielsweise entwickelt eine Software, die es erlaubt, die Abfertigung von Flugzeugen am Gate zu optimieren und so wertvolle Zeit zu sparen. Mittels Computer Vision und KI werden alle relevanten Arbeitsschritte wie Betankung oder Beladung und das Zusammenspiel aller involvierten Akteure überwacht, analysiert und verbessert. Das Spin-off AI Retailer Systems nutzt Computer Vision und künstliche Intelligenz, um zu registrieren, welche Produkte ein Kunde im Geschäft mitnimmt, um diese dann kassenlos abzurechnen. Ein weiteres Beispiel ist das Spin-off Sleepiz, das ein Gerät entwickelt, welches die Ursachen von Schlafstörungen ermitteln soll. Künftig soll es auf Nachttischen stehen und mittels Radartechnologie die Bewegungen der Patienten erfassen. Künstliche Intelligenz hilft dabei, Schlafmuster zu identifizieren.
Neben KI spielte auch die Nachhaltigkeit bei den Neugründungen eine grosse Rolle: Sechs der neuen ETH-Spin-offs entwickeln Produkte oder Dienstleistungen in diesem Bereich. So zum Beispiel das Spin-off Yasai, das auf nachhaltigen, vertikalen Gemüseanbau in der Schweiz setzt. Im Vergleich mit herkömmlichen Anbaumethoden braucht dieser Ansatz weniger Grundfläche, nur ein Bruchteil des Wassers und keine Pestizide, da die Luft gefiltert werden kann. Die Idee kam dem Gründer Mark Zahran bereits während seines Studiums an der ETH Zürich.
Gründer werden jünger und weiblicher
Zahran ist damit nicht allein: Immer mehr ETH-Studierende gründen bereits direkt nach dem Masterstudium ein Spin-off und beweisen wirtschaftliches Geschick sowie ein gutes Gespür für den Markt. Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung, führt dies unter anderem auf das starke Gründer-Ökosystem an der ETH und die internen Fördermassnahmen zurück. Günther, der bis zum 1. Januar 2021 auch für die Wirtschaftsbeziehungen an der ETH zuständig war, hat diesen Bereich soeben an die neue Vizepräsidentin für Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehungen Vanessa Wood übergeben. «Ich freue mich sehr, dass wir das Gründen von Firmen an der ETH gut etabliert haben, und bewundere, wie selbstverständlich immer mehr junge Talente ihre Ideen bis zur Marktreife vorantreiben. Meiner neuen Kollegin Vanessa wünsche ich viel Erfolg bei der Weiterentwicklung dieses spannenden Bereichs», sagt Günther. Wood, aus deren Forschungsgruppe 2015 das ETH-Spin-off Battrion hervorgegangen ist, freut sich darauf, sich künftig für die Spin-offs an der ETH einsetzen zu dürfen: «Ich weiss aus Erfahrung, wie viel Mut und Durchhaltewille es braucht, um eine eigene Firma zu gründen.» Noch immer seien es eher Männer, die diesen Schritt wagen, obwohl die Zahl der Gründerinnen an der ETH in den letzten Jahren leicht zugenommen hat (2020 wurden sechs Spin-offs von Frauen mitgegründet). «Ich hoffe, künftig noch mehr Frauen darin bestärken zu können, ihre Ideen in die Wirtschaft zu tragen», sagt Wood.
Äusserst erfolgreich auf dem Markt
ETH-Spin-offs generieren nicht nur deutlich mehr Arbeitsplätze als der Durchschnitt der Schweizer Start-ups, sondern werden auch häufiger übernommen. Zu diesem Resultat kommt eine im August veröffentlichte Download Studie (PDF, 6 MB) der Universität St. Gallen im Auftrag der ETH Zürich. Auch 2020 konnten die ETH-Spin-offs auf dem Markt überzeugen: Im vergangenen Jahr haben ETH-Firmen insgesamt über 400 Millionen Franken an Kapital eingeworben. GetYourGuide, Climeworks und Scandit schlossen Finanzierungsrunden über rund 129, 100 respektive 77 Millionen Schweizer Franken ab, um nur einige Beispiele zu nennen. Das noch junge KI-Spin-off DeepCode wurde von Snyk, einem führenden Unternehmen für Code-Sicherheitsanalyse, übernommen. Das 2005 gegründete ETH-Spin-off HeiQ, das Textilprodukte mit Virenschutz herstellt, wagte zudem den Schritt an die Londoner Börse. Es ist das erste ETH-Spin-off, das an einer Börse ausserhalb der Schweiz kotiert ist.
ETH-Spin-offs: Zahlen und Fakten
Seit 1996 sind 471 Spin-offs an der ETH Zürich entstanden. Einen Liste sämtlicher Spin-offs und einen guten Überblick bietet die Webseite Angebote für Entrepreneurs. Eine umfassende Analyse zur Leistungsfähigkeit der ETH-Spin-offs gibt die Performance-Studie vom August 2020. Anerkannte ETH-Spin-offs werden von ETH transfer, der Technologietransferstelle der ETH Zürich, bei ihrer Gründung und während den ersten Jahren ihres Bestehens durch Beratung, Lizenzierung von ETH-Technologien und Kontaktvermittlung unterstützt. Mit Hilfe des Pioneer Fellowship Programms (Seite auf Englisch), das u.a. von der externe Seite ETH Foundation finanziert wird, können junge Forschende innovative Produkte oder Dienstleistungen basierend auf ihren wissenschaftlichen Arbeiten an der ETH Zürich entwickeln. Die Vergabe der Stipendien ist kompetitiv und wird von einer Jury aus Professoren und Professorinnen der ETH, Technologiemanagern von ETH transfer und Wirtschaftsvertretern vorgenommen. Das Innovation and Entrepreneurship Lab (ieLab) bringt junge Talente der ETH sowie erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Industrie zusammen.